Das Reich der Sieben Städte
hinter Bulas Schänke umgesiedelt hatte. Ich habe diese Theorie früher einmal gelesen, und ich bin jetzt davon überzeugt, dass sie stimmt. Genauso, wie ich zu der Überzeugung gekommen bin, dass Otataral kein natürliches Erz ist.
Ist das denn wichtig?, hatte Baudin gefragt.
Wenn es nicht natürlich ist – was ist es dann?, hatte Heboric mit einem breiten Grinsen die Gegenfrage gestellt. Otataral, der Fluch der Magie, wurde aus Magie geboren. Wenn ich ein Gelehrter mit weniger Skrupeln wäre, dann würde ich darüber eine Abhandlung schreiben.
Wie meinst du das?, hatte Felisin gefragt.
Er meint, dass er Alchemisten und Magier auffordern würde zu experimentieren, um ihr eigenes Otataral herzustellen, hatte Baudin ihr geantwortet.
Und ist das ein Problem?
Diese Adern, in denen wir graben, hatte Heboric erklärt, sind wie Schichten aus Fett, das einst geschmolzen war, ein tiefer Fluss aus diesem Fett, zwischen Schichten aus Kalkstein. Diese ganze Insel musste schmelzen, damit diese Adern entstehen konnten. Welche Zauberei auch immer Otataral geschaffen hat, sie hat sich als unkontrollierbar erwiesen. Ich möchte nur ungern dafür verantwortlich sein, dass ein solches Ereignis erneut ausgelöst wird.
Am Tor von Nahlicht wartete ein einzelner malazanischer Wachposten. Hinter ihm erstreckte sich die erhöhte Straße, die in die Grubenstadt führte. An ihrem fernen Ende versank die Sonne gerade hinter der Kammlinie der Grube und hüllte Schädelmulde in frühe Schatten, eine Glocke aus Zwielicht, das nach der Hitze des Tages endlich willkommene Erleichterung versprach.
Der Wachmann war jung; er hatte die gepanzerten Unterarme auf die Parierstange seiner Pike gelegt.
Beneth grunzte. »Wo ist dein Kamerad, Pella?«
»Dieses Schwein von einem Dosii ist einfach davonmarschiert, Beneth. Vielleicht kannst du dir bei Sawark Gehör verschaffen – der Vermummte weiß, dass er uns nicht zuhört. Die Dosii haben jegliche Disziplin verloren. Sie kümmern sich nicht um die Dienstpläne, verbringen all ihre Zeit damit, bei Bula Münzen zu werfen. Es gibt hier fünfundsiebzig von uns und mehr als zweihundert von denen, Beneth, und dann all dieses Gerede von wegen Rebellion und so ... erklär es Sawark...«
»Du kennst eure eigene Geschichte nicht«, sagte Beneth. »Die Dosii liegen nun seit mehr als dreihundert Jahren auf den Knien. Sie kennen überhaupt keine andere Art zu leben. Erst waren es Stämme vom Festland, dann Kolonisten aus Falar, und jetzt seid es ihr Malazaner. Beruhige dich, Junge, bevor du noch das Gesicht verlierst.«
»Geschichte ist etwas, das die Einfältigen beruhigt«, sagte der junge Malazaner.
Beneth stieß ein bellendes Lachen aus, als er das Tor erreichte. »Wer hat das gesagt, Pella? Das sind doch nie und nimmer deine Worte.«
Der Wachmann zog die Augenbrauen hoch, dann zuckte er die Schultern. »Manchmal vergesse ich, dass du aus Korel stammst, Beneth. Wer das gesagt hat? Das war Imperator Kellanved.« Pellas Blick wanderte zu Felisin, und seine Miene zeigte einen Anflug von Gerissenheit. »Es steht in Duikers Feldzüge des Imperiums, im ersten Band. Du bist Malazanerin, Felisin. Erinnerst du dich, was als Nächstes kommt?«
Sie schüttelte den Kopf, verwirrt von der Heftigkeit, die der Mann ausstrahlte, obwohl er es zu verbergen suchte. Ich habe gelernt, in Gesichtern zu lesen – Beneth merkt nichts. »Ich bin mit Duikers Werken nicht vertraut, Pella.«
»Sie sind es wert, gelesen zu werden«, meinte der Wächter lächelnd.
Sie spürte, dass Beneth, der noch immer am Tor wartete, allmählich ungeduldig wurde, und ging an Pella vorbei. »Ich bezweifle, dass es in Schädelmulde auch nur eine einzige Schriftrolle gibt«, sagte sie.
»Vielleicht stößt du ja mal auf jemanden, dessen Erinnerungen es wert wären, dass du nach ihnen suchst, hm?«
Felisin schaute sich mit einem Stirnrunzeln um.
»Schäkert der Junge mit dir?«, fragte Beneth von der Rampe her. »Sei freundlich, Mädchen.«
»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Felisin leise zu Pella, dann ging sie weiter und trat durch das Tor von Krümmungen. Als sie Beneth auf der erhöhten Straße erreichte, lächelte sie ihn an. »Ich mag keine nervösen Typen.«
Er lachte. »Na, das beruhigt mich aber.«
Gesegnete Königin der Träume, mach, dass das wahr ist.
Geröllgefüllte Gräben säumten die erhöhte Straße, bis sie sich an der Kreuzung der drei Schicksale, einer breiten Gabelung, die von zwei wuchtigen Dosii-Wachhäusern
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