Das Reich der Finsternis - Verdammt: Band 2 (German Edition)
lege ich das Vermächtnis der O’Connor in Deine Hände und sterbe in der Gewissheit, dass es Dir und den Deinen an nichts fehlen wird. Bewahre Dein Erbe, mein Sohn, es ist eine große Verpflichtung, die wir unserer glorreichen Vergangenheit und unserer Zukunft schuldig sind.
Dein Dich immer liebender Vater
Brian O’Connor
Der Kobold ließ den Brief sinken und sah zu den Kindern herab. Seine Miene spiegelte ihre eigene Verwirrung wider.
»Damit lässt sich nichts, aber auch gar nichts anfangen«, rief Patrick frustriert. »Der Brief hat nichts mit dem Schatz zu tun. Es muss noch mehr in dem Kästchen sein.«
Doch so sehr die drei auch suchten, es schien nur den Schlüssel und diesen einen Brief enthalten zu haben.
Kylah forderte den Kobold auf, den Brief noch einmal vorzulesen. »Ganz langsam. Vielleicht enthält er eine verschlüsselte Botschaft, die man beim flüchtigen Lesen überhört.«
Brock nickte und las die Zeilen noch einmal Wort für Wort laut und deutlich, dennoch schienen die Sätze das Gleiche auszusagen wie zuvor.
»Ich glaube dennoch, dass der Brief mit dem Schatz zu tun hat«, beharrte Mona. »Diese Zeile, in der er schwört, dass kein O’Connor jemals Not leiden muss, ich denke, da spielt er auf den versteckten Familienschatz an. Das ist das Vermächtnis, das er seinem Sohn in die Hände legt.«
»Schon möglich«, gab Patrick zu. »Doch was nützt uns das, wenn er nicht sagt, wo der Schatz zu finden ist?«
»Vielleicht wusste Dermot das längst«, vermutete Kylah.
Mona schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Warum sonst ist er weggegangen? Warum schreibt ihm sein Vater vor seinem Tod diesen Brief? Nicht nur, um den Streit zu begraben. Er verrät ihm, dass diese Legende eben nicht nur eine Geschichte ist. Dass es den Schatz wirklich gibt!«
»Schön für ihn«, gab Patrick zurück. »Das nützt uns nur nichts, wenn er nicht den leisesten Hinweis darauf gibt, wo der Schatz versteckt ist. Ich nehme an, es gab noch eine Karte oder einen Brief, in dem er seinem Sohn schreibt, wie er an den Schatz herankommen kann. Vielleicht hat er ihn extra geschickt, falls er in falsche Hände geraten sollte.«
»Und dann hat der Sohn den Schatz an einen anderen Ort geschafft oder das Geld verprasst«, ergänzte Kylah düster. »Nein, ich fürchte unser Traum war ein sehr kurzer und er endet hier.«
Stille senkte sich herab. Es war das Schweigen der Enttäuschung, das den Dachboden des alten Hauses erfüllte. Keiner rührte sich oder sagte ein Wort. Niemand wollte die Niederlage als Erster eingestehen. Wenn sich einer von ihnen erhob und den Dachboden verließ, würde das bedeuten, der Traum sei endgültig gestorben.
Mona ließ sich die Worte noch einmal durch den Kopf gehen. War es so, wie Patrick vermutete? Dass der Vater noch einen zweiten Brief verschickt hatte? Der den Sohn dann auf anderem Wege erreicht hatte?
Mona stutzte. Sie brach die Stille und wandte sich an Finola, die selbstvergessen in einer Ecke saß und mit Staubflocken spielte.
»Wie kommt es, dass der Brief und der Schlüssel hier im Haus sind, wenn der Vater beides an seinen Sohn geschickt hat? Hat Dermot beides mit zurückgebracht und dann hiergelassen?«
Finola schüttelte den Kopf. »Nein, Dermot kam nie zurück. Seine Frau bekam in der Fremde einen Sohn und eine Tochter, die viele Jahre später hierher zurückkehrten, als O’Connor Castle längst in Trümmern lag.«
»Wie kommen dann der Brief und der Schlüssel hierher auf den Dachboden?«, beharrte Mona.
»Ich habe sie hier versteckt, denn ich bin die Hüterin des Schlüssels zum Schatz«, gab Finola strahlend zur Antwort.
»Sie wurden niemals abgeschickt?«, rief Kylah
»Der Brief schon, aber er kam zurück, als der alte Herr bereits auf dem Sterbebett lag. Man hatte seinen Sohn nicht finden können und den Brief daher an den Absender zurückgeschickt. So starb er einsam und alleine, wie er es vorhergesehen hatte. Nur ich war bei ihm und habe dem Herrn am Totenbett das Versprechen gegeben, den Schlüssel zum Vermächtnis der O’Connor zu bewahren, bis sein Sohn kommt, um sein Erbe anzutreten.« Eine steile Falte erschien auf ihrer Stirn. »Aber er kam nie, und als seine Kinder hier auftauchten, wusste ich nicht, was ich tun sollte. So beschloss ich, die Sache ruhen zu lassen, und vielleicht habe ich es auch ein paar Dutzend Jahre lang vergessen«, räumte sie ein.
»Dann hast du den Brief in das Geheimfach des Kästchens gelegt?«, hakte Kylah nach, und als
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