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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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Obendrein waren die Wurzeln zu einem dichten Geflecht zusammengewachsen und derart ineinander verschlungen, dass man kaum sagen konnte, zu welchem Baum sie gehörten.Auch wenn es hier insgesamt recht düster war, lockerten die roten Beeren an einigen Bäumen die Atmosphäre zumindest ein wenig auf. Doch das Fehlen jeglicher anderer Vegetation war befremdlich, und wohl fühlte sich Lena nicht. Sie hatte den Eindruck, Schatten zwischen den Bäumen umherhuschen zu sehen.
    Sie waren noch nicht weit in den Eibenwald vorgedrungen, als der Zug auf einer Lichtung anhielt. Der Boden war glatt gestampft, sicher lagerten Reisende hier häufiger.
    Heute wurden die Wagen nicht im Kreis aufgestellt, sondern zwischen den Bäumen, wo Platz war. Zudem fiel Lena auf, dass nur wenige Wachen die Umgebung im Auge behielten. Die meisten Männer oder auch Frauen saßen in kleinen Gruppen unter den Bäumen, aßen, tranken und unterhielten sich.
    Kian verschwand kurz, nachdem sie angehalten hatten, mit einer gemurmelten Entschuldigung, und auch wenn ihr Aufpasser nicht in der Nähe war, wusste Lena nur zu gut, dass sie beobachtet wurde. Viele ihrer Mitreisenden beäugten sie noch immer argwöhnisch. Bestimmt hatte Irba ihr Bestes getan, Lena in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Jetzt begab sie sich auf die Suche nach frischem Wasser, denn zumindest Gesicht und Hände wollte sie vor dem Abendessen waschen.
    Unter dem prüfenden Blick zahlreicher Männer und Frauen trat Lena zwischen zwei Wagen hindurch und fand tatsächlich einen mit einem Wasserfass. Gerade ließ ein kleines Mädchen seinen Holzeimer volllaufen, lächelte Lena schüchtern zu und verschwand dann. Sie selbst drehte den hölzernen Hebel zur Seite, wusch sich eilig den Schmutz der Reise von der Haut und wünschte sich sehnlichst eine warme Dusche.
    »… bin mir sicher, sie spricht die Wahrheit«, hörte sie da eine bekannte Stimme von der anderen Seite des Wagens her.
    Vorsichtig schlich Lena ein Stück näher. Mit dem Rücken zu ihr standen Kian und sein Onkel Ureat.
    »Es kann auch eine List sein, sie könnte sich verstellen.«
    »Ihre Begeisterung, ihr Staunen, das kann sie gar nicht vorgetäuscht haben«, versicherte Kian ihm, dann lachte er leise. »Wie sie über den Wolkendrachen am Himmel verwundert war – wie ein kleines Kind.«
    »Trotz allem müssen wir achtsam sein. Ich habe das Gefühl, sie verbirgt etwas Wichtiges. Kian, bleib weiter in ihrer Nähe!«
    »Ja, Onkel, das werde ich.« Kian machte eine Bewegung, wollte sich wohl gerade umdrehen.
    Schnell wich Lena zurück. Doch der junge Krieger kam nicht in ihre Richtung.
    Er glaubt mir also ,dachte Lena, das ist zumindest ein Anfang.
    In der Nacht konnte sie nicht schlafen. Das Rauschen der Bäume erschien ihr bedrohlich, überall hörte sie knackende Geräusche, hier und da sogar ein Heulen oder den Schrei eines Nachtvogels. Auch wenn Ruven ihr bestätigt hatte, dass noch niemals Rodhakan in diesem Wald angegriffen hätten, so konnte sie sich kaum einen unheimlicheren Ort als diesen vorstellen. Nur ganz selten blitzte ein Stern durch das dichte Laubdach, weder die beiden Monde noch die Triade waren zu sehen. Die Gerüche des feuchten Waldbodens lagen schwer in der Luft, wirkten in der undurchdringlichen Dunkelheit fast schon erdrückend.
    »Kian«, flüsterte Lena irgendwann.
    Mit einem unwilligen Grunzen drehte sich der Krieger zu ihr um. »Was ist?«, murmelte er schlaftrunken.
    »Weshalb wurde heute kein Feuer entzündet?«
    Er gähnte lautstark, seine Decke raschelte. Jetzt konnte sie sogar seinen Atem an ihrer Wange spüren. »Weil es die Geister des Eibenwaldes erzürnen würde.«
    »Schon wieder Geister«, stöhnte Lena.
    »Alles ist von den Geistern der Natur beseelt, wusstest du das nicht?«
    »Nein … doch … keine Ahnung.«
    »Eibengeister«, Kian senkte seine Stimme, »hassen das Feuer ganz besonders.«
    »Weshalb das denn?«
    »Eine Legende besagt, dass in einem Sommer, lange bevor ich geboren wurde, der Wald von Wakkarin niederbrannte. Es ist ein unumstößliches Gesetz, niemals in der Nähe einer Eibe ein Feuer zu entzünden, sonst wäre uns der Zorn der Eibengeister gewiss.«
    »Konnten sie damals nichts gegen das Feuer tun?«
    »Nein, und man sagt, noch heute zürnen sie den Wind- und Regengeistern, die ihnen nicht zu Hilfe gekommen sind.« Erneut gähnte Kian. »Und jetzt schlaf, morgen wirst du Ceadd sehen.«
    An Schlaf war jetzt erst recht nicht zu denken. Lena starrte in die

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