Das Regenwaldkomplott
Arbeitern in den Fabriken und Minen, den Pistoleiros, ja sogar bei den Indios.« Assis sah Lobos beinahe strafend an. Halt den Mund, hieß dieser Blick. Überlaß das mir! Zahle in die Kopfgeldkasse ein und kümmere dich um deine Angelegenheiten. Du bist ein Feigling, das wissen wir alle. Dein Haus ist wie eine Festung, bewacht von Scharfschützen und Kampfhunden. Du stehst schon längst auf der Liste von Por Pátria oder dem Roten Pfeil. Bis heute hast du über 400.000 Hektar Regenwald abgeholzt, für dein Holzwerk und deine Holzkohlenmeiler. Zahle und schweige, Paulo! »Es gibt überall Glücksritter, die sich 100.000 Dollar verdienen wollen. So viel kann niemand in den Goldminen verdienen, das wissen sie. Für eine Sekunde ein Vermögen – ist das kein Geschäft?«
»Und wie soll der ›Auftrag‹ unter die Leute kommen?« Lobos ließ nicht locker. »Er muß doch geheim bleiben, kein Name darf genannt werden, nicht der kleinste Verdacht darf auf uns fallen.«
»Ich brauche es nur einem Mann zu sagen. Er kennt die Leute, die so etwas wagen werden.«
»Wer?«
»Benjamim Bento. Der Verwalter meiner Minen bei Surucucu.«
»Ist er zuverlässig?«
»Absolut. Ich könnte mir sogar denken, daß er den Auftrag selbst übernimmt.« Assis lächelte siegesgewiß. »Eine solche Summe läßt sich BB – wie man ihn bei den Goldgräbern nennt – nicht entgehen. Bento ist auch einer der wenigen, der in die Nähe von Maputo kommen kann. Er kennt ihn aus der Zeit, als beide noch Seringueiros – Gummizapfer – waren und der Wald sie ernährte. Bis Bento zum Gold ging und Maputo der Führer von ›Rettet Wald und Mensch‹ wurde. Sie haben sich bisher als alte Freunde fünfmal getroffen, das sechstemal könnte ein tödliches Treffen werden.«
»Und ich bleibe dabei«, sagte Lobos stur wie nie. »Auch für 100.000 Dollar ist das Risiko, das eigene Leben zu verlieren, zu groß. Ein Attentäter will überleben und von dem Geld etwas genießen.«
Assis erwiderte nichts mehr. Er wollte diese Diskussion beenden. Ihm schien es überflüssig, über Dinge zu streiten, die nach seiner Ansicht nur wenige Worte wert waren. »Paulos Gedanke mit der Zeitungsanzeige ist übrigens gar nicht schlecht.«
»Wie bitte?« Lobos starrte Assis entgeistert an. »Das war doch nur ein Witz!«
»Aber ein guter, Paulo. Jawohl!« Assis klatschte in die Hände, als wolle er Lobos Beifall spenden. »Wir gehen damit an die Öffentlichkeit. Wir werden Schrecken und Angst erzeugen und werden dadurch sehen, wie die Männer um Maputo sich seinen Schutz vorstellen. Wir werden sie aus ihren Verstecken locken. Wir werden ihre verwundbare Stelle kennenlernen.«
»Und was oder wer kommt nach Maputo?«
»Es wird keinen zweiten Maputo geben. Eine große Idee lebt durch und mit ihrem Erfinder. Das hat die Weltgeschichte bewiesen. Caros amigos , warten wir ab.«
»Und der Rote Pfeil schlägt inzwischen wieder zu.«
»Damit müssen wir rechnen. Keiner von uns geht mehr allein aus dem Haus. Wir haben doch jeder unsere eigene Truppe. Jeder von uns fährt einen gepanzerten Wagen mit schußsicherem Glas. Was Camilo getan hat, war glatter Wahnsinn! Allein und ohne Begleitschutz zu fahren, das ist fast schon Selbstmord. In zwei, drei Jahren sieht alles anders aus, da hat man sich damit abgefunden, daß ein neues, reiches Brasilien entsteht, das allen Banken der Welt sagen kann: Seht, was in unserem Boden liegt! Seht, was wir an den Tag bringen können. In dieser Erde schlafen Billionen Dollar. Wir sind dabei, sie aufzuwecken! Einen Menschen, der aufs Geld spuckt, kenne ich nicht, er müßte erst noch geboren werden. Wir brauchen Luft, Freunde, wir brauchen Zeit. Im Jahr zweitausend wird niemand mehr über sogenannte ökologische Schäden sprechen, sondern nur noch von einer ökonomischen Revolution! Dieses ganze dumme Gerede von einer Klimaverschiebung, von einem Treibhauseffekt, von einem Ozonloch wird verstummt sein. Man wird einsehen, daß es nur Panikmache von einigen übereifrigen Ökologen und Klimatologen war, die ihre Trommeln schlugen, um auf sich aufmerksam zu machen. Ein Auswuchs von Eitelkeiten. Und es liegt allein in unserer Hand, eine reiche Zukunft zu schaffen. Ich danke euch, liebe Freunde.«
Die geheime Versammlung des ›Rates Neues Brasilien‹ war damit beendet. In Gedanken versunken, verließen die Großgrundbesitzer und Industriebosse die Villa ihres Vorsitzenden Assis. Draußen warteten ihre gepanzerten Autos mit den für ihre Sicherheit
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