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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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hatten Flügel wie Fledermäuse; sie besaßen keinen Schwanz, und ihr Fell war hell- und dunkelbraun gefleckt. Von den langen Reißzähnen abgesehen, wirkten ihre Gesichter erstaunlich menschlich.
    Vom einzigen Fenster des Turmes fiel ein geknotetes Seil herunter. Ein kleiner, runder Kopf schob sich heraus, um auf sie herabzuspähen.
    »Natürlich«, fügte Iskaral hinzu, »haben sich einige wenige von ihnen als nützlich erwiesen.«
    Mappo seufzte. Er hatte gehofft, dass irgendein magisches Werkzeug erscheinen würde, mit dessen Hilfe sie hinaufkämen, etwas, das einem Hohepriester des Schattens würdig gewesen wäre. »Dann werden wir jetzt also klettern.«
    »Ganz sicher nicht«, erwiderte Iskaral mit einigem Unwillen. »Diener klettert hoch, dann zieht er uns hinauf.«
    »Er müsste schon ein Mann von gewaltiger Kraft sein, um das mit mir zu schaffen«, sagte der Trell. »Und mit Icarium.«
    Diener setzte das Tablett ab, das er bisher gehalten hatte, spuckte in die Hände und ging zu dem Seil hinüber. Erstaunlich behände zog er sich hinauf. Iskaral hockte sich neben das Tablett und füllte drei Becher mit Wein.
    »Diener ist ein halber Bhok'aral. Mit langen Armen. Muskeln wie Eisen. Er ist gut Freund mit ihnen, und das ist wahrscheinlich die Quelle all meines Übels.« Iskaral nahm sich selbst einen Becher und wies auf das Tablett, während er sich streckte. »Ein Glück für Diener, dass ich so ein liebenswerter und geduldiger Meister bin.« Er drehte sich um und schaute nach oben, um zu sehen, wie weit Diener schon gekommen war. »Beeil dich, du stummelschwänziger Hund!«
    Diener hatte mittlerweile das Fenster erreicht, er kletterte hindurch und war damit außer Sicht.
    »Er ist ein Geschenk von Ammanas. Diener, meine ich. Ein Leben gegeben für eines, das genommen. Eine Hand alt, eine Hand neu. Das ist wahre Reue. Ihr werdet sehen.«
    Das Seil zuckte. Der Hohepriester stürzte den Rest seines Weines hinunter, warf den Becher weg und stolperte zu dem Seil hinüber. »Zu lange ungeschützt! Verwundbar. Schnell jetzt!« Er legte die Hände um einen Knoten, stellte die Füße auf einen anderen. »Zieh! Bist du taub? Zieh!«
    Iskaral schoss nach oben.
    »Ein Flaschenzug«, sagte Icarium. »Das war viel zu schnell, um etwas anderes zu sein.«
    Mappo zuckte zusammen, als seine Schulter wieder zu schmerzen begann. Dann sagte er: »Ich nehme an, das hast du nicht erwartet.«
    »Tesem«, erwiderte Icarium und sah zu, wie der Priester oben in der Fensteröffnung verschwand. »Ein Ort des Heilens. Ein Ort zum Nachdenken in der Einsamkeit. Eine Fundgrube für Schriftrollen und alte Wälzer und unersättliche Nonnen ...«
    »Unersättliche Nonnen?«
    Der Jhag warf seinem Freund einen Blick zu. »In der Tat.«
    »Oh, eine traurige Veränderung der Besitzverhältnisse.«
    »Sehr traurig.«
    »In diesem besonderen Fall«, sagte Mappo, als das Seil wieder herabfiel, »hat das Nachdenken in der Einsamkeit wohl ein Hirn verwirrt. Zumindest nehme ich das an. Sich mit Bhok'arala zu streiten und dem Flüstern eines Gottes zu lauschen, den die meisten für wahnsinnig halten ...«
    »Und doch gibt es hier Macht, Mappo«, sagte Icarium mit leiser Stimme.
    »Hm«, stimmte der Trell zu, während er auf das Seil zutrat. »Als das Maultier in die Höhle gerannt ist, hat sich dort ein Gewirr geöffnet.«
    »Warum benutzt es der Hohepriester dann nicht?«
    »Ich befürchte, was Iskaral Pustl angeht, wird es nicht leicht sein, Antworten zu finden, mein Freund.«
    »Dann halt dich am besten gut fest, Mappo.«
    »Hm.«
    Plötzlich streckte Icarium einen Arm aus, legte Mappo eine Hand auf die Schulter. »Mein Freund.«
    »Ja?«
    Der Jhag runzelte die Stirn. »Ich vermisse einen Pfeil, Mappo. Und außerdem – da ist Blut an meinem Schwert, und ich sehe, dass du scheußliche Wunden hast. Sag mir, haben wir gekämpft? Ich versuche mich zu erinnern, aber da ist ... nichts.«
    Der Trell schwieg mehrere Herzschläge lang. »Ich hatte Schwierigkeiten mit einem Leoparden, während du geschlafen hast«, sagte er dann. »Hab deine Waffen benutzt. Ich habe es nicht für wichtig genug gehalten, um es zu erwähnen.«
    Die Falten auf Icariums Stirn wurden tiefer. »Einmal mehr«, flüsterte er gedehnt, »habe ich Zeit verloren.«
    »Das ist nichts besonders Wertvolles, mein Freund.«
    »Würdest du es mir denn sagen, wenn es anders wäre?« In den grauen Augen des Jhag lag ein verzweifeltes Flehen.
    »Warum sollte ich das nicht tun, Icarium?«

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