Das Reich der Finsternis - Verdammt: Band 2 (German Edition)
Windjacken über und huschten dann die Treppe hinunter. Cera folgte ihnen dicht auf den Fersen. Sie gab keinen Laut von sich. Offensichtlich war der Hündin klar, dass sie alle leise sein mussten. Noch ehe Mona nach dem Riegel der Hintertür greifen konnte, glitt er bereits lautlos zurück und die Tür öffnete sich. Draußen auf der Schwelle stand Brock und winkte ihnen. Aufgeregt hüpfte er von einem Bein auf das andere.
»Folgt mir, rasch!«
Sie liefen durch die Nacht. Auch das Gartentor schwang wie von Geisterhand auf und schloss sich wieder. Noch ehe sie den Burghof erreichten, hörten sie ein Wiehern, und als sie um die Ecke bogen, sahen sie drei Pferde im Sternenlicht stehen. Dann gaben die Wolken den fast vollen Mond frei und tauchten Kylahs Scheckpony und die beiden braunen Pferde ihres Großvaters in silbernes Licht. Sie waren alle drei gesattelt und aufgezäumt. Als Kylah die Zwillinge kommen sah, schwang sie sich in Cioclóns Sattel.
»Los, steigt auf«, forderte sie die beiden auf.
»Sag uns erst, was du vorhast«, forderte Patrick.
»Wir reiten nach Cong und sehen uns ganz in Ruhe die Akten im Rathaus an, die sie uns bei Tag ganz sicher nicht zeigen würden.«
»Bist du verrückt?«, stieß Mona hervor. »Wie willst du denn ins Rathaus kommen? Und wie die richtigen Akten finden?«
»Äh, da könnten wir behilflich sein«, meldete sich Brock zu Wort.
»Ja, in Ashford hatten wir mit dem Vertrag auch keine Probleme«, behauptete Finola und korrigierte dann unter Brocks strengem Blick: »Na ja, keine zu großen Probleme. Jedenfalls haben wir es hinbekommen, oder etwa nicht?«
»Na dann, versuchen wir es«, meinte Patrick und führte das Pferd an die Mauer, um von dort einfacher in den Sattel steigen zu können.«
»Und du bist sicher, dass du den Weg bei Nacht findest?«, hakte Mona noch einmal nach, ehe auch sie sich in den Sattel schwang.
»Aber klar, außerdem werden Finola und Brock mit uns kommen.«
Und schon saß Brock vor Mona im Sattel. Finola bevorzugte ihr eigenes Reittier und schwang sich auf Cera. Mona war ein wenig besorgt, dass sie der Hündin zu schwer werden könnte, doch die Koboldin versicherte, sie würde ihr nicht zur Last fallen.
Kaum saßen alle im Sattel, ritt Kylah durch das Tor hinaus. Die beiden Braunen folgten ihr willig. Mona spürte, wie ihr Herz schneller schlug, und auch Patrick schien aufgeregt.
»Das ist etwas anderes als unsere gewöhnlichen Ausritte«, rief er seiner Schwester zu. Ohne zu zögern, bog Kylah in einen Pfad ein, der so schmal war, dass sie hintereinander reiten mussten. Sie verfiel in einen flotten Trab, die anderen Pferde folgten. So ging es rasch voran. Die Pferde waren ausgeruht, der Weg schlängelte sich mit nur wenigen Unebenheiten im Mondlicht durch lichte Baumgruppen, über flache Hügel und dann wieder zwischen Heidekraut und moorigen Senken.
Irgendwann hielt Kylah inne, um ein Tor in einer Feldsteinmauer zu öffnen. »Wir betreten jetzt die Ländereien von Ashford Castle.«
Allerdings blieben sie im Wald und umritten das Schloss so weiträumig, dass sie nichts von dem trutzig grauen Bauwerk zu sehen bekamen. Es war sicher schon mehr als eine Stunde vergangen, als Kylah auf die Landstraße einbog, die kurz drauf über den Hauptarm des Flusses Cong führte, der auf der Westseite der kleinen Stadt vorbeifloss. Ein schmalerer Wasserarm umrundete den Ort auf der anderen Seite und vereinte sich bei den Ruinen des Klosters von Cong wieder mit dem Hauptfluss. Die Kinder folgten der Hauptstraße. Mona kam es vor, als würde der Hufschlag ihrer Pferde schrecklich laut durch die verlassene Straße hallen.
»Lasst uns lieber absteigen und die Pferde führen«, schlug sie vor. »Nicht dass wir von einem Polizisten angehalten werden.«
»Ja, und es ist sicher auch keine gute Idee, die Pferde vor dem Rathaus anzubinden, solange wir uns dort drinnen umsehen«, ergänzte Patrick.
So folgten sie Kylah zur Klosterruine, innerhalb derer Mauern die Pferde grasen konnten, ohne aufzufallen. Dann eilten sie die Straße zum Marktplatz entlang und gingen auf das Rathaus zu, bis sie vor dem Tor standen.
»Und wie jetzt weiter?« Sie sahen die beiden Kobolde fragend an.
»Wir warten«, sagte Brock. Er stieß eine hohe Pfifffolge aus. Dann war alles still. Selbst der Wind schien eingeschlafen. Reglos standen die Freunde und die beiden Kobolde vor der verschlossenen Tür. Langsam wurde Mona unruhig. Sie wollte gerade fragen, was sie jetzt machen sollten, als
Weitere Kostenlose Bücher