Das Reich der Elben 01
Begleiter verborgen hielten. Offenbar waren seine Sinne – und insbesondere sein Sehvermögen in der Nacht – nicht weniger fein als die eines Elben. Jedenfalls stieß er einen ohrenbetäubenden Schrei aus und schleuderte seinen Dreizack, als er die Elbengruppe entdeckte. Die Waffe verfehlte Lirandil den Fährtensucher um einen Fingerbreit und bohrte sich dicht neben ihn in den Boden.
Thamandor wirbelte herum, hob eine seiner Einhandarmbrüste und drückte ab, während der Geflügelte bereits davonflog. Ein klackendes Geräusch ertönte, als der mit magischem Gift versehene Bolzen die Waffe verließ.
Er durchbohrte den Äffling im Flug, und zischend breitete sich ein Brand von jener Stelle aus, wo der Bolzen in den Körper geschlagen war. Ein schauerlicher, krächzender Laut schallte durch die Nacht, ehe der Körper noch in der Luft zu grauer Asche wurde und zerfiel.
Da wurden auch die anderen Nachtkreaturen auf die Kundschafter aufmerksam. Die schrillen Rufe der Äfflinge durchdrangen die Nacht. Sie griffen zu ihren Waffen, erhoben sich teilweise in die Lüfte oder stürmten zu Fuß auf die Elbengruppe zu.
»Blas das Horn, Merandil!«, rief Prinz Sandrilas, während er seine Klinge zog. Aber das brauchte er dem Hornbläser gar nicht mehr zu sagen, denn der hatte das Instrument längst an die Lippen gesetzt. Im nächsten Moment schallte der klare Ton seines Horns durch die Dunkelheit.
Die geflügelten Äfflinge griffen währenddessen an. Thamandor traf mit der zweiten Armbrust einen Gegner, der auf ihn zuflog. Die Kreatur verbrannte zu Asche, ehe sie ihren Dreizack schleudern konnte. Als grauer Staubregen rieselten ihre Überreste auf die Köpfe der Elben nieder.
Lirandil der Fährtensucher riss Thamandor zur Seite, und ein Speer sauste dicht an dem Waffenmeister vorbei und bohrte sich in den Boden. Daraufhin ließ Lirandil Pfeil um Pfeil von der Sehne seines Bogens schwirren und hatte innerhalb von wenigen Augenblicken zwei der Bestien getötet.
»Wir brauchen Gefangene!«, rief Prinz Sandrilas, der von einem heranstürmenden Äffling angegriffen wurde. Mit dem Schwert wehrte er den Stoß des Dreizacks ab und holte zum
Gegenangriff aus. Doch kurz bevor sein Elbenschwert den
Hals der Kreatur durchbohren konnte, hielt er inne. Düsterklinge hieß dieses Schwert, dessen Stahl sich nach
einem missglückten Schutzzauber dunkel verfärbt hatte. Eigentlich war diese Waffe dem ästhetischen Feinempfinden eines Elben zuwider, und es hatte genügend Stimmen gegeben, die Prinz Sandrilas geraten hatten, das Schwert wieder einzuschmelzen. Aber Sandrilas hatte an der Waffe festgehalten, und inzwischen glaubte er sogar, dass ihm Düsterklinges unelbenhafte Erscheinung Glück brachte und ihn vor der weit verbreiteten Krankheit des Lebensüberdrusses bewahrte.
Der Äffling stieß einen zischenden Laut aus und fletschte die Zähne. Er schien zu begreifen, dass es unmöglich war, seinem elbischen Gegenüber den Dreizack in den Leib zu stoßen, eher dieser ihn selbst tötete.
»Beweg dich nicht und lass deine Waffe fallen, Geflügelter!«, rief Sandrilas. »Dann geschieht dir nichts!«
Aus einiger Entfernung hörte er die Schritte und die Stimmen der beiden anderen Elbengruppen, die sich näherten. Als sich ein weiterer Affenartiger auf ihn stürzen wollte, war der Elbenprinz für einen Moment abgelenkt, und der Äffling, den er mit der Schwertspitze bedrohte, tauchte seitlich weg und stieß mit dem Dreizack in Prinz Sandrilas Richtung. Dieser wich aus und hieb seinem Gegenüber den Kopf ab, dann wirbelte er herum. Mit klatschenden Lederflügeln stürzte sich der andere Affenartige auf ihn, in jeder Pranke einen Speer mit unterarmlanger, messerscharfer Spitze.
Doch noch in der Bewegung, die eine Mischung aus Flug und Sprung war, zog sich plötzlich eine rote Linie durch seinen gesamten Körper, vom Scheitelpunkt ausgehend bis zum Schritt. Seine Augen erstarrten, der wütende Ausdruck seines affenartigen Gesichts gefror, dann klafften die beiden Hälften
noch in der Luft auseinander und fielen zu Boden, während das
Blut der Kreatur spritzte.
»Thamandor!«, stieß Sandrilas hervor.
Der eher zierlich wirkende Waffenmeister hatte den Affenartigen mit seinem monströsen Schwert vertikal in zwei Hälften zerschnitten, ehe dieser seinen Angriff vollenden konnte. Die Einhandarmbrüste des Waffenmeisters waren nicht rasch genug nachzuladen, und so hatte er sein riesiges Schwert gezogen. Die besondere Beschaffenheit des Stahls sorgte dafür,
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