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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Erschöpfung, doch Fiedler wusste nicht, was er sonst noch tun sollte. Er hatte keine Antworten mehr, falls irgendetwas passieren würde.
    Irgendwo in den wirbelnden, undurchdringlichen Sandmassen zu ihrer Rechten war ein Kampf im Gange. Es war ganz nah – es klang ganz nah, doch sie konnten von den Kämpfern nicht das Geringste sehen, und Fiedler war keineswegs in der Stimmung, hinzureiten und die Angelegenheit genauer zu untersuchen. In seiner Furcht und seiner Erschöpfung war er zu der fiebrigen, panischen Überzeugung gekommen, dass ihre einzige Chance zu überleben darin bestand, auf der Straße zu bleiben. Wenn sie sie verließen, würden sie in Stücke gerissen werden.
    Die Kampfgeräusche waren kein Waffengeklirr, und es waren auch nicht die Todesschreie von Männern. Die Laute stammten von Tieren – Gebrüll, Schnappen, Zischen, schrille Schreie voller Entsetzen und Schmerz und wilder Wut. Nichts Menschliches. Möglicherweise waren Wölfe an dem unsichtbaren Kampf beteiligt, doch andere, vollkommen unterschiedliche Kehlen verkündeten ihre Teilnahme mit ihrem eigenen rasenden Gebrüll. Das nasale Brummen von Bären, das Fauchen großer Katzen und andere Geräusche – von Reptilien, Vögeln, Affen. Und Dämonen. Ich darf dieses dämonische Gebell nicht vergessen –  die Albträume des Vermummten höchstpersönlich können nicht schlimmer sein.
    Er ritt, ohne die Zügel festzuhalten. Stattdessen umklammerte er mit beiden Händen den sandzerfressenen Schaft seiner Armbrust. Sie war gespannt, ein Sprengbolzen eingelegt, und das schon, seit die Kämpfe begonnen hatten – seit zehn Stunden. Die aus Därmen geflochtene Sehne war jetzt überdehnt, wie er nur zu gut wusste. Das sagte ihm die Tatsache, dass die Stahlrippen weiter als gewöhnlich gespreizt waren. Der Bolzen würde nicht weit fliegen, und er würde langsam fliegen. Doch er brauchte weder Reichweite noch Zielgenauigkeit, um den Bolzen effektiv einsetzen zu können. Er wusste, er und sein Pferd würden von einem wütenden Feuer verzehrt werden, sollte er die Waffe fallen lassen, und dieses Wissen erinnerte ihn immer wieder an die Effektivität der Moranth-Munition, wenn ihm die Waffe ganz leicht durch die schmerzenden, schweißnassen Hände zu rutschen begann.
    Er konnte nicht mehr lange so weitermachen. Ein kurzer Blick zurück über die Schulter zeigte ihm, dass Crokus und Apsalar noch immer bei ihm waren. Ihre Pferde waren über den Punkt hinaus, an dem sie sich noch einmal erholen würden; von jetzt an würden sie weiterlaufen, bis sie tot umfielen. Was nicht mehr lange dauern würde.
    Der Gral-Wallach schrie auf und schwenkte zur Seite. Von irgendwoher schwappte heiße Flüssigkeit über Fiedler hinweg. Fluchend blinzelte er sie sich aus den Augen. Blut. Eine fenergeborene Fontäne aus Blut, die der Vermummte verdammen soll! Sie war aus dem undurchdringlichen Sandwirbel herausgeschossen. Irgendetwas ist uns sehr nah gekommen. Irgendetwas anderes hat es daran gehindert, uns noch näher zu kommen. Bei der Gnade der Königin, was im tiefsten Abgrund geht da vor?
    Crokus stieß einen Schrei aus. Fiedler schaute sich gerade noch rechtzeitig um, um den Jungen von seinem zusammenbrechenden Pferd springen zu sehen. Die Vorderbeine des Tiers knickten unter ihm ein. Er sah zu, wie das Kinn des Pferdes hart auf den Pflastersteinen aufschlug und einen schmierigen Fleck aus Blut und Schaum zurückließ. In einer letzten, verzweifelten Anstrengung weiterzugehen riss das Pferd den Kopf hoch und rollte dann zur Seite. Die Hufe traten noch einige Male ins Leere, ehe sie herabsanken und schließlich still liegen blieben.
    Der Sappeur löste eine Hand von der Armbrust, packte die Zügel und ließ seinen Wallach anhalten. Er wendete das stolpernde Tier. »Schmeiß die Zelte weg!«, brüllte er Crokus zu, der mittlerweile wieder auf den Beinen war. »Das ist das frischeste von den Ersatzpferden. Verdammt, mach schnell!«
    Apsalar ritt nahe an ihn heran; sie war völlig in ihrem Sattel zusammengesunken. »Es hat keinen Sinn«, sagte sie mit rissigen Lippen. »Wir müssen anhalten.«
    Schnaubend starrte Fiedler hinaus in die beißenden Schleier aus Sand. Der Kampf rückte immer näher. Was auch immer die anderen zurückhielt, es verlor an Boden. Kurz sah er eine massige Gestalt auftauchen und genauso schnell wieder verschwinden. Es schien, als hätten Leoparden auf ihren Schultern gekauert. Zu einer Seite erschienen vier ungeschlachte Silhouetten; sie duckten sich

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