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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kann ungeschwächt die Erde erreichen. Und – hatte Julio auch noch vorgerechnet – das bedeutet, daß es überall auf der Erde wärmer wird, im Durchschnitt 5 Grad mehr. Was sind diese 5 Grad denn schon, lächerliche 5 Grad, aber die Pole, Südpol und Nordpol, beginnen schneller zu schmelzen, schon bei 3 Grad mehr Wärme fängt es an. Die Weltmeere werden 70, ja sogar 120 Zentimeter steigen, eine neue Sintflut steht dann bevor, und über eine Milliarde Menschen werden davon betroffen sein. Bei nur 3 Grad Wärme mehr, aber es werden sogar 5 Grad sein! Die Welt wird kleiner werden, und die Meere werden anschwellen und alles zerstören. Hunderttausende von Tier- und Pflanzenarten wird es nicht mehr geben, und statt endlich satt zu werden, müssen die Menschen noch mehr hungern als jetzt, vor allem in den armen Ländern der Dritten Welt, in denen es dann noch weniger regnen wird.
    Und das alles soll kommen, weil wir ein paar Bäume fällen, hatte Bento gefragt. Wer hat denn das alles ausgerechnet? Die gelehrten Männer am grünen Tisch, was? Die Theoretiker, die einmal mit Zahlen jonglieren wollen wie die Artisten im Zirkus. Julio, es gibt doch Wasser genug. Bis auf ein paar Wochen regnet es doch fast jeden Tag. Das ist doch alles Unsinn! Was ist dir denn lieber: Daß Millionen Menschen verhungern oder meinetwegen eine Million Pflanzen und Tiere nicht mehr existieren?
    15 Milliarden Organismen-Arten werden getötet, hatte Julio mit großem Ernst gesagt. Die reichste Genbank der Erde wird zerstört. Weißt du, was das bedeutet, Benjamim? Eine Katastrophe, die man gar nicht beschreiben kann. Die Evolution des gesamten Lebens auf unserer Erde bräche zusammen.
    Das hast du alles nur aus Büchern. Und du glaubst das auch? hatte Bento gerufen. Und Julio hatte geantwortet: Ja! Jeder Mensch sollte das lesen, um zu wissen, wie schrecklich es seinen Nachkommen gehen wird. Wir Menschen vernichten uns selbst und sind auch noch stolz darauf, weil wir blind sind für die Folgen unseres Fortschritts.
    Da war Benjamim Bento sehr nachdenklich geworden, hatte lange über Julios Worte gegrübelt. Wenn er auch nicht alles glaubte, ein bißchen Wahrheit war doch dabei. Und dieses bißchen war genug für einen Weltuntergang.
    Nun sollte Julio, sein alter Freund, umgebracht werden. Und er, Benjamim Bento, sollte die Plakate verteilen, die zum Mord aufriefen. Ist das nicht eine Mitschuld am Tode eines Freundes, eines guten Kameraden?
    Bento nahm von dem Stapel ein Plakat herunter, faltete es, steckte es in seine Tasche und verließ das Haus. Er ging die Straße entlang, bog in eine andere ein und blieb vor einem Geschäft stehen, über dem ein großes Reklameschild angebracht war.
    ›Helenas Drugstore‹ stand darauf, handgemalt, und am Anfang und Ende des Namens hatte der Maler eine Faust mit einem hochgereckten Daumen hingepinselt. »Was heißt das?« hatte Helena Batalha geschrien. »Ich habe einen Drugstore, aber keinen Puff!« Da hatte der Maler laut gelacht und geantwortet: »An diesem Daumen geht keiner vorbei. Hier gibt's was Gutes, wird jeder denken und kommt in den Laden.«
    »Und macht sofort die Hose auf, was? Du bist ein richtiger Hurensohn!« schrie Helena noch einmal, aber die Daumen blieben auf dem Schild, und bald hieß es in Novo Lapuna: »Jetzt gehen wir zum Daumen.« Von ›Helenas Drugstore‹ war keine Rede mehr.
    Bento blieb unschlüssig vor dem Fenster stehen, in dem als Dekoration ein Plakat einer Bierbrauerei, das rotweiße große Coca-Cola-Schild und eine wöchentlich wechselnde Tafel hingen, auf der die ›Sonderangebote der Woche‹ geschrieben standen.
    Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Für Tausende von Garimpeiros war Helenas Laden ein Einkaufsparadies. Sie hatte einfach alles: von der Kernseife bis zu sauren Drops, vom Präservativ bis zur baumwollenen Schirmmütze, von der Unterhose bis zum Anzug. Zweimal im Jahr flog Helena nach Manaus, kaufte kistenweise Kruzifixe und Rosenkränze, ließ sie vom Bischof weihen und verkaufte sie mit 400 Prozent Gewinn an die Goldgräber. Denn so rauh die Jungs auch waren, so wenig ihnen ein Menschenleben galt, so maßlos und gesetzlos sie auch lebten – es waren gläubige Kerle, die nicht auf Gott fluchten, sondern die daran glaubten, daß Gott sie einmal auf eine dicke Goldader stießen ließ. Es gab sogar Halunken, die mit dem Rosenkranz in der Tasche zu den Huren gingen. Aber die zwei Kirchen in Novo Lapuna waren verwaist, zwei langgestreckte Baracken, die

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