Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
Pergamentrolle in der Hand, deren oberer Teil fehlte. »Die Portalkarte, ich wusste, dass ich sie finde!«
Mit weit aufgerissenen Augen und sehr ehrfürchtig nahm Atorian das Dokument an sich. Zunächst studierte er es eingehend, dann nickte er seinen Gefährten ernst zu. »Sie sieht aus wie das Gegenstück zu dem Kartenteil, welches ich damals auf dem Markt erstanden habe und das Samukal mir abnahm.«
»Aber da ist ja nur der untere Teil unseres Landes zu sehen«, stellte Aramia fest. »Nur knapp zwanzig Meilen nördlich des Kratersees sind zu erkennen, der Rest ist verkohlt oder abgerissen.«
Enttäuschung machte sich auf ihren Gesichtern breit. Südlich des Kratersees erkannte man eine Menge Markierungen. Steine, Felsen oder Steinkreise waren eingezeichnet und darunter standen Schriftzeichen, mit denen jedoch niemand etwas anfangen konnte.
Nun deutete Ray’Avan mit seinem knochigen Finger auf die Karte. »Seht nur hier unten«, er zeigte auf eine Stelle ganz im Süden, »dort lag das Portal, das in die Urheimat der Elfen führt.«
»Die Elfen kamen aus einer anderen Welt?«, hakte Aramia nach, und der alte Mann nickte.
»Ja, einer der Ältesten von uns … Leider ist mir sein Name entfallen … stellte die These auf, dass diese Welt, ebenso wie ihre Schwesterwelt, noch sehr jung ist, und erst nach und nach von den unterschiedlichen Wesen bevölkert wurde.«
»Wahnsinn«, keuchte Darian und starrte weiterhin auf die Karte. Ganz am Rande der Abrisskante konnte man eine Markierung erkennen, auf welche er nun deutete. »Wohin führt dieses Portal?«
Ray’Avan kniff die Augen zusammen, brummelte etwas vor sich hin, dann erhob er mahnend den Finger. »Dieses Portal dürft ihr nicht benutzen! Eine Warnung steht daran geschrieben, niemand weiß, was dahinter lauert.«
»Aber wie sollen wir denn die Portale schließen, wenn der wichtigste Teil der Karte fehlt?«, stöhnte Aramia.
»Verbrannt, zerrissen … Ich habe gerettet, was zu retten war.«
»Wo kam denn dein Kartenfetzen her, Atorian, wenn diese Karte schon so lange Zeit hier im Unterreich ist?«, wunderte sich Darian.
Sein Bruder wusste offensichtlich keine Antwort darauf, aber Ray’Avan begann zu schimpfen: »Vor vielen Sommern und Wintern durchsuchten und plünderten junge, räuberische Dunkelelfen einige meiner Truhen. Vielleicht nahmen sie einen Fetzen der Karte mit sich.«
Stöhnend stützte Aramia den Kopf in die Hände und konnte nicht glauben, dass sie so weit gekommen waren, nur um jetzt zu scheitern. Alles, was sie gefunden hatten, war ein halbverbrannter Kartenfetzen, und auch diesen würden sie nur unter Lebensgefahr mit an die Oberfläche bringen können.
Ray’Avan dachte unterdessen ganz offensichtlich angestrengt nach, dann seufzte er. »Ihr bräuchtet einen Portalfinder, so wie meine Urgroßmutter es war, ja, so jemanden bräuchtet ihr.«
»Was bitte ist denn ein Portalfinder?« Fragend blickte Darian den Dunkelelfen an.
»Junger Mensch, kein Wunder, dass du das nicht weißt. Meine Urgroßmutter war eine mächtige Zauberin, und eine der Begründerinnen der Diomár. Noch vor der Strafe der Götter half sie dabei, Portale in andere Welten zu finden. Oft wanderte sie zwischen dieser und unserer Schwesterwelt hin und her.«
»Sie war in Schottland?«, staunte Darian, was ihm einen fragenden Blick von Aramias Großvater und auch Zir’Avan einbrachte.
»In früherer Zeit wandelten alle magischen Wesen und besonders die Zauberer frei zwischen den Welten«, wurde er von Ray’Avan belehrt.
»Und wie findet man denn nun so einen ›Portalfinder‹?«, brachte Atorian ihn auf das Ursprungsthema zurück.
Ein leises Kichern entstieg der Kehle des alten Mannes. »Mächtige Zauberer, vereinend das Blut zweier Rassen, und mit jeweils einem Zauberer in jeder Ahnenlinie. Geboren an dem Tag, wenn Licht und Finsternis um die Vorherrschaft kämpfen.«
Während Darian und sein Bruder nur verwirrt auf den alten Dunkelelfen blickten, hielt Aramia die Luft an, und ihre Stimme klang seltsam dünn, als sie nachhakte.
»Du meinst die Tag- und Nachtgleiche?«
Der greise Dunkelelf nickte bestätigend, woraufhin Aramias Gesicht noch mehr an Farbe verlor, und Darian sie vorsichtshalber am Arm fasste.
»Aber das würde ja bedeuten, dass Eure Urgroßmutter eine Nebelhexe war«, bemerkte Atorian misstrauisch.
»Nein, nein, nein, die Mutter meiner Urgroßmutter war das, was ihr heute eine Nebelhexe nennt, Mensch und Nachtjäger, vereint im Blute«,
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