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Das Reich der Traeume

Das Reich der Traeume

Titel: Das Reich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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was er sagt. Er lebt seit vielen Jahren auf der Straße und fühlt sich ständig bedroht. Ich würde mir keine allzu großen Sorgen machen.«
    Â»Du glaubst, er übertreibt?«
    Â»Ja, da bin ich mir sicher.«
    Â»Aber warum bist du dann so blass? Deine Knie zittern und deine Stimme klingt so komisch. Ich glaube eher, du hast totale Angst und streitest es nur ab, um mich nicht zu beunruhigen. Aber damit du’s weißt, es funktioniert nicht, das macht mir nur noch mehr Angst.«

XIX
    Träume auf Pergament
    A rturo hatte die fünfundzwanzig Zeichnungen nebeneinander auf den Boden gelegt, um sie besser betrachten zu können. Sie waren mit schwarzer Tinte gezeichnet, sehr kunstvoll, deutlich und sauber. Die Szenen, die man darauf sehen konnte, stellten auf den ersten Blick Menschen bei mehr oder weniger alltäglichen Tätigkeiten dar und weckten kaum Arturos Interesse.
    Â»Ich verstehe nicht, was das bedeuten soll«, gestand Crispín, der noch nie in seinem Leben eine Illustration zu Gesicht bekommen hatte.
    Â»Legen wir sie in der Reihenfolge nebeneinander, in der sie gezeichnet wurden. Sie müssten nummeriert sein.«
    Die beiden Freunde suchten die Pergamente nach Zahlen ab.
    Â»Ich verstehe ja nicht viel davon«, sagte Crispín, »aber was haben die kleinen Sonnen da unten an den Ecken zu bedeuten?«
    Â»Ah, das ist der Schlüssel für die richtige Ordnung! Schau mal, auf jedem Blatt gibt es verschieden viele Sonnen. Du hast es erraten, mein Freund. Sehr gut!«
    Nach kurzer Zeit hatten sie die Zeichnungen nach der Anzahl ihrer Sonnen sortiert. Nun lagen die Pergamente in der richtigen Reihenfolge nebeneinander, wie die Seiten eines noch nicht gebundenen Buches.
    Â»Gut, jetzt müssen wir sie nur noch entschlüsseln«, sagte Crispín, neugierig auf die Bedeutung der Zeichnungen.
    Â»Auf der ersten ist ein friedlich schlafender Mann abgebildet«, stellte Arturo fest. »Er träumt … siehst du, die Wolken, die aus seinem Kopf kommen, sind mit Zeichnungen gefüllt, die seine Träume darstellen.«
    Â»Tatsächlich … Aber guck doch mal genauer hin, das ist kein Mann, das ist ein Junge.«
    Â»Ein Junge auf seinem ärmlichen Lager. Sieht aus, als wäre es die Hütte eines Bauern. Es gibt kaum Möbel. Auf dem Tisch liegt ein Kanten Brot und der Schuh da am Bettende ist halb kaputt.«
    Â»Aber wovon träumt er?«, fragte Crispín.
    Â»Man kann die Traumzeichnungen kaum entziffern, so winzig sind sie«, stellte Arturo fest. »Ich glaube, auf der nächsten Zeichnung kann man besser erkennen, was er träumt. Es sieht fast genauso aus wie das in den Wolken.«
    Das zweite Bild zeigte Soldaten, die dabei waren, einen Mann zu henken. Die Familie des Verurteilten stand daneben und weinte. Die Frau hielt einen wenige Monate alten Säugling auf dem Arm, um sie herum scharten sich noch vier weitere Kinder. Wenige Schritt entfernt lag ein Hirsch auf dem Boden. In seinem Hals steckte ein Pfeil. Die Soldaten lachten, während sie den Bauern unter dem strengen Blick eines vornehm gekleideten Herrn zum Tod durch den Strang führten.
    Â»So etwas bekommen wir fast täglich zu sehen«, sagte Arturo. »Ein Bauer, der zum Tode verurteilt wird, weil er einen Hirsch erlegt hat, um die hungrigen Mäuler seiner Familie zu stopfen.«
    Â»Ja, der Edelmann hat ihn zum Tode verurteilt, weil er ein Tier in seinem Wald gejagt hat«, wiederholte Crispín aufgebracht. »Aus demselben Grund wäre mein Vater fast gehenkt worden. Aber er konnte gerade noch mit knapper Not entkommen. Viele müssen wildern, um zu überleben. Das Lager meines Vaters ist voll von armen Schluckern wie diesen. Die Adligen wollen die Tiere für ihre Jagd. Sie glauben, alles gehöre nur ihnen allein.«
    Â»Es ist eine große Ungerechtigkeit, einen Mann aufzuknüpfen, der nichts anderes will, als seine Familie zu ernähren«, murmelte Arturo. »Aber zurück zu unserer Zeichnung. Der Junge hat Albträume. Die Szene mit seinem Vater lässt ihn nicht los … Jetzt die nächste Illustration. Eine Folterkammer.«
    Â»Ein Mann wird gefoltert!«
    Â»Wieder eine Ungerechtigkeit! Wahrscheinlich hat er nur jemanden beleidigt.«
    Â»Oder er ist ein Deserteur«, vermutete Crispín. »Guck mal, auf dem Boden liegen seine Kleider. Es ist ein Soldat.«
    Â»Stimmt! Und der Mann, der dabeisteht und die

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