Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
der ihm von der gefahrvollen Überfahrt zur Geisterinsel erzählt hatte.
»So kurz vor dem Winter ist es tatsächlich sehr gefährlich«, gab Mia zu. Sie schüttelte Leána an den Schultern. »Du hast dir das nicht ausgedacht? Die Elfe ist dir tatsächlich erschienen und hat mit dir gesprochen?«
Leána nickte nachdrücklich und Lilith, die leise zu ihnen getreten war und den größten Teil der Geschichte gehört hatte, meinte: »Ich denke, sie sagt die Wahrheit. Ich habe niemals mit ihr über die Geisterinsel oder das Orakel gesprochen. Du, Aramia?«
»Nein«, sagte Mia mit einem Kopfschütteln, ohne ihren Blick von Leána zu nehmen. Das kleine Mädchen war offensichtlich froh darüber, dass zumindest Lilith ihr endlich glaubte.
»Wir müssen trotzdem zuerst zum Rannocsee und uns mit Nordhalan und Atorian beraten«, gab Darian zu bedenken.
»Das sollten wir tun. Am besten brechen wir gleich morgen auf«, stimmte Mia zu.
Man sah Leána genau an, dass es ihr nur mit äußerster Mühe gelang, ihre Tränen zu unterdrücken. An diesem Abend wich sie nicht von der Seite ihrer Eltern und schlief schließlich auf Darians Schoß ein.
»Meinst du, Leána ist eine Sidhane?«, fragte Mia irgendwann leise an Lilith gewandt.
Die hob unsicher die Schultern. »Das mag sein, ich weiß es nicht.«
»Was ist eine Sidhane?«, wollte Darian wissen.
»Eine Sidhane«, erklärte die kleine Heilerin leise und ehrfürchtig, »ist jemand, der die Seelen der Verstorbenen sieht, die noch in dieser Welt verweilen, da sie noch eine Aufgabe zu erfüllen haben, oder sich nicht von ihrem alten Leben trennen können.«
»So wie der Geist, der mich auf meinem ersten Besuch auf der Nebelinsel zu der Grabstätte begleitet hat?«
Mia nickte traurig und nahm seine Hand. »Das war ganz sicher Veliah. Sie war Tagilis’ Gefährtin.«
»Was ist mit ihr geschehen? Tagilis hat niemals etwas von ihr erzählt.« Obwohl Darian viel Zeit mit dem schweigsamen Halbelfen verbracht hatte, wusste er eigentlich wenig über ihn.
»Er spricht auch kaum von ihr«, erklärte Lilith. »Sie wurde während eines Trollangriffs auf dem Festland getötet, als sie mit Tagilis auf der Suche nach kleinen Halblingskindern war.«
»Dann bin ich auch so ein Dings … so ein Sidhane?«, fragte Darian aufgeregt.
»Nein«, lächelnd schüttelte Lilith den Kopf, »Veliah können wir alle sehen. Sie hat die Grenze zur Welt der Ahnen nicht einmal ansatzweise überschritten. Sie und Tagilis waren sehr eng verbunden, musst du wissen. Durch seine Meditationen hat er sie beinahe wieder in diese Welt geholt.«
»Und das geht?«, hakte Darian einerseits fasziniert, andererseits aber auch entsetzt nach. Der Gedanke, in einer Zwischenwelt zu verweilen, um auf seinen Geliebten zu warten, hatte durchaus etwas Tröstliches, dennoch widersprach es allen Vorstellungen, die er lange Zeit gehabt hatte.
»Manchmal schon.« Lilith hob ihre schmalen Schultern. »Veliah war selbst eine Sidhane, die sich in der Geisterwelt sehr gut auskannte. Sie wollte ohne Tagilis nicht weitergehen und wartet nun auf ihn.«
»Wie lang ist das denn schon her?«
»Über vierhundert Sommer.«
Nun war Darian ehrlich schockiert und rang um Worte. »Er lebt seit so langer Zeit mit einem Geist zusammen?«
»Das erschien Veliah wohl besser als vielleicht acht- oder neunhundert Sommer auf ihn im Reich des Lichts zu warten.«
»Du liebe Güte.« Kopfschüttelnd dachte Darian über diese Geschichte nach, dann nahm er Mias Hand und sah sie bedrückt an. »Das ist verrückt, aber irgendwie kann ich die beiden verstehen. Ich habe es damals auch kaum ertragen, als ich dachte, vielleicht vierhundert Jahre oder mehr ohne dich leben zu müssen.«
»Es tut mir leid«, setzte Mia betreten an, aber er unterbrach sie mit einem Kuss.
»Ist schon gut.«
»Auf ihre Weise sind sie sogar recht glücklich miteinander«, meinte Lilith.
»Hmm, das ist eine sonderbare Welt«, murmelte Darian. Obwohl er hier schon beinahe sechs Jahre verbracht hatte, sich nicht mehr über Heidefeen, Baumgeister oder Trolle wunderte, muteten ihn doch noch viele Dinge sehr fremd an.
Daraufhin lachte Mia auf. »Das würde Lilith von der anderen Welt mit Autos, Flugzeugen und den Unmengen an hektischen Menschen auch denken.«
Lilith lächelte zustimmend, dann straffte sie plötzlich ruckartig die Schultern. »Wir sollten Veliah zum Rannocsee schicken, damit sie die Botschaft überbringt und die Männer herführt. Dann könnt ihr alle gemeinsam auf
Weitere Kostenlose Bücher