Das Reich der Dunkelheit
in eine Zelle sperren, bis deine Knochen verfaulen und den Schweinen zum Fraß vorgeworfen werden“, warnte er ihn. „Zeig her, was du da hast.“
„Schaut, dieser wundervolle Umhang. Er schützt Euch gegen die Kälte und bringt Eure edle Haltung zur Geltung“, erklärte Escorpio. „Wünscht Ihr, ihn anzuprobieren?“
Der Ritter berührte den Stoff, zog seinen Mantel aus und warf ihn seinem Knappen zu. Dann drehte er sich um, damit Escorpio ihm den Umhang über die Schultern legen konnte.
„Woher hast du ihn?“, fragte er ihn. „Scheint ein ausgezeichneter Stoff zu sein. Hast du ihn gestohlen?“
„O nein, mein Ritter“, antwortete der Spitzel. „Er gehörte einem großen Krieger namens Frómodi.“
Der Ritter fuhr wie von der Tarantel gestochen herum.
„Was sagst du da? Hast du den Namen Frómodi erwähnt?“
„Ich habe den Namen eines tapferen Ritters genannt, der alle beschützt, die ihm treu ergeben sind“, erwiderte Escorpio. „Sein Arm reicht weiter, als man denken und schauen kann.“
„Hat Frómodi dich geschickt?“
„Nein, Herr, ich bin ein armer Kleiderhändler und schlage mich durch, so gut ich kann. Doch der edle Herr, von dem wir sprechen, wird mich reichlich belohnen, wenn es mir gelingt, diesen Umhang dem Mann über die Schultern zu legen, der ihm treu ergeben ist und ihm die Verstärkung schickt, die er benötigt. Ihr habt ja gehört, was neulich mit den verräterischen Rittern geschehen ist …“
„Ja, da ist jemand gekommen und …“
„Gebt acht, dass Euch nicht dasselbe Schicksal ereilt, mein Freund. Frómodi hat geheime Verbündete, die im Dunkeln für ihn tätig sind. Wenn Ihr Euch jedoch mit diesem Umhang schützt, werdet Ihr noch viele Jahre leben“, flüsterte Escorpio. „Das ist der beste Rat, den ich Euch geben kann. Nehmt den Umhang, er ist umsonst.“
Der kluge Ritter verstand die Botschaft. Er legte sich den Umhang um die Schultern und sagte mit leiser Stimme:
„Richte Frómodi aus, ich werde ihm die Soldaten schicken, die er benötigt.“
„Das werde ich tun, Herr … Stets zu Diensten“, erwiderte Escorpio mit einer tiefen Verbeugung, während er den Dolch, der auf den Bauch des Edelmannes gerichtet war, wieder wegsteckte.
***
A RTURO KNIETE VOR Alexias Sarg nieder. Eine leichte Brise wirbelte eine schwarze Staubwolke auf, und die Stille wurde noch tiefer.
Der Junge verharrte eine Weile in dieser Stellung, um sich zu sammeln und der Toten Respekt zu zollen. Dann breitete er die Arme aus und erhob sich langsam in die Luft. Sein Körper stieg hinauf bis an die Decke der Grotte.
„Alexia“, flüsterte Arturo, „endlich ist der Augenblick gekommen, die große Reise anzutreten … Schon bald werden wir wieder vereint sein. Ich hoffe, du grollst mir nicht wegen dem, was ich dir angetan habe.“
Bevor er weitersprach, hielt er kurz inne. Er fühlte sich leicht wie eine Feder.
„Arquimaes hat mich darauf vorbereitet, dass ich einen sehr hohen Preis zahlen muss, damit du ins Leben zurückkehren kannst. Er sagt, der Große Drache stelle hohe Ansprüche, weil er sicher sein will, dass diejenigen, die ihn um etwas bitten, es von ganzem Herzen tun … Aber sei unbesorgt. Es gibt keinen Preis, den zu zahlen ich nicht bereit wäre, um dich wieder lebendig vor mir zu sehen, deinen Atem zu spüren, deine Haut zu berühren … Du wirst aus dem Abgrund des Todes in die Welt der Lebenden zurückkehren, und nichts und niemand wird uns je wieder trennen können. Das schwöre ich dir bei meinem Leben!“
Nachdem er Alexia sein Herz geöffnet hatte, ließ er sich wieder auf den Boden herabgleiten. Er zog sein Schwert aus der Scheide, trat zum Flussufer und tauchte die Klinge in das kristallklare Wasser.
„Möge das Wasser all das Blut abwaschen, das du vergossen hast!“, sagte er an das Schwert gerichtet. „Ich gelobe, in Zukunft vorsichtiger mit dir umzugehen. Von nun an sollst du nur Blut vergießen, wenn es unbedingt nötig ist. Niemals mehr werde ich dich als Werkzeug der Rache benutzen, koste es, was es wolle, sondern ausschließlich als Instrument der Tugend und der Gerechtigkeit. Dieses feierliche Gelübde lege ich ab, um mein Herz zu reinigen, damit mein Meister Arquimaes beruhigt sein kann und ich der Macht des Großen Drachen, der Alexia das Leben wiedergeben soll, würdig werde.“
Er hörte, dass Arquimaes und Crispín sich näherten.
„Bis du bereit?“, fragte der Alchemist.
„Ja, Meister. Ich bin bereit für die Reise zur Höhle des
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