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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Vater zu betrachten.
Und einen Moment lang waren die Augen des kleinen Magolas vollkommen von Schwärze erfüllt, sodass nichts Weißes mehr sichtbar war!
Ein Ruck durchfuhr den Elbenkönig. Er starrte seinen Sohn völlig entgeistert an und hatte das Gefühl, als ob sich eine eiskalte Hand um sein Vaterherz schloss.
Das Ganze dauerte kaum einen Lidschlag lang, und schon im nächsten Moment war da nichts weiter zu sehen als ein neugeborener Säugling, der seinen Vater mit großen Augen anschaute. Die Finsternis in Magolas’ Augen war verschwunden, und Keandir war sich nicht einmal mehr sicher, ob er sie sich vielleicht nur eingebildet hatte und er somit ein Opfer seiner eigenen unterschwelligen Ängste geworden war.
Keandir streckte die Hand aus. Magolas’ Hand griff nach dem Zeigefinger des Königs. Die kleinen Finger schlossen sich mit einer für den König überraschenden Kraft.
»Ich wünschte manchmal, ich könnte einen Blick in die Zukunft werfen«, sagte Keandir später, als er sich mit Nathranwen unterhielt. Sie befanden sich auf dem Vorplatz des königlichen Hauptzeltes, der inzwischen mit Holzbohlen
befestigt worden war, sodass man nicht bis zu den Knöcheln in den weichen Sand am Strand von Elbenhaven einsank.
»Dieser Wunsch ist ganz natürlich«, fand die Heilerin. »Alle Eltern wollen wissen, was aus ihren Kindern wird und was die Zukunft bringt.«
»Da mögt Ihr wohl recht haben.«
»Aber Ihr werdet mit der Ungewissheit leben müssen, König Keandir. Schließlich habt Ihr das alte Schicksal zerschlagen, und solange sich kein Netz neuer Verstrickungen herausgebildet hat, ist die Zukunft frei und ungewiss.«
»So habe ich es gewollt«, sagte der König. »Aber wie es scheint, erfüllt sich kein Wunsch, ohne dass dafür ein Preis zu zahlen ist.«
Nathranwen lächelte mild. »Die Namenlosen Götter müssen Kaufleute gewesen sein und haben die Welt offenbar durch Schacherei erschaffen.«
Auch Keandir lächelte verhalten. »Lasst das nicht einen der älteren Schamanen hören!«
»Noch nie wurde jemand aus der Zunft der Heiler wegen Frevels ausgeschlossen. Und im Übrigen habt Ihr ja dafür gesorgt, dass ein vergleichsweise freigeistiger Seegeborener an ihrer Spitze steht.«
Keandir zuckte mit den Schultern. »Je mehr sich offenbart, dass die Namenlosen Götter an den Geschicken der Elben und an denen der sterblichen Welt nicht mehr interessiert sind, desto mehr wird man darauf bestehen, dass sie doch noch existieren und unser Schicksal begleiten. Aber ehrlich gesagt, ich glaube, dass wir ohne die Götter besser dran sind.«
»Nimmt uns das nicht jeden Trost und jede Hoffnung auf eine Existenzmöglichkeit jenseits der materiellen Welt?«, fragte sich Nathranwen laut.
»Nein«, antwortete der König, obwohl die Heilerin diese
Frage eher an sich selbst gerichtet hatte. »Es konzentriert
unsere Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt – und das
Erreichen unserer Ziele.«
Nathranwen schwieg eine Weile. Schließlich sagte sie: »Das soll mir recht sein – vorausgesetzt, es macht uns langfristig gesehen nicht zu kurzlebigen Sterblichen…«
6
DIE REISE ZU DEN SINNLOSEN
    Von Tag zu Tag wurde es nun wärmer und heller. Der Schnee schmolz und zog sich auf die höchsten Gipfel von Hoch- Elbiana zurück. Wind und Kälte zeigten mit den letzten Frühjahrstürmen noch einmal ihre Macht, doch die Stimmung der Elben begann sich wieder aufzuhellen. Es kam, wie die Heilerin Nathranwen prophezeit hatte: Mit dem Licht kehrte der Optimismus zurück. Die Geburt der königlichen Zwillinge tat ein Übriges dazu. Ruwens Beispiel schien zu bewirken, dass viele Elbinnen auf einmal schwanger wurden. So musste man sich schließlich mehr und mehr an das Geschrei von Säuglingen in den Zelten von Elbenhaven gewöhnen.
Eines Tages meldeten die auf ein paar felsigen Anhöhen postierten elbischen Späher das Nahen eines Schiffes aus Norden. Wenig später stand fest, dass es sich um die den ganzen Winter über vermisste »Jirantor« von Kapitän Ithrondyr handelte.
Als sie anlegte und der Kapitän und seine Mannschaft an Land gingen, wurden die Arbeiten an den Mauern Elbenhavens unterbrochen. Es bildete sich eine große Versammlung am Strand, um die Rückkehrer zu begrüßen, und auch König Keandir ließ es sich nicht nehmen, Kapitän Ithrondyr persönlich willkommen zu heißen.
»Wir folgten der Küste erst in Richtung Norden, und dann, nachdem wir die Meerenge zwischen der Insel des Augenlosen Sehers und dem Kontinent passiert hatten,

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