Das Reich der Traeume
sein, wir wissen nicht, was drin ist.«
»Keine Sorge, Gold ist mit einer Axt nicht kaputt zu kriegen«, entgegnete CrispÃn, überzeugt davon, dass nur Gold die Mühe wert sein konnte.
Arturo kniete vor der Truhe nieder und betastete das Vorhängeschloss. Es war groà und massiv und hatte keine Ãffnung, in die man einen Schlüssel hätte stecken können. Nachdem er kurz nachgedacht hatte, wurde ihm klar, dass das Schloss der Täuschung diente â so wie Arquimaes es ihm gesagt hatte. Er ging um die Truhe herum und strich mit den Fingerspitzen über die Oberfläche, bis er schlieÃlich eine Schraube ertastete, die lose zu sein schien. Er drehte und drückte an ihr herum. Plötzlich, wie durch Zauberhand, hob sich der Deckel von allein.
»Gott sei Dank«, seufzte Arturo. »Wenn du mit der Axt auf die Truhe eingeschlagen hättest, wäre vielleicht die Flüssigkeit aus den kleinen Fläschchen ausgelaufen.«
»Und wenn schon!«
»Es handelt sich um eine Säure, die den Inhalt der Truhe zerstört hätte.«
»Gold kann nicht durch Säure zerstört werden.«
»Hier gibt es kein Gold, CrispÃn, nur Pergamente!«, sagte Arturo. »Pergamente mit ganz besonderen Zeichnungen.«
»Wir haben all das auf uns genommen, nur um Pergamente zu finden, die mit Zeichnungen vollgekritzelt sind?«, bemerkte CrispÃn enttäuscht. »So wirst du nie ein richtiger Ritter und wir werden auch niemals reich.«
»Diese Zeichnungen hat Arquimaes angefertigt. Sie enthalten Geheimnisse, mit denen man die Feinde der Schrift und des Wissens bekämpfen kann.«
»Aha! Und wozu soll das gut sein? Kriegt man Geld dafür? Wer will denn so was kaufen?«
»Wir wollen sie nicht verkaufen. Im Gegenteil, wir werden sie behalten. Sie sind auÃergewöhnliche, einmalige Schätze.«
CrispÃn kratzte sich am Kopf. Er verstand überhaupt nichts mehr. Dass Pergamente so wertvoll sein konnten, war für das arme Hirn eines Geächteten unbegreiflich.
Arturo hielt die Pergamente vorsichtig ins Fackellicht und sah sie sich aufmerksam an. Langsam wurde ihm klar, wie kostbar sie waren. Arquimaes war kein gewöhnlicher Alchemist, seine Zeichnungen bargen die Geheimnisse der Gerechtigkeit.
»CrispÃn«, sagte Arturo zu seinem Knappen. »Jetzt ist noch Zeit, es dir anders zu überlegen. Aber wenn du dich dafür entscheidest, mich weiterhin zu begleiten, muss ich dich warnen. Wir werden diese Zeichnungen mit unserem Leben verteidigen.«
»Und was haben wir davon?«
»Wir werden die Verteidiger der wahren Werte der Menschheit sein, die Verteidiger der Wissenschaft, des Wissens, der Weisheit, der Vernunft, der Gerechtigkeit, der Ehre ⦠Die Verteidiger all dessen, was das Leben lebenswert macht. Ich werde meine ganze Kraft dieser Aufgabe widmen. Du kannst dich frei entscheiden.«
CrispÃn, der unter Gaunern und Dieben aufgewachsen war, hatte die Verschlagenheit mit der Muttermilch aufgesogen. Er dachte, wenn Arturo schwor, diese Pergamente mit seinem Leben zu verteidigen, musste es einen triftigen Grund dafür geben. Am Ende würde etwas für ihn dabei herausspringen.
»Ich kann mich also frei entscheiden? Nun, ich bin einverstanden und stelle mich auf deine Seite. Ich werde mein Leben für die Verteidigung dieser Zeichnungen einsetzen«, sagte er mit einer gewissen Feierlichkeit. »Ich schwöre, dass ich mein Wort halten werde!«
Arturo legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Ich freue mich, dich an meiner Seite zu wissen, CrispÃn. Ich vertraue dir.«
»Aber jetzt verrate mir erst mal, wie du Arquimaes befreien willst«, sagte der junge Knappe. »Ich nehme nämlich an, dass Alexia inzwischen wieder bei ihrem Vater ist.«
»Ja, ich bin sicher, dass Benicius, dieser Verräter, sie Demónicus übergeben hat. Vergessen wir also die Prinzessin und konzentrieren uns darauf, wie wir Arquimaes befreien können, bevor er hingerichtet wird. Sonst wird es nämlich sehr schwer werden, die Zeichnungen zu entschlüsseln.«
»Warum drücken sich die Alchemisten nicht deutlicher aus? Können sie ihre Gedanken nicht so niederschreiben, dass alle Welt sie versteht?«
»Sie wollen ihre Geheimnisse schützen. Die wichtigsten Waffen der Alchemisten sind die Geheimschrift und verschlüsselte Zeichnungen. Gehen wir nach oben und essen etwas. Und dabei sehen wir
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