Das Reisebureau Thompson und Comp.
seiner Überraschung fand dieser Vorschlag keinerlei Widerspruch, und da die Abfahrt der »Seamew« für den nächsten Morgen festgesetzt war, entschied sich die größere Zahl der Touristen dafür, gleich an Bord zu bleiben.
Einige praktische Reisende waren jedoch andrer Ansicht, und zwar immer dieselben, nämlich Alice Lindsay nebst ihrer Schwester, Roger de Sorgues, deren unzertrennlicher Begleiter, ferner Saunders, mit seinem drohenden Notizbuche, und Sir Hamilton mit seiner Familie, die einmal streng auf Ausführung des Programmes hielten… Diese alle ließen sich ausbooten, sowie die »Seamew« still lag, um Orotava zu Lande zu erreichen. Jack Lindsay hatte es diesmal nicht für angezeigt gehalten, sich der Exkursion eines Bruchteils der Passagiere anzuschließen, und Morgan hatte es ebenfalls vorgezogen, an Bord zu bleiben. Roger de Sorgues paßte das jedoch nicht, und er wußte es bei Thompson durchzusetzen, daß ihm der Dolmetscher überlassen wurde, dessen Unterstützung, behauptete er, im Innern der Insel nicht zu entbehren wäre. Morgan trat also in die kleine dissentierende Partei ein, der leider die schönsten Zierden fehlten.
Doch konnte das anders sein? Konnte Mr. Absyrthus Blockhead durch die Insel ziehen und seine Bewunderung zu erkennen geben, wenn er jetzt seine zwanzig Stunden so fest schlief, als ob er gar nicht wieder erwachen sollte? Oder hätten wenigstens seine Töchter an seine Stelle treten können, wo diese auf ihrem Schmerzenslager immer mit der Vorsicht lagen, sich nicht auf den Rücken zu wenden?
Tigg machte sich diese beklagenswerten Verhältnisse schimpflich zunutze. Auch er verließ die »Seamew« und würde sich bei dem Wege über Land gewiß wenig von Miß Margaret trennen.
Auf dem Lande herrschte eine drückende Hitze. Morgan empfahl deshalb, noch denselben Abend in La Laguna, der alten Hauptstadt der Insel, zu übernachten. Dort, versicherte er, werde man eine erträgliche Temperatur finden und vor allem auch den Moskitos entgehen, die eine wahre Geißel von Santa-Cruz sind.
Die Touristen beschränkten sich also darauf, der Stadt eine kurze Visite abzustatten. Sie gingen durch die langen Straßen längs der meist mit hübschen Balkons versehenen und mit Malereien nach italienischer Sitte geschmückten Häuser hin. Sie kreuzten den schönen Konstimtionsplatz, in dessen Mitte sich ein Obelisk aus weißem Marmor erhebt, den die Bildsäulen vier alter Guanchen-Häuptlinge zu behüten schienen, und es schlug kaum fünf, als zwei bequeme Wagen die acht Touristen im Galopp ihrer Pferde hinwegführten.
In anderthalb Stunden waren sie schon in dem höchstens zehn Kilometer von der Hauptstadt entfernten La Laguna angelangt. La Laguna liegt auf einer Hochebene, fünfhundert Meter über dem Meere, und das sichert ihm eine angenehme Temperatur, ebenso wie infolgedessen Moskitos hier völlig unbekannt sind. Diese Vorzüge haben den Ort zu einer Villegiatur der Einwohner von Santa, Cruz gemacht, da hier unter großen Bäumen meist Europäer Erholung suchen.
Eine Straße in Santa-Cruz.
Trotz dieser Annehmlichkeiten ist La Laguna aber doch eine dem Verfall zueilende Stadt. Man trifft wohl hier noch auf schöne Kirchen, ebenso aber auf viele in Ruinen liegende Gebäude. Zwischen dem Pflaster seiner Straßen sprießt überall Gras auf, das ebenso das Dach vieler Häuser bedeckt.
Es konnte natürlich nicht davon die Rede sein, sich in der todesstillen Stadt, wo die Traurigkeit ansteckend zu sein scheint, irgendwie länger aufzuhalten.
Am nächsten Morgen verließen die Touristen schon diese entthronte Königin mit der Post, die zwischen La Laguna und Orotava täglich zweimal hin-und herfährt.
Ansicht von Santa-Cruz.
Bei dem schläfrigen Trab, in dem die fünf Kracken den Wagen, die »Coche«, fortschleppten, wurden vier Stunden nötig, die dreißig Kilometer zwischen La Laguna und Orotava zurückzulegen. Ohne daß einer der Reisenden sich gemüßigt sah, abzusteigen, fuhr die Gesellschaft durch Tacoronte hin, das ein Museum hat, welches eine merkwürdige Sammlung von Guanchenmumlen, Waffen und Werkzeugen dieses untergegangenen Volkes enthält; weiterhin führt der Weg über Sanzal, das aus seinen Lavabrüchen reiche Einnahmen erzielt, über Mantaza, die »Tuerie«, deren Name an ein blutiges Gefecht erinnert, über die Victoria, den Schauplatz eines andern einstigen Kampfes, und endlich über Santa-Ursala. Erst von letzterer Stadt aus lenkt die Straße in das Tal von
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