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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und daß es ungewiß war, wer nun der Vater Leonors war – der Ehemann oder der Hausverwalter? Es wurde nie klar, denn Leonors Vater erstach eines Morgens sowohl seine Frau als auch den Liebhaber und starb ein Jahr später im Gefängnis im Kugelhagel der Polizei, die damit eine Gefangenenrevolte niederschlug.
    Damals verdiente sich Helena ihr Geld neben anderen Arbeiten als Kellnerin in einem stadtbekannten Lokal, in dem im Parterre die Bar und zwei Stockwerke darüber zwölf Zimmer lagen, die stundenweise vermietet wurden. Helena war damals eine fleißige Mieterin gewesen. Durch Zufall lernte sie Leonors Mutter kennen und nahm die Kleine zu sich, als diese durch den Mord heimatlos geworden war.
    Wen ging das alles etwas an? Auch Bento kannte die Geschichte nicht; für ihn war Leonor die Tochter Helenas, und damit war die Sache erledigt.
    »Wer bringt mich denn hin?« fragte Leonor jedesmal, wenn Helena aus dem Laden nach hinten kam, um neue Waren zu holen.
    »Du siehst doch, was los ist!« Helena packte einen Stoffballen und hob ihn hoch.
    »Aber ich habe versprochen zu kommen, Mama. Kann Benjamim mich nicht –«
    »Er hat eine Ratssitzung.« Helene blieb an der Tür stehen und atmete schwer unter dem Gewicht des Ballens. »Also ausnahmsweise, geh allein zur Disko. Wir holen dich dann ab.«
    »Danke, Mama.«
    Leonor sprang auf, umarmte Helena und gab ihr einen Kuß. Dann lief sie hinaus und winkte an der Ladentür noch einmal zurück. Ein lustiges, unbeschwertes Mädchen, das in einer Hölle aus Schlamm, Erdterrassen, Tausenden halbnackten, schwitzenden und keuchenden Leibern und ratternden Riesenmaschinen lebte.
    Um 22 Uhr 25 schloß Benjamim Bento die Versammlung, ging mit seinen ›Stadträten‹, wie sie sich stolz nannten, in eine nahe gelegene Kneipe noch ein Bier trinken und erschien dann gegen 23 Uhr in Helenas Drugstore ›Zum Daumen‹.
    Helena und ihre zwei Angestellten schleppten noch immer die neuen Waren in die Regale, auf der Theke lag ein großer Pappkarton mit einem dicken roten Filzstift. Bento nickte. Immer das gleiche. Wenn es darum ging, ein Sonderangebot auszuzeichnen, mußte er das tun. »Du hast die schönere Schrift«, sagte Helena immer. »Und du machst keine Fehler beim Schreiben.«
    Bento ging hinter die Theke und nahm den Filzstift in die Hand.
    »Was soll da drauf?« fragte er.
    »Sonderangebot.«
    »Das ist immer drauf. Womit willst du jetzt die Käufer betrügen?«
    »Schreib: Oberhemden. Erste Qualität. In sieben Farben. Direktimport aus Hongkong.«
    »Und wo kommen sie wirklich her?«
    »Von einer Hemdenfabrik in Recife. Sie ist vor vierzehn Tagen pleite gegangen. Ich habe die Konkursmasse noch unter Herstellungspreis gekauft. Nach dreimal Waschen hast du Löcher im Hemd.«
    »Sie werden dir eines Tages deinen Drugstore zusammenschlagen. Vor vier Wochen hast du Whiskey verkauft: 42 Prozent Alkohol. Und was war drin? Gepanschte 25 Prozent.«
    »Und keiner hat's gemerkt!« Helena lachte schallend. »Nur einige haben sich gewundert, wieviel sie plötzlich vertragen können. Wer prüft das schon nach? Wenn's wie Alkohol in der Kehle brennt, ist's gut.«
    Bento malte das Plakat mit dicker roter Schrift und umrahmte es mit Ausrufezeichen. Helena war zufrieden und gab ihm einen Kuß. »Das wirkt«, sagte sie. »Das fällt jedem auf.«
    Bento ging ins Hinterzimmer, sah sich in dem Chaos aus Verpackungsmaterial um und kam erstaunt zurück.
    »Wo ist denn Leonor?« fragte er.
    »In der Disko. Mit drei Freundinnen. Wir holen sie nachher ab.«
    »Es ist schon fast halb zwölf. Du hast noch genug zu tun. Ich hole sie allein ab.«
    Die Disko lag in einem anderen Stadtviertel, aber nicht mehr als zweihundert Meter von Helenas Drugstore entfernt. Es war ein flacher, aber tiefer Bau mit einer zuckenden Neonreklame und – was in Novo Lapuna durchaus nicht verwunderlich war – mit einem bulligen, schwerbewaffneten Wächter vor der Tür. Wer betrunken in die Disko wollte, bekam mit der Faust eins auf den Schädel und legte sich für eine Weile auf die Straße. Zu einer Schießerei war es jedoch noch nicht gekommen, worüber sich jeder wunderte.
    Bento nickte dem Wächter zu, der Bulle grinste zurück.
    »Ich will Leonor abholen«, meinte Bento. »Ist viel los heute, was?«
    »Leonor?« Ein Staunen lief über das Gesicht des Portiers, wie er sich selbst bezeichnete. »Ist sie denn noch nicht zu Hause?«
    »Nein. Dann wär ich doch nicht hier! Ist sie denn schon weggegangen?«
    »Vor über 'ner

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