Das Regenwaldkomplott
Militärs beauftragt – dem Schutz Amazoniens. Seine Soldaten waren eine Eliteeinheit, gedrillt im Dschungelkampf, durch Überlebenstraining im Regenwald durch nichts zu erschüttern. Die Soldaten wurden in Gruppen mit Fallschirmen irgendwo über dem Urwald ausgesetzt und mußten sich dann bis zur nächsten Militärstation durchschlagen, ohne Hilfe von außen, allein auf sich selbst angewiesen. Ein mörderischer Trip, aber bisher war kein Ausfall zu beklagen gewesen: Alle waren immer zurückgekommen, erschöpft, aber glücklich, es geschafft zu haben. Von ihrem Marsch durch den Regenwald brachten sie Andenken mit. Im Privatzoo der Garnison von Manaus konnte man sie besichtigen: gefleckte und schwarze Panther, Riesenschlangen und gehörnte Panzer-Kaimane, Pumas und Ozelote, Nasenbären und Langschwanzkatzen und Auerstachler, Wickelbären und Löwenäffchen, Faultiere und Totenkopfäffchen, Trompetenvögel, Rote Aras, Skunks und Kurzohrfüchse. Und Papageien in allen leuchtenden Farben.
Eine kleine Auswahl der Tierwelt, die im Urwald lebte – und die vernichtet wurde, wenn die Holzfällerkolonnen sich durch den Regenwald fraßen und die Flammen der Brandrodung alles Leben in Feuer und Rauch aufgehen ließen.
Auch Coronel Dinis nahm Geld von den Großgrundbesitzern und Fabrikanten, das wußte Bilac. Nicht so direkt in die offene Hand, sondern versteckt als Spenden für einen Militärfonds, über den Dinis allein verfügte. Beispielsweise eine Flugreise nach Europa für zwei Personen; da aus dienstlichen Gründen keine Zeit war, diese Reise anzutreten, wurde der Geldwert ausbezahlt, manchmal über 40.000 Dollar.
Und jetzt das! Diese Reden! Was war mit Dinis los?
»Ich verstehe dich nicht«, sagte Bilac. Er räusperte sich dabei.
»Hast du eine Störung in der Leitung, Miguel?« fragte Dinis zurück.
»Ich verstehe den Sinn deiner Worte nicht mehr, Eugenio. Bist du unter die Moralisten geraten?«
»Jeden Morgen, wenn ich mich rasiere, wenn ich mich im Spiegel sehe, sage ich zu mir: Was bist du doch für ein Halunke! Und dann schäme ich mich.«
»Aber deine Frau Ana will zum Geburtstag eine neue Halskette haben, aus purem Gold und besetzt mit Brillanten.«
»So ist es.«
»Das Gehalt eines Coronels reicht gerade für ein Silberkettchen. Aber Ana wird ihren Schmuck bekommen. Wovon? Reden wir nicht darüber. So einfach ist das.«
»Wir sind doch wahre Ganoven, Miguel.«
»Ich sehe mich nicht so, Eugenio.«
»Wir tun, was die Geldsäcke von uns verlangen. Wir beschützen nicht unser Vaterland, denn dem droht von keiner Seite eine Gefahr, wir schützen den Reichtum der Reichen und bekämpfen die Armen, die ausgebeutet werden, und wir tun das ohne Scham.«
»Beginnst du, depressiv zu werden?« fragte Bilac vorsichtig. »Man lebt nur einmal und muß sich anstrengen, auf der Sonnenseite zu leben. Mein Vorgänger Camizo war ein anständiger Mensch, unbestechlich, ehrlich, gerecht. Er wurde nur 51 Jahre alt. Man hat nie erfahren, wer ihn hinter dem Opernhaus von Manaus mit sieben MP-Kugeln erschossen hat. Dann kam ich auf seinen Posten und wurde eingeladen zu Partys und Bällen der hohen Herren. Sie brauchten keine Huren und pikanten Fotos mit ihnen von mir, um mich zu überzeugen, auf welchen Zug ich umsteigen mußte. Ich habe es sofort begriffen, schon nach den ersten Sätzen, die sie mit mir sprachen. Und ich lebe, lebe weiter, lebe noch lange, wenn Gott mir ein schönes Alter schenkt. Wofür soll ich mich schämen? Daß ich das Beste aus meinem Leben mache? Daß ich mich nicht selbst zur Zielscheibe der Pistoleiros mache? Mein lieber Eugenio, Moral kann tödlich sein, vor allem da, wo wir jetzt leben.« Bilac räusperte sich wieder. »Reden wir vom Begräbnis des armen Camilo. Du wirst eine Einheit abstellen?«
»Ja, eine ganze Kompanie.«
»Von Boa Vista fliegen jetzt fünfzig meiner Polizisten ein.«
»Wir haben in Manaus auch eine Polizei.«
»Ich traue ihr nicht. Bei meinen Leuten weiß ich, daß jeder vertrauenswürdig ist. Die Kollegen von Manaus sind mir zu liberal.«
Vor etwa drei Stunden hatte dieses Gespräch stattgefunden. Jetzt bildeten die Polizisten aus Boa Vista eine lebende Mauer um den Sarg und die prominenten Trauergäste. Dinis' Soldaten, wirklich eine ganze Kompanie, standen links und rechts der Straße, die von der Kirche zum Friedhof führte, und sperrten sie ab. Ein Wahnsinn wäre es gewesen, jetzt ein Attentat auf einen der Minister oder der Großgrundbesitzer zu wagen.
Am Grab, an
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