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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch eins: Ich erschieße zuerst dich und dann mich! Sie würden uns foltern lassen und in Stücke schneiden. Lena, du hast keine Ahnung, zu was die fähig sind. Ich habe es einmal erlebt, bei Cohinho, dem Großgrundbesitzer. Damals lebte ich noch in Rondônia auf einer seiner Viehfarmen. Zwei von Cohinhos Söhnen haben einem Landarbeiter, der heimlich ein Kalb für sich beiseite schaffte, zuerst die Finger- und Fußnägel einzeln mit Zangen herausgerissen und dann seinen Schwanz abgeschnitten und ihm in den Mund gesteckt. Seine Frau und die vierzehnjährige Tochter haben sie in ein Bordell von Porto Velho verschleppt. Jeder wußte davon, aber niemand hat sich darum gekümmert. Am wenigsten die Polizei oder der Richter. Sie alle bekommen Geld von Cohinho. Lena, die hohen Herren können tun, was sie wollen, keiner hält sie auf oder bestraft sie. Es ist ein einziger Sumpf, in dem alles ertrinkt, was sich gegen sie wehrt. Wenn sie Julio töten wollen, dann schaffen sie es auch. Und wenn wir uns da reinhängen, töten sie uns einfach mit.«
    »Fahr zu deinem Freund und sprich mit ihm.«
    »Und wenn man mich sieht?«
    »Das kommt darauf an, wie dumm oder klug du bist. Man darf dich eben nicht sehen.«
    »Er wird jetzt Tag und Nacht bewacht und beobachtet werden. Nicht einmal eine Maus kommt unbemerkt in die Nähe seines Hauses.«
    »Dann mußt du kleiner sein als eine Maus.«
    »Mit einem Meter zweiundachtzig?«
    »Bildlich gemeint, Mimo!« Sie schüttelte den Kopf, als habe er wie ein kleiner Junge etwas ganz Dummes gesagt.
    »Ich werde versuchen, ihn anzurufen«, sagte Bento nachdenklich. »Vielleicht kann man sich irgendwo treffen. Im Wald, bei einer Estrada –«
    »Was ist das?«
    »Ein Kautschukpfad. Jeder Seringueiro hat seinen Wald in Estradas eingeteilt, die wie eine Schleife 180 bis 200 Kautschukbäume umfaßt. Das kann ein Gebiet von hundert Hektar Wald sein, denn die Kautschukbäume stehen, als wollten sie sich verstecken, zwischen den anderen Bäumen, einer zwischen Hunderten. Das ist ihr bester Schutz, das hält die Parasiten von ihnen ab. Die Natur ist klüger als der Mensch. Wenn wir uns auf einer dieser Estradas treffen, sieht und hört uns keiner.«
    »Zapft denn Julio immer noch Gummi? Bei seinem Ruhm?«
    »Von Ruhm allein kann er nicht leben. Natürlich zapft er Kautschuk, wie sein Vater und Großvater. Und in der Regenzeit, wenn die Gummiernte im Wasser ersäuft, dann sammeln er und die anderen Seringueiros Paranüsse. So ist es immer gewesen. Sie leben vom Wald. Weißt du, was Julios Onkel Plácido geschrieben hat, als der Kampf um den Wald und seine Ausbeutung durch die Spekulanten und Viehzüchter richtig begann? ›Du trittst in diesen Wald‹, hat er gesagt, ›und er gibt dir alles, was du brauchst. Aber wenn du mehr als einen Hirsch in der Woche schießt, zaubert der Caboclinho da Mata, der Geist des Waldes, deinen Hund weg, und wenn du mehr Fische fängst, als du essen kannst, wirft die große Schlange, die Mutter des Wassers, dein Kanu um.‹ Er hat das von den Indianern gelernt. Das sind weisere Männer als so mancher weiße Professor, der glaubt, er schwimme in Weisheit.« Bento holte tief Luft. »Mal sehen, wie ich das anstellen kann. Ja, du hast recht, Lena. Ich muß mit Julio sprechen.«
    Er schnaufte durch die Nase, sah Helena plötzlich mit einem ganz anderen Blick an, so einem Blick, der es in sich hat. Dann band er das Handtuch los und warf es auf den nächsten Sessel.
    »Laß uns an etwas anderes denken«, sagte er. »Komm her, mein Kätzchen.«
    * * *
    Arlindo Beja, der Chef der FUNAI in Boa Vista, besuchte Dr. Binder und Luise Herrmann früher, als es Pater Martinelli erwartet hatte. Schon am Morgen nach Toms Begegnung mit dem Roten Pfeil schwebte knatternd ein Hubschrauber über der Mission und landete auf dem großen Platz vor dem Haupthaus. Jeder kannte diese Maschine, und so flitzte auch Geraldo Ribateio aus der Polizeistation und mit ihm der Sergento Moaco, der an diesem Morgen keinen Streifendienst hatte. Er ölte die Waffen ein, die in dieser feuchtheißen Temperatur schnell schimmelten und rosteten, wenn man sie nicht ständig pflegte. Auch Pater Ernesto wußte sofort, wer da vom Himmel schwebte.
    »Das gilt euch«, sagte er zu Thomas und Luise, die noch beim Frühstück saßen und gerade ihre Tassen voll Kaffee gegossen hatten. »Beja persönlich.«
    »Der Mann, der auf meinen Kisten sitzt?« Tom sprang schnell auf. »Der kommt genau zur richtigen Stunde.«
    »Seien Sie

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