Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
rothaarige Hauptmann salutierte kurz vor Samukal, dann wandte er sich an das Volk.
»Es ist wahr. Der Steinkreis wurde zerstört, die Drachen sind tot.«
Heimlich verdrehte Samukal die Augen. Er hatte Greshar ausdrücklich angewiesen, seinen Bericht dramatisch und emotionsgeladen vorzutragen, und nicht in diesem knappen, abgehackten Soldatentonfall. Andererseits war Greshar sehr einfach gestrickt, und es war sicherlich nicht seine Stärke, andere mit Worten in seinen Bann zu schlagen. Jetzt sah der Hauptmann ihn unsicher und beinahe schon hilfesuchend an, und da er offenbar nichts hinzufügen wollte, winkte Samukal nach und nach weitere Abgesandte nach vorne, die Greshars Aussage – rhetorisch nicht wesentlich geschickter – bestätigten. Und trotz der fehlenden Dramatik blieb der Erfolg nicht aus. Schockierte Gesichter wandten sich ihrem Nachbarn zu, Hände wurden vor den Mund geschlagen, und aufgeregtes Raunen brach aus. Die Gattin eines Lords war nicht die Einzige, die Samukal in Tränen ausbrechen sah. Nachdem sich das Volk ein wenig beruhigt hatte, erhob Samukal erneut die Stimme.
»Letzte Nacht hatte ich eine Vision«, rief er und legte Galmár eine Hand auf die Schulter. »Nun weiß ich, dass die Zerstörung der Dracheninsel der Wille der Götter war!«
Empörte Rufe wurden laut, einzelne Stimmen waren aus der Menge zu hören, »Gotteslästerung«, »Frevel«, oder »Dafür werdet Ihr gestraft«.
Samukal hob eine Hand und zögernd verstummten die Gespräche.
»Großes Unrecht ist euch allen durch Darian von Northcliff widerfahren. Er hat euch mit hohen Abgaben tyrannisiert, eure Dörfer niederbrennen lassen und einen Krieg gegen die Zwerge begonnen. Dies alles hat unsere Götter sehr erzürnt.«
Zustimmendes Gemurmel ertönte, und zufrieden bemerkte Samukal, wie sich die Menschen zunickten.
»Schon einmal wurden die Völker bestraft, damals, als die Sterne vom Himmel fielen.«
Niemand der Anwesenden konnte sich an die Zeit vor über zweitausend Sommern erinnern, aber es war allgemein bekannt, dass Albany das einzige Land auf der Welt war, in dem die verschiedenen Rassen überlebt oder Zuflucht gefunden hatten.
»Nun war es erneut an der Zeit, die Menschen zu strafen und auch die Drachen …« Samukal legte bewusst eine Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen. »Sie waren es nämlich, die Darian zum König geweiht haben, sie haben fälschlicherweise seine brutale und raffgierige Natur nicht erkannt. Ihre Schuld war es, dass es so weit kam, wie es gekommen ist.«
Als sich wieder Gemurre erhob, fuhr Samukal rasch fort. »Wir alle wissen, dass die Könige von Northcliff bisher edle und gute Menschen waren.« Samukal musste sich beherrschen, einen sarkastischen Tonfall zu unterdrücken, und nun senkte er, Trauer vortäuschend, den Kopf. »Ich selbst war ein guter Freund von Jarredh und seinem Sohn Atorian.« Er verbeugte sich nach Westen. »Mögen ihre Seelen in Frieden ruhen.«
Pflichtbewusst verneigte sich auch das Volk und murmelte einen Segenswunsch für seinen ehemaligen König und dessen Sohn.
Ein zufriedenes Grinsen unterdrückend fuhr Samukal fort. »Doch Darian, der in einer anderen Welt aufwuchs und nicht zu unser aller Wohl handelte, wurde von den Drachen gesegnet, eine Tat, wofür sie und die Hüter der Steine gestraft wurden. Nie wieder werden sie einen falschen und unwürdigen König weihen.« Erneut schwieg er für einen Augenblick, und als er weiter sprach, legte er theatralisch eine Hand auf die Brust.
»Doch auch ich habe einen schrecklichen Fehler begangen.«
Diese Worte ließen das Volk erneut verstummen und neugierig lauschen, genau, wie Samukal es beabsichtigt hatte.
»Es war bereits der Wille der Götter gewesen, dass Darian damals als Kind diese Welt verlassen hat. Niemals hätte er zurückkehren dürfen.«
»Aber ihr selbst habt ihn zurückgebracht«, ertönten aufgeregte Rufe hier und da. Doch auch das hatte Samukal erwartet, und so hob er beide Hände.
»Und genau darin liegt mein Fehler. Ein Fehler, den ich gerne eingestehe und den wiedergutzumachen die Götter mir aufgetragen haben.«
Gebannt lauschte das Volk. Besonders der Adel blickte erwartungsvoll und mit großen Augen zu ihm empor.
»Die Götter haben es mir zur Aufgabe gemacht, mich fortan um die Erziehung und Ausbildung des zukünftigen Herrschers zu kümmern.« Samukal bemühte sich um ein liebevolles Lächeln, als er Elysia den kleinen Kayne abnahm und ihn in die Höhe hob. »Kayne, Darians Sohn, ist
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