Das Reich der Traeume
der wieder zu fallen begonnen hatte.
Niemand bemerkte seine Flucht.
Erst am nächsten Morgen entdeckte eine Magd Bruder Hierbas Leichnam. Man benachrichtigte Bruder Tránsito, der über den Tod seines friedfertigen Bruders untröstlich war.
»Verfluchter Arquimaes! Jetzt kannst du noch einen weiteren Toten deinem Konto gutschreiben!«
Das Kloster von Ambrosia brannte mehrere Tage. Als das Feuer endgültig erlosch, war von der Abtei nur mehr eine Ruine übrig. Lediglich ein paar Mauern waren stehen geblieben und Ambrosia glich einem schwarzen, verbrannt riechenden steinernen Skelett. Die Tür zur Treppe, die in die schwarze Grotte führte, war durch einen herabgestürzten Holzbalken verbarrikadiert.
Niemand, der diese Katastrophe miterlebt hatte, würde sie je vergessen können. Jener Tag blieb allen als ein schrecklicher Albtraum in Erinnerung, in dem das einstige Paradies Ambrosia zu einer Hölle voller Leichen unschuldiger Menschen geworden war. Die Flammen hatten alles verschlungen, einschlieÃlich unzähliger kostbarer Bücher.
VIII
Der Büchernarr unter
Beobachtung
M etáfora und ihre Mutter waren die Ersten, die meinen Vater besuchten. Dann kamen Stromber, Battaglia, Mahania, Mohamed und die anderen Angestellten der Stiftung. Selbst Señor Del Hierro war da. Auch der Schuldirektor und einige Lehrer waren so freundlich, meinem Vater einen Besuch abzustatten, dazu ein paar Freunde und Bekannte. Ein Journalist, der von dem seltsamen Versuch gehört hatte, alte Steine aus einem Garten zu stehlen, war hier, weil er eine Story darüber schreiben wollte. Aber Norma hat ihn kurzerhand vor die Tür gesetzt. Der letzte Besucher war Cristóbal.
Wer jedoch nicht gekommen ist, ist Sombra. Er hat angerufen. Er könne die Stiftung zu so einem kritischen Zeitpunkt nicht verlassen, sagte er. Das hat mich irgendwie beunruhigt. Was soll das heiÃen: »Zu so einem kritischen Zeitpunkt«? Weià er etwas, das ich nicht weiÃ?
»Du musst ein paar Tage im Bett bleiben«, hat Norma zu Papa gesagt. Sie hat bereits das Kommando übernommen. »Erst mal musst du dich nämlich erholen. Alles andere ist unwichtig.«
»Aber Norma, ich glaube, morgen kann ich schon wieder aufstehen und â¦Â«
»Auf gar keinen Fall! Du stehst erst auf, wenn die Ãrzte es dir erlauben. Du hast einen brutalen Schlag auf den Kopf bekommen und musst eine Weile zur Beobachtung hierbleiben.«
Um die beiden nicht zu stören, sind Metáfora und ich nach unten in die Cafeteria gegangen, zusammen mit Cristóbal.
»Eine seltsame Geschichte, findet ihr nicht auch?«, sagt Metáfora. »Wer kommt denn auf die Idee, Steine zu klauen? Es muss sich um ein Missverständnis handeln. Dein Vater hat sich bestimmt geirrt.«
»Er behauptet, er habe sie dabei erwischt, wie sie die Steine klauen wollten. Und es sieht so aus, dass sie tatsächlich einen mitgenommen haben â¦Â«
»Da waren noch mehr«, wirft Cristóbal plötzlich ein.
»Was meinst du?«
»Dass da noch mehr Münzen lagen. An der Mauer.«
»Mercurio sagt nein.«
»Ich hab sie aber gesehen. Ihr könnt mir glauben, da lagen ganz viele, im Staub, aber ich konnte sie nicht alle aufheben. Und da waren auch noch andere Sachen.«
Ich trinke einen Schluck Milchkaffee, während ich meine Gedanken ordne. Vielleicht gibt es ja einen Zusammenhang zwischen den Steinen im Garten der Stiftung und den Münzen, die Cristóbal im Garten der Schule gefunden hat. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass einige Leute etwas wissen, von dem ich keine Ahnung habe und das sie auÃerdem vor mir verbergen.
In diesem Moment betritt General Battaglia die Cafeteria und kommt an unseren Tisch.
»Deinem Vater geht es schon wieder besser, mein Junge. Er ist ein ganzer Kerl und kann einiges aushalten. Er wäre ein hervorragender Soldat.«
»Danke, dass Sie gekommen sind, General«, sage ich. »Ihr Besuch hat ihm gutgetan.«
»Das ist doch selbstverständlich. Und auÃerdem ist ein General für das Wohlergehen seiner Männer verantwortlich. Obwohl, in diesem Fall habe ich meine Pflichten ein wenig vernachlässigt«
»Sie sind zu nichts verpflichtet, General. Sie sind nur ein Besucher, der â¦Â«
»Nein, nein, das stimmt so nicht! In der Stiftung befinden sich unzählige Schätze und wertvolle Informationen. Ich hätte ihm raten müssen, einen
Weitere Kostenlose Bücher