Das Reich der Katzen (German Edition)
ominösen
Opfertischsaal. Hier kommen wir ohnehin nicht weiter.«
Sie folgten einem Gang, der aus der Grabkammer führte. Enttäuscht
und entmutigt, weil sie keinen Schritt weitergekommen waren. »Wenn ich bedenke,
welche Anstrengungen diese Ägypter auf sich genommen haben, um ihre Toten zu
bestatten. Gigantisch. Aber irgendwie auch wahnsinnig.« Bens Stimme hatte an
Tiefe zugenommen, seit sie die Pyramide betreten hatten.
Blackbird flatterte über seinem Kopf. »Und dabei hatten sie keine
großartigen Hilfsmittel. Heutzutage wäre das alles ein Kinderspiel ... Aber
damals haben wir ...« Er verstummte erschrocken.
Ben und seinen Freunden war es nicht entgangen, dass die Wortwahl
der Krähe keinen Zweifel daran ließ, dass sie den Zeitpunkt des Pyramidenbaus
erlebt hatte. Aber das konnte nicht sein! Dann müsste Blackbird über 5000 Jahre
alt sein.
»Unmöglich«, murmelte Onisha. »Das ist völlig unmöglich.«
Lucky, der sich wie immer neben Twinky aufhielt, warf ihr einen
fragenden Blick zu. »Was ist unmöglich?«, fragte er schüchtern.
»Das würde ich auch zu gerne wissen«, pflichtete ihm Twinky bei.
»Habt ihr nicht gehört, was Blackbird gesagt hat? Er hat so gesprochen,
als ob er bei dem Pyramidenbau dabei gewesen wäre«, wisperte Onisha.
»Schwachsinn, dann wäre er doch längst Wurmfutter«, schnarrte
Twinky.
»Eben. Das macht mich ja so stutzig.«
»Du musst dich verhört haben.« Damit war für Twinky das Thema
erledigt.
Sie schleppten sich weiter den Gang hinab. Dann stießen sie auf
eine Grabkammer aus zwei Stockwerken. Ebenfalls aus rötlichem Granit gehauen.
In die untere gelangten die Katzen durch ein Loch von weniger als zehn Metern
Durchmesser.
Der Schacht fiel schräg ab
Onisha hielt sich, wie immer, dicht hinter Ben. Sie verspürte ein
mulmiges Gefühl in der Magengrube. Dennoch spähte sie nach rechts und links.
Die Wände des Ganges waren mit blauen Fliesen und reliefartigen Bildnissen bedeckt.
Plötzlich endete er.
Sie hatten die Grabkammer gefunden.
In ihr standen zwei Alabastersarkophage. Vorsichtig traten Ben
und Valentin näher. Die Sargdeckel fehlten und sie konnten in das Innere der
Särge blicken. In dem einen Sarkophag lag eine Kindermumie und in dem anderen
... lag Neith.
»Neith, die Wegeöffnerin! Was macht diiie denn hier?«, entfuhr es
Rocky.
»Gute Frage. Ist sie das überhaupt?«, wollte Twinky wissen.
»Natürlich ist sie das. Reiß doch deine Augen auf«, fuhr Fleur
sie an.
»Na hör mal, bei dieser Finsternis ist es doch kein Wunder, wenn
man Zweifel hat«, verteidigte sich Twinky.
»Dann schau doch genau hin«, wies Ben sie zurecht. »Es IST Neith.
Oder eine eineiige Zwillingsschwester.«
Neith trug eine enge Robe, die lediglich Hände und Füße freiließ.
Ihre Mumie war erstaunlich gut erhalten. Aber es war eine Mumie. Onisha fragte
sich, wie Neith ihr in Fleisch und Blut gegenübergestanden haben konnte, wenn
sie jetzt hier so lag. Ein Frösteln lief ihr über den Rücken. Sie brachte kein
einziges Wort heraus. Dafür schwatzten ihre Freunde wild durcheinander.
»Ob das ein Zeichen ist, dass wir gerade Neiths Mumie finden?«
»Quatsch, das ist reiner Zufall.«
»Als ob irgendetwas reiner Zufall war, seit wir losgegangen
sind.«
»Huch, sieht die gruselig aus.«
»Wie lange sie wohl schon tot ist?«
»Ist sie das? Kann das denn sein? Immerhin hat sie Onisha
geholfen. Und da sah sie ganz schön lebendig aus.«
»Ich glaube schon. Sieh nur ihre knochigen Hände.«
»Und erst der Totenschädel. Man kann ihn trotz der Binden sehen.«
Als es einen dumpfen Knall gab, drehten sich alle herum und
riefen im Chor: »Rocky!«
Auch an Neiths Sarkophag konnten sie keinen Hinweis erkennen, den
sie für ihre Reise ins Reich der Katzen verwenden konnten. So beschlossen sie
keine Zeit zu verschwenden und weiter auf die Suche nach dem Opfertischsaal zu
gehen. Sie fanden ihn in einer benachbarten Kammer. Das Szenario war mehr als
gespenstisch. Ben warf Rocky einen besorgten Blick zu. Doch der hielt sich
tapfer auf seinen Beinen. In den Wänden des Opfertischsaales waren mehrere
Nischen angebracht, in denen die Opfer dargebracht worden waren. Das Gruselige
war, dass in allen Nischen noch Knochen und Schädel lagen. Die Schädel schienen
die Katzen höhnisch anzugrinsen.
»Ich glaube, jetzt haut es mich gleich aus den Socken«, entfuhr
es Ben vor Überraschung. »Das sind ja alles Menschenknochen! «
»Mann o Mann, ist mir übel«, jammerte
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