Das Reich der Elben 01
es sich bei den Bewohnern um noch nicht degenerierte Verwandte der Affenartigen«, überlegte Siranodir mit den zwei Schwertern. »Im Übrigen kann ich das Schiff, das Ihr zu sehen glaubt, bislang nicht ausmachen, werter Waffenmeister.«
»So habt Ihr Euren Blick nicht auf die richtige Stelle gerichtet«, sagte Thamandor der Waffenmeister. »Konzentriert Eure Sinne, Schwertkämpfer. Ich höre sogar die Rufe der Mannschaft, auch wenn ich die Kommandos nicht zu verstehen vermag. Doch um Euch zu beruhigen, werter Ygolas – es ist ein Elbenschiff!«
»Ja, es trägt das Zeichen unserer eigenen Flotte auf dem Segel!«, erkannte nun auch Merandil. »Es muss sich um eines der Kundschafterschiffe handeln, die Ihr auf König Keandirs Weisung hin ausgesandt habt, Prinz, um den weiteren Küstenverlauf zu erforschen und herauszufinden, ob wir auf einer Insel oder an der Küste eines Kontinents gelandet sind!«
Thamandor verengte die Augen, schirmte sie mit der Hand gegen die gleißende Sonne. Die Furche in der Mitte seiner Stirn wurde dabei noch tiefer. »Das Schiff versucht zum Festland zu gelangen – aber irgendetwas hindert es daran!«
»Was sollte das denn sein?«, spottete Ygolas.
»Der Wind!«, murmelte Thamandor befremdet. »Er scheint immer in die Richtung zu drehen, in die das Schiff zu segeln versucht.«
»Dann muss Magie im Spiel sein!«, lautete Lirandils Schlussfolgerung. Der Fährtensucher deutete mit der Rechten nach oben. »So blau, wie dieser Himmel ist, dürfte dort unten nur ein laues Lüftchen wehen.«
Immer mehr Elben fanden mit ihrem Blick das einsame Elbenschiff, das verzweifelt versuchte, weiter Richtung Südosten vorzudringen, auf jenen Kontinent zu, den Lirandil das »Zwischenland« genannt hatte. Ein Name, der, wie Prinz Sandrilas fand, passend war.
Die Besatzung des Elbenschiffs kämpfte noch eine Zeitlang gegen die Elemente an, ehe sich der Kapitän schließlich entschloss aufzugeben und abzudrehen. Sofort zeigte sich der Wind um einiges freundlicher. Das Elbenschiff näherte sich
wieder der Insel und unternahm keinen weiteren Versuch, deren engeren Kreis zu verlassen, innerhalb dessen es durch geheimnisvolle Mächte gefangenen gehalten wurde.
»Das sieht mir tatsächlich nach Magie aus!«, musste auch Lirandil zugestehen. »Eine Magie, die stark genug ist, ein Elbenschiff zum Abdrehen zu zwingen. Offenbar lässt sie uns keine andere Wahl, als ins Nebelmeer zurückzukehren oder hier auf dieser Insel des Schreckens zu bleiben.«
»Sodass wir entweder Opfer der Affenartigen werden oder des Nachtjägers«, brummte Siranodir mit den zwei Schwertern. Er schüttelte entschieden den Kopf. »Das darf nicht sein!«
Das Schiff verschwand schließlich hinter einer Gruppe von schroffen Felsen, die sich in Küstennähe der Insel erhoben.
Prinz Sandrilas linke Hand legte sich mit einer Geste der
Entschlossenheit um den Schwertgriff seiner Düsterklinge.
»Geben wir uns nicht länger den Träumereien über ein zukünftiges Elbenreich hin, sondern tun wir, was hier zu erledigen ist!«
»Das dürfte nicht ganz einfach werden«, sagte Thamandor der Waffenmeister.
»Wer hat gesagt, ein einfacher Weg wäre der Weg der Elben?«, versetzte Prinz Sandrilas ungewohnt schroff. Er dachte an Hyrandil, Bolandors Sohn, und an König Keandir, Branagorn und die anderen Vermissten. Er machte sich wenig Hoffnung, dass sie noch lebten, aber das sollte ihn nicht daran hindern, dennoch alles zu versuchen. Und wenn er dafür durch steinerne Wände gehen musste, dachte der einäugige Prinz grimmig; es musste einfach irgendwo einen Zugang ins Berginnere geben. Es musste!
Der Ausdruck von wilder, fast barbarischer Entschlossenheit, der auf einmal in des Prinzen Antlitz trat, erschreckte Merandil den Hornbläser zutiefst. Er wechselte einen kurzen Blick mit
Lirandil und erkannte, dass nicht nur er diesen Ausdruck bemerkt hatte und er auch nicht der Einzige war, den dieser Ausdruck erschreckte.
Sandrilas trat mit weiten Schritten zurück in den tunnelartigen Stollen. Er war überzeugt, dass irgendwo in den Wänden ein Mechanismus verborgen sein musste, irgendeine technische Vorrichtung, die in der Lage war, große Steinquader zur Seite zu schieben, hinter denen sich Geheimgänge verbargen.
»Folgt mir, Waffenmeister Thamandor!«, rief er. »Wir müssen irgendetwas übersehen haben! Ihr seid doch ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet raffinierter Mechanismen. Vielleicht könnt Ihr entdecken, wie es die Äfflinge schaffen, sich im Berg zu
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