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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich mir von ihr versprochen hatte. Eine Pionierstadt, die sich in rasendem Tempo zu einer Urwaldhauptstadt entwickelte, so wie es damals zur Zeit des großen Gummibooms mit Manaus geschehen war. Aus einer armseligen Ansiedlung war es zu einer Metropole am Amazonas aufgestiegen.
    In Boa Vista, noch im Gebäude des Flughafens, verabschiedeten wir uns voneinander, wünschten uns viel Glück und versprachen uns, uns irgendwann einmal wiederzusehen. Für mich war es ein schwerer Abschied und – für Luise offensichtlich auch. Ein paarmal blieb sie stehen, winkte zurück, ein Indiojunge holte ihr Gepäck vom Laufband, drei Koffer, die sehr schwer zu sein schienen, denn der Junge hatte Mühe, sie auf einen Karren zu legen. Dann, nach einem letzten Winken, verließen sie den Airport.
    Luise, wann sehen wir uns wieder?
    Du kannst es nicht hören, aber ich sage zu dir: Ich habe mich in dich verliebt. Ich weiß es jetzt – jetzt, wo du durch die Glastür in eine ungewisse Zukunft gegangen bist.
    Ein Taxi brachte mich zu einem der kleineren Flugplätze, von wo aus die Privatmaschinen in die Wildnis starteten. Die zukünftigen Garimpeiros marschierten zu Fuß. Der Taxifahrer brachte mich zu einem Flugplatz, auf dem sicherlich über hundert kleine Propellermaschinen standen, die meisten mit vier oder sechs Sitzen. Aber daran hielt sich kein Pilot. Ich sah Flugzeuge aufsteigen, die zehn oder noch mehr Goldsucher aufgenommen hatten. Sie standen zusammengepfercht hinter und neben den Piloten, die Mühe hatten, ihre Instrumententafel im Auge zu behalten. Wen wundert es da, daß fast jeden Tag, so hatte man mir erzählt, ein Flugzeug über dem Regenwald abstürzte? Ein solcher Flug war wie ein Roulettespiel. Wer unter den Wipfeln des Waldes verschwand, hatte eben verloren. Niemand verschwendete einen Gedanken an die Verschollenen, von einer Suche sprach sowieso keiner.
    Für mich war ein kleines Flugzeug bestellt worden. Es hatte auf dem Leitwerk die Nummer R1790. Der Taxifahrer kurvte um die Flugzeuge herum wie bei einem Slalomlauf und zeigte dann grinsend auf eine kleine Maschine, die nahe der Piste stand.
    »Gefunden!« rief er. »Senhor, da ist sie.«
    »Das haben Sie gut gemacht«, antwortete ich in meinem noch holprigen Portugiesisch. Wir fuhren bis vor die Einstiegsluke des Flugzeuges, der Pilot begrüßte mich und half mir, meine Koffer in die Maschine zu verfrachten. Dem Taxifahrer gab ich ein gutes Trinkgeld. Es veranlaßte ihn, mir mehrmals »Viel Glück! Viel Glück!« zuzurufen. Ich konnte es gebrauchen, darüber war ich mir im klaren.
    Auf der anderen Seite des Flugzeuges hörte ich jetzt Schritte, und dann bog eine Gestalt um das Leitwerk und erstarrte.
    Luise!
    Ich war so verblüfft, daß ich kein Wort herausbrachte, aber sie sagte laut:
    »Das gibt es doch nicht! Tom, was machen Sie hier?«
    »Genau das muß ich Sie fragen, Luise.«
    »Ich fliege zum Rio Parima.«
    »Das gibt es doch nicht.« Ich hörte, wie meine Stimme heiser wurde vor Aufregung. »Das ist auch meine Endstation. Ich fliege zur Mission Santo Antônio. Ich bin der neue Arzt der Station.«
    »Und ich werde von Santo Antônio aus meine biologischen Untersuchungen machen.«
    Wir liefen aufeinander zu, fielen uns in die Arme, und wie selbstverständlich küßte ich sie. Sie wehrte mich nicht ab, erwiderte den Kuß aber nicht. Doch ich spürte, daß sich ihr Körper für einen Augenblick an den meinen schmiegte. Wie schön, sie zu fühlen. Ich wollte sie fester an mich ziehen, aber da hatte sie sich schon aus meinen Armen befreit. Sanft, aber nachdrücklich.
    Nach knapp drei Stunden sahen wir die kleine Landepiste, in den Regenwald hineingehauen. Wir sahen die Gebäude der Missionsstation, das Dorf der Yanomami, die Felder und den schwarz glänzenden Fluß. Das Dach eines der Gebäude war mit einem großen Roten Kreuz bemalt. Luise zeigte nach unten.
    »Ihr Krankenhaus, Tom.«
    »Und daneben – nehme ich an – werden Sie wohnen. Ich könnte dieses Fleckchen Erde umarmen.«
    Sie gab darauf keine Antwort. Sie kam auch gar nicht dazu. Geradezu im Sturzflug zog der Pilot das Flugzeug hinunter; wir mußten uns an den Sitzen festklammern. Es war, als wollte er sich mit der Schnauze in die Erde bohren, aber dann fing er die Maschine wieder ab und rollte nach einem sanften Stoß beim Aufsetzen über die Piste. Sie waren wirklich tollkühne Artisten, diese Urwaldflieger von Roraima.
    Wir rollten zur Mission und hielten auf dem großen Platz vor dem Haupthaus.

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