Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
gab mir trockene Kleidung. Ein fürchterliches Unwetter hielt mich davon ab zu gehen.« Seine ernsten Augen blickten in die seiner misstrauischen Tochter. »Ich blieb über drei Monde bei ihr.«
Aramia runzelte die Stirn und schüttelte dann entschieden den Kopf. »Meine Mutter war Magd auf der Burg von Northcliff, du lügst doch!«
»Das mag nach unserer Zeit gewesen sein«, räumte er ein, »aber als ich sie kennenlernte, lebte sie im Osten, gar nicht weit von den Sümpfen unterhalb des Elfenreiches.«
Wie Aramia widerstrebend zugeben musste, hatte ihre Mutter tatsächlich davon gesprochen, dass ihre Eltern und Großeltern von dort stammten, dennoch wollte und konnte sie Zir’Avan noch immer keinen Glauben schenken.
»Ohelia war eine faszinierende Frau«, seufzte der Dunkelelf. »Aber ich konnte nicht auf Dauer an der Oberfläche bleiben, und der Gedanke, ein Bauer zu werden, missfiel mir ebenfalls.«
Gegen ihren Willen musste Aramia grinsen, denn ein Dunkelelf, der Felder bestellte oder Schafe hütete, war doch eine zu aberwitzige Vorstellung.
»Ich lud Ohelia ein, mit mir ins Unterreich zu kommen, und nach kurzem Zögern stimmte sie auch zu. Einige Zeit lebten wir zusammen, aber ich spürte, wie Ohelia immer unzufriedener wurde. Sie konnte sich mit unserer Lebensart genauso wenig anfreunden wie ich mich mit der ihren.«
»Ich dachte, Menschen sind hier unten nicht erwünscht.«
»Ihr zuliebe lebten wir abseits von Kyrâstin in einer kleinen Grotte. Mein Vater, ein mächtiger Magier, hatte großen Einfluss, und so ließ man uns in Ruhe.«
Wie vom Blitz getroffen zuckte Aramia zusammen. »Mein Großvater ist ein Zauberer? Kann ich ihn treffen und …«
»Er lebt nicht mehr«, machte Zir’Avan ihre Hoffnung zunichte.
»Bist du … dann auch ein Zauberer?«, erkundigte sich Aramia vorsichtig.
»Bedauerlicherweise keiner mit sehr großen Fähigkeiten. Ich bin Alchemist, verstehe mich auf die Herstellung leuchtender Moose, bin geschickt im Kreieren von Zaubertränken und Medizin, und ich konnte ein Verfahren entwickeln, das den Stahl unserer Schwerter fest, aber gleichzeitig auch flexibel werden lässt, sodass es uns möglich ist, extrem schlanke und leichte Waffen zu fertigen. Aber nein, was das Wirken von sonstiger Magie betrifft, bin ich nicht so stark wie unsere Vorfahren.« Seine Augen begannen zu leuchten, als er abschweifte. »Als junger Mann war ich ein angesehener Còmhragâr-Krieger, Hunderte von Dunkelelfenkriegern unterstanden meinem Befehl, und wir zogen gegen eine in Unehre gefallene Dunkelelfensippe in die Schlacht.«
»Die ’Ahbrac?«, vermutete Aramia.
»Nein, es waren die vom Blute der ’Daharic«, widersprach Zir’Avan. »Wir löschten sie und ihre Stadt vollständig aus.« Großer Stolz schwang in seinen Worten mit. »Nach dem Tod meines Vaters musste ich zu meinem Bedauern in seine Dienste als Magier und Alchemist der Herrscherfamilie treten, denn nicht viele unserer Art tragen diese Fähigkeit in sich.«
»Hmm.« Aramia verstand einfach nicht, wie man freudig eine ganze Stadt auslöschen konnte, wollte aber das eigentliche Thema ihres Gespräches nicht aus den Augen verlieren: »Was war jetzt mit dir und meiner Mutter?«
»Wir stritten immer häufiger, und viele böse Worte fielen zwischen uns. Was mir zuerst an ihr gefiel, ihre Sanftheit, und dass sie es genoss, wenn ich sie beschützte, ließ zunehmend Zorn in mir aufsteigen.« Zir’Avan zog seine Augenbrauen zusammen. »Sie konnte oder wollte sich nicht einmal gegen ein Tiefengnomweibchen verteidigen! Irgendwann suchte ich Trost bei einer Frau meines Volkes, und der Streit mit Ohelia eskalierte. Sie bestand darauf, das Unterreich zu verlassen, und so brachte ich sie wieder hinauf in eure Welt. Es tat mir sehr weh, weil ich sie zu Anfang wirklich aufrichtig geliebt hatte, und durchaus für die Spanne ihres vergleichsweise kurzen Lebens beabsichtigt hatte, bei ihr zu bleiben. Leider musste ich einsehen, dass unsere Kulturen zu unterschiedlich sind, und auch wenn der Funke der Leidenschaft noch immer in uns brannte, war es doch keinem von uns möglich, auf Dauer in der Welt des anderen zu leben.«
Wirre Gedanken schwirrten durch Aramias Kopf. So lange Zeit hatte sie geglaubt, sie wäre das Resultat einer Schändung, und hatte ihrem unbekannten Vater auch einen Teil der Schuld angelastet, dass sie eine Ausgestoßene war. Sollte das alles ein Irrtum gewesen sein? Niemals hatte ihre Mutter erwähnt, dass sie im Unterreich
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