Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
Hauptinsel kreisen sahen. Andererseits schliefen sie vielleicht auch bereits auf einer der kleineren nördlichen Inseln, und nach einem bequemen Lager sehnte sich auch Atorian. Seine Muskeln schmerzten unerträglich, aber er wollte sich vor dem furchtbar grölenden Dimpel keine Blöße geben und schlug so Edurs Angebot aus, ihn noch einmal abzulösen.
»So, angekommen«, dröhnte Dimpel schließlich. »Jetzt genehmige ich mir erstmal ’nen Schluck!« Er zauberte die inzwischen fast leere Flasche Môrscota hervor, die Edur ihm mitgebracht hatte, und nahm einen kräftigen Zug. Anschließend reichte er sie Atorian weiter. »Hast dich gut gehalten, Junge, gar nicht übel für einen Menschen.«
»Junge«, grummelte Atorian, während er die Flasche an seinen Mund setzte. »Wahrscheinlich bin ich älter als du, du Saufbold.«
»Ach was, Saufbold«, Dimpel kicherte albern, »gegen meinen Vater bin ich noch gar nichts. Nicht umsonst nennt man ihn Bierfass-Dimpel. Du musst wissen, ich bin nach ihm benannt.« Dimpel warf sich stolz in die Brust. »Vater hat an einem Abend ein Fass Bier alleine geleert!«
»Sehr rühmlich.« Atorian bemerkte, wie sich der Alkohol rasend schnell in seinen von der harten Ruderarbeit gut durchbluteten Muskeln verteilte. Als er an Land ging, schwankte er beinahe noch mehr als Dimpel. »Wenn mein Vater wüsste, mit wem ich mich abgebe, würde er sich im Grabe rumdrehen«, sagte Atorian laut.
»Deswegen werde ich meinen Vater, wenn es denn so weit ist, in einem Bierfass beisetzen«, grölte Dimpel, »dann rollt es sich besser!«
Nun konnte auch Atorian nicht anders, als in Gelächter auszubrechen, die Situation war einfach zu skurril. Auch Edur, der gerade das Boot vertäute, fiel mit ein. Schließlich wischte sich Atorian die Lachtränen aus den Augen. »Ihr beiden seid mir eine große Hilfe gewesen, vielen Dank.«
»Kein Problem.« Ächzend ließ sich Dimpel an einem Felsen nieder. »Ich warte hier auf euch. Zu den Kerlen in Kutten begleite ich euch nicht. Die verstehen keinen Spaß, finde ich. Und zum Kartenspielen haben sie auch keine Lust.«
Atorian nickte zustimmend. Insgeheim wunderte es ihn, dass noch keiner der Inselbewohner sie begrüßt hatte, denn normalerweise hielten sie äußerst wachsam Ausschau nach Neuankömmlingen. Widerstrebend raffte sich Atorian auf weiterzugehen. Der Alkohol hatte ihn müde gemacht, aber er wollte noch vor der Dunkelheit eines der Dörfer an der Küste erreichen und nach Readonn schicken lassen. Er freute sich, nach all der Zeit den alten Hüter der Steine wiederzusehen, der ihm stets ein guter Freund gewesen war.
»Du kannst bleiben, Dimpel«, versicherte Atorian, »du ebenfalls, Edur, ich komme durchaus allein zurecht.«
Während Dimpel bereits so laut zu schnarchen begann, dass alle Menschen und Drachen der Insel ihn eigentlich hätten hören müssen, erhob sich Edur.
»Ich begleite dich, wenn es dir nichts ausmacht.« Seufzend deutete er auf seinen Cousin. »Hier könnte ich ohnehin nicht schlafen.«
»Dann folge mir.« Eigentlich war Atorian sogar froh um die Gesellschaft. Er war lange Zeit nicht mehr auf der Insel gewesen und vermutete, dass er, abgesehen von den Hütern der Steine, die ein ähnliches Alter wie die meisten Zauberer erreichten, kaum noch einen Menschen kennen würde.
Schweigend wanderten die beiden durch die Hügel. Es war schon stockdunkel, als sie endlich im fahlen Sternenlicht eine Ansammlung von kleinen, mit Schilf und Heidekraut gedeckten Steinhäusern erreichten, die sich in den Schutz eines Wäldchens duckten. Atorian blieb stehen und ließ seinen Blick über das Dorf schweifen. Aus keinem der Kamine stieg Rauch auf, kein Lichtschein drang aus den Fenstern und eine eigentümliche Stille erfüllte die Nacht.
»Was ist denn hier los?«
Auch Edur hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Mit Bedacht zogen sie geräuschlos ihre Waffen, Atorian sein Schwert, Edur eine einschneidige Axt. Die Ruhe war unnatürlich und verhieß nichts Gutes. Nicht einmal eines der allgegenwärtig auf der Insel anzutreffenden Schafe oder ein Hütehund zeigten sich. Vorsichtig und eine Hand um seine Waffe geklammert öffnete Atorian wahllos eine Tür, die zu seiner Erleichterung aufschwang, ohne zu knarren – doch niemand war im Inneren zu sehen. Das gleiche Bild bot sich ihm und Edur, als sie die anderen Häuser durchsuchten. Alles wirkte so, als hätten die Bewohner ihr Dorf hastig verlassen.
»Ich kann mir keinen Reim hierauf
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