Das Reich der Traeume
bekommst.«
»Zeigt sie mir.«
Arquimaes führte ihn in einen kleinen Nebenraum, der durch einen schweren Vorhang abgetrennt war und nur von einer Kerze erleuchtet wurde. Darin befanden sich ein Spiegel, ein Stuhl mit einer hohen Rückenlehne, ein kleiner Tisch mit einem Hocker sowie ein eingebauter Wandschrank. Der Alchemist zog den Vorhang hinter ihnen zu, sodass sie ungestört waren, geschützt vor den neugierigen Blicken der Mönche. Dann schlug er eine lederne Mappe auf. Als Arturo die Zeichnung sah, erstarrte er.
»Wollt Ihr mir das auf die Stirn malen, Meister?«
»Das ist die Stelle, die sich am besten dafür eignet. Ich weià es! Ich habe es mir genau überlegt und bin überzeugt davon, dass es nur dort seine volle Wirkung entfalten kann.«
Arturo atmete tief durch und nahm das Pergament mit der Zeichnung in die Hand, um sie sich genauer anzusehen. Nach einer Weile sagte er: »Wann wollt Ihr es machen?«
»Sofort.«
Arturo, der sich noch nie einer Bitte seines Meisters widersetzt hatte, nickte ergeben.
»Setz dich auf den Stuhl und entspanne dich«, sagte Arquimaes. »Es wird eine Weile dauern. Die Arbeit verlangt äuÃerste Konzentration. Ach ja, und schlieÃe die Augen.«
Arturo setzte sich und schloss die Augen. Arquimaes öffnete den Wandschrank, nahm einige Schreibwerkzeuge heraus und breitete sie auf dem Tisch aus. Dann stellte er einen Hocker vor Arturo hin und setzte sich.
»Atme gleichmäÃig und denk an etwas Angenehmes«, sagte er zu ihm. »Und vor allem, beweg dich nicht! Jede Linie bleibt für immer eingraviert. Sie kann nicht abgewischt werden.«
Arturo spürte, wie die Schreibfeder über seine Haut glitt und eine Spur frischer, kühler Tinte zurücklieÃ. Hin und wieder straffte der Weise mit den Fingern seiner linken Hand die Haut, damit sie vollkommen glatt war. So konnte er noch genauer arbeiten. Mehr als einmal ritzte er mit der Feder die Haut, was jedoch nicht sehr schmerzhaft war.
Nach zwei Stunden konzentrierter Arbeit war Arquimaesâ Werk vollendet. Arturo erhob sich etwas benommen von seinem Hocker, ging zum Spiegel und erschrak. Sein Gesicht hatte sich für immer verändert: Ein groÃes, von einem Drachenkopf gekröntes A, geschwungen wie ein geflügeltes Tier und mit Krallen an den unteren Spitzen, prangte auf der oberen Hälfte seines Gesichtes. Die Zeichnung begann oberhalb der Augenbrauen und reichte bis zur unteren Hälfte der Wangen. Arturo sah gefährlich aus, aber gleichzeitig auch beruhigend. Einerseits glich die Zeichnung der typischen Hautbemalung primitiver Völker, andererseits der von Mönchen liebevoll gestalteten Titelseite eines Buches. Eine seltsame Mischung, die ihn verblüffte. Eine Sache ist es, eine Skizze auf einem Pergament zu betrachten, eine ganz andere jedoch, die fertige Zeichnung auf der eigenen Haut zu sehen.
»Dieses Symbol zeichnet dich als obersten Befehlshaber der Schwarzen Armee aus, als Anführer der Streitmacht des Reiches der Gerechtigkeit, das wir schaffen werden«, erklärte Arquimaes. »Es wird dir die Kraft der Drachen und die Intelligenz der Alchemisten verleihen. Es wird dich mit einer unvorstellbaren Macht ausstatten und zu einem legendären Ritter machen, der in die Geschichte eingehen wird. Von jetzt an, Arturo Adragón, besitzt du die Macht der alchemistischen Schrift.«
»Ich werde versuchen, mich des Vertrauens, das Ihr mir schenkt, würdig zu erweisen«, sagte Arturo. »Ich schwöre, dass ich Euch nicht enttäuschen und alles tun werde, um der Verantwortung gerecht zu werden, die dieses Symbol mir auferlegt â das Symbol des alchemistischen Drachen. Der Drachenbuchstabe.«
»Sei gerecht, tapfer und edelmütig, und du wirst in die Geschichte eingehen als der auÃergewöhnlichste Ritter, der jemals seinen Fuà auf diese Erde gesetzt hat. Missbrauche niemals die Macht, die dir dieser Buchstabe verleiht, und alle werden in dir den edelsten aller Menschen sehen, den es jemals gegeben hat. Niemand sonst trägt dieses Symbol. Es macht dich einzigartig.«
»Niemand wählt einen Buchstaben als Symbol. Jeder Herrscher zieht es vor, sein Wappen mit einem Tier zu schmücken. Das wird mich von allen unterscheiden. Ich werde versuchen, Euch und Euren Worten Ehre zu erweisen.«
»Von nun an bist du verpflichtet, dich edelmütiger zu verhalten als jeder andere. Du wirst
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