Das Reich der Traeume
Buchstaben scheinen sich endgültig auf meinem Oberkörper niedergelassen zu haben. Ich habe keine Ahnung, wie ich sie wieder loswerden soll. Als hätte ich nicht schon genug Ãrger mit diesem Drachen auf der Stirn! Ich verstehe einfach nicht, was das soll und woher das alles kommt. Wenigstens kann ich mit Metáfora darüber reden.
»Hast du kurz Zeit?«, fragt sie mich, während wir unsere Schulbücher einpacken.
»Warum? Willst du mich entführen?«
»Ja, wir haben einen Termin bei einer Kartenlegerin«, erklärt sie.
»Was? Ich soll mir von jemandem aus Tarotkarten die Zukunft lesen lassen? Spinnst du?«
»Wenn du nicht willst, dann lassen wir es. Vergessen wir das Ganze. Mir ist das egal, ich tuâs nur für dich. Aber sag hinterher nicht, ich würde mich nicht um dich kümmern.«
»Ja, ja, ist schon gut, ich gehe mit. Was sollâs, schlimmer kannâs dadurch auch nicht mehr werden.«
»Gut, gehen wir, bevor duâs dir anders überlegst.«
Vor der Schule treffen wir auf meinen Vater. Er stellt gerade sein Fahrrad ab.
»Hallo, Papa! Du wolltest mich doch wohl nicht abholen, oder?«
»Nein ⦠Na ja, doch ⦠Aber vorher muss ich noch mit Norma sprechen. Ich wollte schon seit Längerem wissen, wie du dich in der Schule machst, und da ist es doch am besten, ich erkundige mich direkt bei ihr.«
»Oh ja, natürlich. Sie ist drinnen, im Lehrerzimmer. Du kannst einfach reingehen.«
»In Ordnung, wir sehen uns später. Hallo, Metáfora.«
»Hallo. Meine Mutter wird sich freuen, Sie zu sehen. Das Essen neulich Abend hat uns sehr gefallen. Vielleicht können wir es ja bald mal wiederholen.«
»Wann ihr wollt, wann ihr wollt ⦠Ich werdâs Norma vorschlagen, mal sehen, ob sie Lust dazu hat. Nächste Woche vielleicht, da würde es passen.«
Wir gehen zur Bushaltestelle. Die Kartenlegerin wohnt im Stadtzentrum. Eine »Hexe«! Metáfora hat sie im Internet entdeckt. Ihre Website sei sehr interessant, sagt sie, es sei die beste, die sie gefunden habe.
»Meine Mutter redet nur noch von deinem Vater«, sagt Metáfora, als wir im Bus sitzen. »Ich glaube, sie ist dabei, sich zu verlieben.«
»Mein Vater genauso! Er denkt nur noch an sie. Alle paar Tage kommt er mich abholen, so was hat er vor dem Abend bei uns nie gemacht. Früher hat er den ganzen Tag in der Bibliothek gesessen und gearbeitet.«
»Klar, dein Vater hat ja auch Vorteile davon! Aber meine Mutter â¦Â«
»Hey, was soll das denn heiÃen?«
»Dein Vater ist einsam, aber meine Mutter ist eine aktive Frau. Sie hat viele Freunde ⦠na ja, und auch viele Verehrer. Ich hoffe nur, dass sie sich richtig entscheidet.«
»Was meinst du damit? Dass mein Vater nicht gut genug ist für deine Mutter?«
»Nein, das wollte ich nicht damit sagen ⦠Komm, hier müssen wir raus.«
Die Adresse, die sie sich auf einem Zettel notiert hat, befindet sich zwei StraÃen weiter. Nach ein paar Minuten stehen wir vor einem sehr alten Haus, das von ein paar maroden Holzbalken gestützt wird. Es sieht ziemlich verfallen aus.
»Hier ist es«, sagt Metáfora. »Gehen wir rein.«
»Die Bruchbude fällt ja fast in sich zusammen. Da sollten wir besser nicht reingehen.«
»Erzähl keinen Quatsch. Dadrin ist es nicht gefährlicher, als wenn man über eine Ampel geht. Du bist echt ein Angsthase!«
»Ich bin vorsichtig, mehr nicht. Aber gut, wenn du willst, dass wir unser Leben riskieren ⦠Geh du zuerst rein, ich komme nach.«
Ein paar Arbeiter gehen in dem Haus ein und aus. Sie schieben mit Zementsäcken beladene Karren in das Gebäude und zwingen uns, ihnen Platz zu machen. Sie kümmern sich überhaupt nicht um uns und gehen ihrer Arbeit nach, als wären wir gar nicht da.
»Ich hab dir doch gesagt, dass es hier drin gefährlich ist«, sage ich. »Wenn das Gebäude nicht einstürzt, werden wir von den Männern an der Wand zerquetscht.«
Der Aufzug ist auÃer Betrieb, deshalb gehen wir die drei Stockwerke zu Fuà nach oben. Dabei stolpern wir über kaputte Ziegelsteine, Kabel, Bretter und anderen Bauschutt.
»Hier ist es«, sagt Metáfora und zeigt auf eine windschiefe alte Holztür. »Siehst du? Mittelalterliche Wahrsagerin .
»Bist du sicher, dass du da reinwillst?«
Sie drückt auf den Klingelknopf. Wir warten
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