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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Jedenfalls versuchen die Rhagar diese zu kopieren, in erbärmlicher Weise, denn ihren Bauten geht die Leichtigkeit und die Eleganz völlig ab, die für unsere Bauweise so kennzeichnend ist. Mögen sie sich auch hoch in den Himmel heben, sie wirken doch nur wie groteske Parodien auf die
Türme von Candor oder Albaree.«
»Das verwundert nicht«, mischte sich Andir ein. »Schließlich steht den Rhagar nicht unsere Magie zur Verfügung – geschweige denn, dass sie in der Lage wären, Reboldirs Zauber anzuwenden.«
»Ja, von dieser Warte aus gesehen habt Ihr recht, Prinz Andir«, sagte Lirandil. »Mag uns ihre Grobheit und Brutalität auch abstoßen – im Grunde genommen sind es arme Geschöpfe, die zu einem frühen Tod verurteilt sind und gerade alt genug werden, um ihren eigenen Nachwuchs aufzuziehen, bevor sie sterben. Ihr Leben ist erfüllt von harter Arbeit. Sie sind gezwungen, trotz der Kürze ihrer Existenz ihre Gebäude Stein für Stein zu errichten, wie es bei uns nur noch jene Generation kennt, die den Aufbau von Elbenhaven miterlebte.«
»Ja, die Götter und die Natur haben diese Geschöpfe in erschreckender Weise benachteiligt«, musste auch Keandir zugeben. »Aber könnte es nicht sein, dass genau diese Tatsache die Quelle ihrer Kraft ist? Wo ein Ungleichgewicht ist, da wächst auch ein Wille, es auszugleichen, und nach allem, was ich bisher über die Rhagar erfahren habe, ist genau das letztlich ihr Ziel.«
»Übertreiben wir nicht, wenn wir diesen kurzlebigen Geschöpfen das Verfolgen langfristiger Ziele unterstellen?«, mischte sich Thamandor ein.
Als an der Küste schließlich die groben Bauwerke der Rhagar auftauchten, erschienen sie Keandir in der Tat wie eine Verhöhnung elbischer Baukunst. Die Vorbilder waren klar erkennbar, aber die Ausführung war erschreckend unbeholfen. Einige eingestürzte Ruinen hatte Keandir bereits entlang der Küste ausgemacht. Es handelte sich wohl um fehlgeschlagene Bauversuche, die unter ihrem eigenen Gewicht zusammengebrochen waren.
Lirandil hatte berichtet, dass in Cadd derzeit ein Rhagar- Häuptling herrschte, der den barbarisch klingenden und dem elbischen Sinn für Wohlklang völlig zuwiderlaufenden Namen Krrn trug. Er führte nach dem Vorbild Branagorns von Elbara und Merandils von Nuranien den Titel eines Herzogs von Aratan.
»So haben die Rhagar den elbischen Namen des Gebietes übernommen«, wunderte sich Keandir.
»Das haben sie«, bestätigte Lirandil. »Wie sie auch in ihren Eigennamen die helle Klangfülle des Elbischen seit Neuestem zu imitieren versuchen.«
»Die Eltern von Herzog Krrn haben sich dieser Mode offenbar verweigert«, gab Keandir zurück.
Schon bevor das Elbenschiff vor den Anfurten von Cadd den
Anker warf, sammelte sich eine große Zahl von Rhagar am
Ufer. Männer, Frauen, Kinder, deren Kleidung aus grob gewebten Stoffen bestand, meistens in den Farbtönen dunkelgrau, braungrau oder grauweiß, und vor Dreck starrte.
Keandir und einige seiner Getreuen ließen sich mit einer Barkasse an Land setzen. Erstens hatte die »Tharnawn« zu viel Tiefgang, um in den Anfurten richtig anlanden zu können, und zweitens wollte Keandir auch kein unnötiges Risiko eingehen. Von richtigen Hafenanlagen konnte man in Cadd nicht sprechen. Die einfachen Schiffe und Boote, mit denen die Rhagar offenbar zum Fischfang hinausfuhren, mochten für die Küstengewässer oder die ruhigere See des Pereanischen Meers geeignet sein. Aber um sich in die Weiten des Zwischenländischen Ozeans zu wagen, waren sie nicht geeignet. Keandir kamen sie wie Nussschalen vor.
Gefolgt von Andir, Lirandil und Thamandor stieg der Elbenkönig an Land. Siranodir mit den zwei Schwertern folgte ihnen hinterdrein.
Viele der Rhagar sanken auf die Knie, begannen Gebete in ihrer barbarischen Sprache auszustoßen. Manche stimmten Gesänge an, und Lirandil gab König Keandir den diskreten Hinweis, dass es sich um Lobgesänge zu Ehren der Elbengötter handelte.
Eine Gasse bildete sich zwischen den Rhagar, und ein paar kräftige, fellbehängte Krieger mit Speeren und Streitäxten sorgten mit barschen Befehlen dafür, dass sich diese Gasse noch etwas vergrößerte. Eine hölzerne, mit primitiven Schnitzereien versehene Sänfte wurde von acht Kriegern durch diese Gasse getragen. Dahinter folgten Bannerträger und eine Schar von Bogenschützen. In der Sänfte saß ein Mann mit kahl rasiertem Kopf. Er trug ein tunikaartiges Gewand und darüber einen Mantel aus dem Fell eines aratanischen Berglöwen, dessen

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