Das Reich der Traeume
Aufstellung genommen. Alle warteten auf den Befehl ihres obersten Heeresführers zum Angriff. Die Soldaten konnten es kaum erwarten, das Schloss zu stürmen und zu plündern. Man erzählte sich, dass es mit immensen Reichtümern angefüllt war. Allein der Gedanke an die reiche Beute, die sie dort erwartete, brachte sie schier um den Verstand.
Plötzlich drang aus dem Wald hinter den Soldaten ein so ohrenbetäubendes Geheul, dass allen der Schreck in die Glieder fuhr. Es war ein durchdringender, gellender Schrei, und das Wesen, das ihn ausstieÃ, war halb Mensch, halb Tier.
Kurz darauf schoss, begleitet von einem Schwarm schwarzer Vögel, ein Drache zwischen den Bäumen hervor. Auf seinem Rücken saà ein Ritter, bewaffnet mit Schwert und Schild. Sein Gesicht war von einem Helm bedeckt, doch jeder ahnte, dass es Ratala war, der sich dahinter verbarg.
Zur selben Zeit lösten sich sechs Reiter mit einer weiÃen Fahne aus den Reihen der feindlichen Armee und ritten auf das Schloss zu. In sicherer Entfernung hielten sie an, um Demónicusâ Standarte zu entfalten, damit die Belagerten wussten, in wessen Auftrag sie kamen.
Doch wie groà war ihre Ãberraschung, als sie sahen, dass der Boden vor dem Schloss mit Büchern übersät war. Sie konnten sich nicht erklären, warum Königin Ãmedi Tausende von Büchern über die Festungsmauer hatte werfen lassen. Wahrscheinlich, dachten sie, handelte es sich um eine verzweifelte Geste der Unterwerfung. Vielleicht hatten die belagerten Feinde die Hoffnung, dass sich Demónicus dadurch gnädig stimmen lassen würde? Die Boten lachten. Offenbar hatte sie nie zuvor Bekanntschaft mit Demónicus, ihrem Herrn, gemacht. Auch Tausende von Büchern auf dem Boden würden den Finsteren Zauberer nicht umstimmen können. Doch was die Reiter nicht wussten, war, dass diese Bücher aus der Abtei Ambrosia stammten.
»Im Namen unseres Herrn, Fürst Ratala, fordern wir den Ritter Arturo Adragón zu einem Duell auf Leben und Tod heraus!«, rief einer von ihnen. »Der Kampf soll auf den Rücken von Drachen ausgetragen werden. Unser Herr ist bereit, ihm einen seiner Drachen zur Verfügung zu stellen, wenn er es wünscht!«
Ãmedi und Arquimaes hörten die Worte mit starrer Miene. Arturo hob sein Schwert, um zu zeigen, dass er zum Kampf bereit war.
»Du musst nicht kämpfen«, sagte die Königin. »Niemand zwingt dich dazu.«
»Aber ich will es!«, erwiderte Arturo entschlossen. »Er soll nicht glauben, ich wäre ein Feigling. Wenn sie meinen, dass ich Angst habe, werden sie nur noch mutiger und ungestümer. Mir bleibt nichts anderes übrig, als die Herausforderung anzunehmen!«
»Das ist Wahnsinn«, warnte ihn Arquimaes. »Du bist es nicht gewohnt, auf einem Drachen zu reiten. Du wirst ihn nicht beherrschen können. Und dein Tod würde alles für uns nur noch schlimmer machen!«
»Was soll ich tun? Mich hier verkriechen wie ein Feigling?«, fragte Arturo.
Arquimaes wusste, dass Arturo recht hatte. Der Junge musste den Kampf gegen Ratala aufnehmen. Wenn er es nicht tat, würden seine eigenen Leute ihn verachten und für einen Angsthasen halten, der sich unter die Röcke der Königin flüchtete.
»Also gut, dann komm mit«, sagte der Alchemist.
»Was habt Ihr vor?«, fragte Ãmedi.
»Mit Eurer Erlaubnis, Herrin, werden wir allen beweisen, dass Arturo Adragón kein Feigling ist«, antwortete Arquimaes.
»Einverstanden. Tut, was Ihr für richtig haltet«, willigte die Königin ein.
»Das ist doch Wahnsinn!«, protestierte Leónidas. »Du hast keine Chance! Und wenn du stirbst, werden unsere Männer den Mut verlieren. Lass mich deinen Platz einnehmen, Arturo.«
»Lieber sterbe ich im Kampf, als für einen Feigling gehalten zu werden«, erwiderte Arturo. »Ich danke Euch für Eure groÃmütige Geste, Freund Leónidas, aber niemand kann an meine Stelle treten.«
Während Ratala auf seinem Drachen über dem Schloss kreiste, begaben sich Arturo, Arquimaes und CrispÃn zum Haupttor und befahlen den Wachen, die Zugbrücke herabzulassen. Die reitenden Boten sahen die drei Freunde herauskommen und dachten schon, sie wollten sich ergeben. Ein Alchemist, ein Ritter und ein Knappe, der den Schild seines Herrn trug, konnten als Abordnung akzeptiert werden. Mit der Königin würde man beizeiten
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