Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
würde er das niemals tun. Die Faust war auf einem Feldzug. Das Ganze war ein Krieg, keine panikerfüllte Flucht. Die Anführer der Apokalypse sollten ihre Überlegungen lieber noch einmal neu ordnen, wenn sie nicht die Hoffnung aufgeben wollen, dieser Schlange die Zähne zu ziehen. Und, was noch viel wichtiger wäre, sie sollten schnellstens die Gerüchte zum Schweigen bringen, dass die Wickaner mehr als Menschen sind – das ist allerdings leichter gesagt als getan.
    Kamist Reloe verfügte immer noch über die deutlich größere Anzahl von Kriegern, doch allmählich begann sich die Qualität der Trupps auszuwirken; Coltaines Wickaner waren auch dann diszipliniert, wenn sie ein Blutbad anrichteten, und die Siebte war eine Veteranen-Armee, die von der neuen Faust mit viel Mühe auf diese Art von Krieg vorbereitet worden war. Natürlich bestand noch immer die Möglichkeit, dass die malazanischen Truppen schließlich doch vernichtet werden würden – wenn die Dinge überall so schlecht standen, gab es wenig Hoffnung für die gestrandete Armee und die Abertausend Flüchtlinge, die mit ihr zogen. Selbst all diese kleinen Siege werden nicht ausreichen, den Krieg zu gewinnen. Rehe kann auf Hunderttausende von potenziellen Rekruten zurückgreifen, und wenn man davon ausgeht, dass Sha'ik die Bedrohung erkennt, die Coltaine darstellt, und sie zur Jagd auf die Faust losschickt ...
    Mittlerweile war die kleine Oase, die Dryj-Quelle umgab, in Sicht gekommen, und Duiker war zutiefst schockiert, als er sah, dass fast jede Palme gefällt worden war. Der Baumbestand war verschwunden, nur Stümpfe und niedrig wachsende Pflanzen waren noch übrig. Rauch trieb geisterhaft am bleichen Himmel über dem Gelände dahin. Duiker richtete sich in den Steigbügeln auf, ließ auf der Suche nach Lagerfeuern, Posten oder Zelten den Blick schweifen. Nichts... vielleicht auf der anderen Seite der Quelle ...
    Der Rauch wurde dichter, als er in die Oase hineinritt. Vorsichtig suchte sich sein Reittier einen Weg zwischen den Baumstümpfen hindurch. Überall waren Spuren zu sehen – zuerst die Gruben, die von den vorgeschobenen Wachposten in den Sand gegraben worden waren, dann tiefe Furchen, die verrieten, wo die Wagen in einer Verteidigungsposition aufgestellt worden waren. In den Feuerstellen schwelte nur noch glimmende Asche vor sich hin.
    Sprachlos und plötzlich erschöpft hockte Duiker im Sattel, während sein Pferd durch das verlassene Lager trottete. Das tiefe Loch ein Stück weiter weg war die Quelle; sie war im wahrsten Sinne des Wortes geleert worden und fing gerade wieder an, sich neu zu füllen – ein kleiner, bräunlicher Teppich, umgeben von schlammbedeckten Fetzen von Palmrinde und verfaulenden Wedeln. Sogar die Fische waren mitgenommen worden.
    Während die wickanischen Reiter sich aufgemacht hatten, die Tithansi aus dem Hinterhalt zu überfallen, hatten die Siebte und die Flüchtlinge die Oase bereits wieder verlassen. Der Historiker bemühte sich, diese Tatsache zu verstehen. Er stellte sich die Szenerie beim Aufbruch vor: die stolpernden Flüchtlinge mit geröteten Augen, Kinder, die auf Wagen zusammengepfercht waren, die betroffenen Blicke der Veteranen, die den Aufbruch bewachten. Coltaine gönnte ihnen keine Ruhe, keine Pause, um den Schock zu verdauen, mit all dem fertig zu werden, was ihnen geschehen war, was ihnen immer noch geschah. Sie waren angekommen, hatten die Oase ihres Wassers beraubt und auch alles andere mitgenommen, was sich als nützlich erweisen mochte – und dann waren sie weitergezogen.
    Wohin?
    Duiker trieb sein Pferd an. Er erreichte den südwestlichen Rand der Oase, und seine Blicke folgten der breiten Spur, die die Wagen, das Vieh und die Pferde hinterlassen hatten. Im Südosten erhoben sich die verwitterten Höhenzüge der Lador-Hügel. Im Westen erstreckte sich die Tithansi-Steppe. In dieser Richtung gibt es bis zum Sekala nichts mehr – und der Fluss ist selbst für Coltaine zu weit weg, als dass er ihn als Ziel in Erwägung ziehen könnte. Richtung Nordwesten gibt es das Dorf Manot, und dahinter, am Ufer der Karas-See, liegt Caron Tepasi. Aber bis zu der Stadt ist es fast genauso weit wie zum Sekala. Die Spur führte genau nach Westen, in die Steppe. Beim Atem des Vermummten, da draußen gibt es doch nichts!
    Es hatte keinen Sinn. Er konnte die Pläne der wickanischen Faust nicht voraussehen. Der Historiker machte kehrt und ritt zurück zur Quelle, wo er steifbeinig abstieg. Er stöhnte leise auf.

Weitere Kostenlose Bücher