Das Reich der Elben 01
dieselben Mitglieder des Kronrats bereit, unsere tapferen Bogenschützen einer tatsächlich vorhandenen Gefahr auszusetzen«, ereiferte sich der Waffenmeister.
Schließlich gelang es ihm, den Kronrat von seiner Sicht der
Dinge zu überzeugen.
»Wie viele Waffen wird die Manufaktur in welcher Zeit fertigstellen können?«, fragte ihn der König.
Thamandor rechnete mit drei bis vier Waffen im Jahr.
»Vorausgesetzt, die Manufaktur selbst ist bereits fertig und die beteiligten Handwerksmeister entsprechend ausgebildet.«
Keandir seufzte. »Große Heere lassen sich damit nicht auf die Schnelle ausrüsten, aber gewiss wird die Einführung dieser Waffen langfristig unseren Mangel an Kriegern etwas ausgleichen können.«
Im Laufe der Zeit drangen immer beunruhigendere Nachrichten aus den Ländern der Rhagar zu den Elben. Scheinbar unaufhaltsam breitete sich das Reich des Eisenfürsten aus. Nur fünf Jahre, nachdem Ithrondyr und die Überlebenden der »Jirantor« gerettet worden waren, standen seine Heere bereits vor den Toren von Aratania und zwangen den amtierenden Herzog, sich dem Eisenfürsten zu unterwerfen. Elbische Kundschafter kehrten nicht zurück, doch es ging das Gerücht um, dass auf einem Fest in Aratania zu Ehren des Eisenfürsten hundert Zentauren bei lebendigem Leib gebraten worden wären.
Ithrondyr wusste Näheres über den gegenwärtig amtierenden Eisenfürsten: Er stammte aus einem Land namens Cosanien, östlich der Sandlande gelegen. Während es seinen Vorgängern noch gereicht hatte, die Nachfolge des Bronzefürsten anzutreten und die südöstlichen Küsten des Zwischenlandes zu erobern, hatte sich der gegenwärtige Eisenfürst ein viel höheres Ziel gesetzt: den Sturz der Götter selbst.
Sein Name war Comrrm; im Gegensatz zu den Herzögen von Aratan und anderen inzwischen zu Vasallen herabgesunkenen Rhagar-Herrschern legte er keinen Wert darauf, den barbarischen Klang seines Namens dem akustischen Harmonieempfinden elbischer Ohren anzupassen.
Durch Legaten ließ Eisenfürst Comrrm Hohn- und Spottbotschaften an die Adresse der Elben überbringen. Er selbst hatte die Kunst des Schreibens nie erlernt, aber in dem lange unter elbischem Einfluss stehenden Land Aratan gab es inzwischen genug Rhagar, die darin geübt waren und die man als Schreiber einstellen konnte.
Auf der elbischen Seite der Aratanischen Mauer erwartete man den Angriff. Dass er komme würde, daran zweifelte inzwischen niemand mehr. Es war nur eine Frage der Zeit – und ob dieser Schutzwall in der Lage war, der Wucht der Rhagar-Katapulte zu widerstehen. Es wurden zusätzliche Zentauren für den Wachdienst angeworben, und Prinz Sandrilas sorgte als Befehlshaber des Elbenheers dafür, dass der Großteil der Krieger im Süden Elbaras konzentriert wurde.
Vielen Kriegern missfiel dies. Sie wären lieber in ihren Städten und Burgen geblieben und sahen nicht ein, dass sie bereits an der Aratanischen Mauer bereitstehen sollten, noch bevor überhaupt ein Krieg ausgebrochen war. Diese Art der Vorbeugung widersprach einfach zu sehr der elbischen Gewohnheit, abzuwarten und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Zwei Jahre vergingen in scheinbarer Ruhe. Aber Kundschafter, von den Elben nach Aratan entsandt, berichteten davon, dass man schon aus einer Entfernung von vielen Meilen den Schlag Tausender Hämmer hören könnte, wenn man sich Aratania näherte. Eisenfürst Comrrm ließ dort Hunderte von Katapulten bauen – mit größerer und von höherer Durchschlagskraft als alles, was die Tagoräer jemals in dieser Hinsicht entwickelt hatten. Gesteinsbrocken wurden aus den Steinbrüchen des Vorgebirges von Hocherde geschlagen und in langen Karawanen nach Aratania gebracht – Steine, die als
Geschosse die Aratanische Mauer durchschlagen sollten.
Zu Beginn des Frühlings brach ein gewaltiger Heereszug, wie ihn weder Menschen noch Elben jemals zuvor gesehen hatten, nach Norden auf. Vier Monate brauchte der Transport der riesigen Katapulte; halbzahme Riesenechsen, die aus den Wäldern von Karanor und dem Bergland zwischen Soria und den Südwestlanden stammten, zogen die größten der Kriegsmaschinen, und allein zur Versorgung dieser Echsen mussten ganze Viehherden den Heereszug begleiten.
Diese Lawine aus Menschen, Tieren und Maschinen erreichte schließlich Cadd. Aus dem Süden kommend traf dort auch eine Rhagar-Flotte ein, deren Schiffe an der Küste der Südwestlande eigens für diesen Feldzug gebaut worden waren. Auf einem der Schiffe befand sich Comrrm
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