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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kameraden. Kumpels.« Sie stand von dem Baumstamm auf und strich ihre verrutschte Bluse glatt. »Mir wird es kalt. Gehen wir zurück, Tom?«
    Er nickte und ging neben ihr her zur Mission. Die weißgetünchten Häuser schimmerten matt in der Dunkelheit, nur in der Polizeistation brannte noch ein Licht. Er begleitete sie bis zum Gästehaus und gab ihr dann die Hand.
    »Gute Nacht, Luise«, sagte er. »Versuchen Sie, zu schlafen.«
    »Sie auch. Gute Nacht, Tom.«
    Aber plötzlich sah sie ihn an, warf ihre Arme um seinen Hals und küßte ihn mit einer Heftigkeit, die ihm den Atem nahm. Und ebenso schnell ließ sie ihn wieder los, rannte in das Haus und warf die Tür hinter sich zu.
    Mit einem Gefühl, als müsse sein Herz explodieren, starrte er auf die geschlossene Tür. Das war ein Kuß, Tom, sagte er zu sich. Das war ein richtiger Kuß. Tom, sie hat dich geküßt! Sie hat dich wirklich geküßt, begreifst du das?
    Er legte den Kopf zurück und blickte hinauf zu den Sternen. Ein Himmel voll glitzernder Lichter. Ein diamantener Himmel.
    Das bist du, Luise, dachte er. Ein Stern, der in meine Arme gefallen ist. Und laut sagte er: »Ich brauche dich. Du wirst mich wieder fühlen lassen, was Liebe ist. Wie schön sie ist, wie wunderbar das Leben … unser Leben.«
    Erst gegen Morgen schlief er ein. Davor hatte er stundenlang auf seinem Bett gesessen, in die Dunkelheit gestarrt und immer wieder an ihre Umarmung gedacht. Dieser überraschende Kuß – der Beginn eines neuen Glücks, an das er schon nicht mehr geglaubt hatte?
    * * *
    Von Boa Vista wurde Camilo Ramos in einem prunkvollen, geschnitzten Mahagonisarg nach Manaus geflogen. Seine Witwe und seine beiden Kinder waren nicht auf dem Flugplatz, als der Sarg ausgeladen wurde. Dafür stand eine Delegation des Clubs ›Rat Neues Brasilien‹ auf dem Flugfeld, an der Spitze der Präsident Miguel Assis, mit seinem Bulldoggengesicht und den weißen Haaren. Die Abordnung, in feierlichem Schwarz, senkte die Häupter, als vier Träger den Sarg an ihnen vorbeischleppten. Ramos war ein schwerer Mann gewesen, und auch der Mahagonisarg wog mehr als normale Särge. In einem großen schwarzen Leichenwagen, über dessen Dach dekorativ die brasilianische Fahne gezogen war, fuhr man den Sarg zum Friedhof von Manaus, wo das prunkvolle Grab der Familie Ramos lag: ein Mausoleum aus weißem Marmor, mit Säulen wie bei einem griechischen Tempel. Auf dem Dach stand ein wunderschöner Engel und breitete die Arme aus, so wie auf dem Hügel von Rio de Janeiro Christus die Stadt segnet.
    Camilo Ramos sollte begraben werden wie ein Staatspräsident. Es sollte das große gesellschaftliche Ereignis von Manaus werden. Eine kurze Anfrage von Senhor Assis genügte; drei Minister sagten sofort ihr Kommen zu. Auch reagierte man in Brasilia ungewöhnlich schnell auf den Tod von Ramos: Ein Spezialist der Antiterroreinheit sollte mit einem Kommando ausgesuchter Soldaten nach Boa Vista verlegt werden. Seine Erfolge bei der Suche nach den in ganz Brasilien operierenden Mitgliedern der Geheimorganisation Por Pátria war allgemein gekannt. Überall, wo Por Pátria korrupte Politiker, Spitzel, Schwerverbrecher, Verräter, Spekulanten und rücksichtslose Ausbeuter des Volkes hinrichtete, erschien seine Spezialtruppe und machte Jagd auf die Organisation. Por Pátria war straff organisiert, von militärischer Präzision. Man vermutete, daß Offiziere der Armee sie ausbildeten oder sogar befehligten.
    Nun sollte die Spezialtruppe in Boa Vista und den Goldgräberstädten die Suche nach dem ›Roten Pfeil‹ aufnehmen. Coronel Eugenio Dinis, auf dem man alle Hoffnungen setzte, hatte sich seine eigene Meinung gebildet und trug sie der Militärregierung vor.
    »Hinter diesen Morden steht keine Organisation«, sagte er, nachdem er die Berichte aus Boa Vista genau studiert hatte. »Die bisher zwölf ›Bestrafungen‹ glichen sich vollkommen. Der Rote Pfeil ist ein Einzelgänger, der das Gebiet von Surucucu terrorisiert. Und er ist kein Yanomami, kein Indio! Wenn die Yanomami sich wehren gegen die Urbarmachung des Regenwaldes, dann tun sie das ausschließlich als ganzer Stamm. Dann ist das für sie ein Krieg, an dem alle teilnehmen. Aber niemals wird ein Einzelgänger den Rächer spielen. Und mit Por Pátria hat dieses Töten auch nichts zu tun. Der Rote Pfeil ist ein neuer Gegner. Senhores, wir werden ihn aufspüren, da bin ich mir ganz sicher. Doch zuerst, das ist mir ebenso klar, wird es noch einige Tote geben. Aber

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