Das Reisebureau Thompson und Comp.
Orotava ein, das ein berühmter Reisender, Alexander von Humboldt, für das schönste der ganzen Erde erklärt hat.
Tatsächlich dürfte es schwierig sein, sich ein noch harmonischeres Bild vorzustellen. Zur Rechten dehnt sich die Fläche des uferlosen Meeres aus, zur Linken liegt eine Anhäufung von wilden schwarzen Pics, den äußersten Vormauern des Vulkans – seine Söhne, in der malerischen Sprache des Landes – während der Vater, der Teyde selbst, sich dahinter in stolzer Majestät erhebt. Dazwischen dehnt sich, voll des üppigsten Grüns, das Tal von Orotava aus.
Je näher man herankam, desto mehr schien der Gipfel des Teyde am Horizont herunterzusinken, und er verschwand ganz, als zwischen den Bäumen die ersten Häuser der beiden Orotava, des einen, der Stadt, die fünf Kilometer vom Meere entfernt liegt, und des andern, des Hafens, dreihundertachtzig Meter unter jener, sichtbar wurden. Als dann die Coche bei der ersten ankam, hielt ein von Rauch umgebner Punkt an der andern an. Dieser Punkt war die »Seamew« mit ihrer Fracht von Passagieren.
Die Coche hatte vor einem recht einladend aussehenden Hotel angehalten, dem Hôtel des Hesperides, wie in Goldbuchstaben an seiner Front zu lesen war. Morgan, der zuerst vom Wagen gesprungen war, fühlte sich angenehm überrascht, sich in seiner Muttersprache begrüßt zu hören. Das Hôtel des Hesperides wurdenämlich von einem Franzosen bewirtschaftet, der sich nicht weniger erfreut darüber zeigte, unter den neuen Ankömmlingen zwei Landsleute zu entdecken. Wie eifrig war er da, alle zu bedienen! Wie sorgfältig hatte er für sie das Frühstück herrichten lassen! Die so lange an die Tafel der »Seamew« gewöhnten Touristen waren ganz außer sich vor Verwunderung. Noch einmal triumphierte hier die französische Küche.
Gleich nach dem Essen begab sich Morgan nach dem Hafen hinunter, um mit Thompson den Ausflug des folgenden Tages zu besprechen. Nachdem er von diesem die nötige Weisung erhalten hatte, kehrte er eiligst zurück und brachte zwei mit Decken und Paketen beladne Wagen mit.
Obgleich es erst Nachmittag vier Uhr war, blieb ihm nicht viel Zeit übrig, einen so bedeutenden Ausflug genügend vorzubereiten. Seine Aufgabe wurde ihm jedoch durch die bereitwillige Unterstützung des Inhabers der Hesperiden erleichtert, der mit allen örtlichen Hilfsquellen sehr vertraut war und ihm jede gewünschte Auskunft gab, so daß er nur dessen Anweisungen zu folgen brauchte. Immerhin genügte der Tag dazu nicht, Morgan mußte noch den Abend zu Hilfe nehmen, so daß er nicht einmal zur Tafel erscheinen konnte.
Diese stand hinter dem Frühstück nicht zurück. Die Passagiere der »Seamew« fragten sich, ob sie wohl träumten, und sahen Thompson verstohlen und beunruhigt an. War der das wirklich? Oder hatte er nicht wenigstens den Verstand verloren? Noch ein weniges mehr, und alle hätten ihm wirklich aus Anerkennung laut zugejubelt.
Einen gab es aber dennoch, der die Waffen nicht strecken wollte.
»Da muß man wirklich glauben, daß die Heuschrecken nicht bis Teneriffa gekommen sind, bemerkte Saunders mit höhnender Stimme.
– O, die kommen niemals weiter als bis Gran Canaria,« antwortete der Hotelier, der ja den Hohn in diesen Worten nicht verstand und der es sich zum Vergnügen machte, die Gäste in eigner Person zu bedienen.
Saunders warf ihm einen wütenden Blick zu. Was brauchte er die geographische Belehrung des Mannes? Die Antwort, die Thompson in gewissem Maße als schuldlos hinstellte, verfehlte aber nicht ihre Wirkung! Mehr als ein Tourist sprach dem General-Unternehmer seinen Dank mit einem Blick aus, der auf den Wiederanfang eines bessern Einvernehmens schließen ließ.
Diese glücklichen Verhältnisse blieben in der Nacht dieselben. Gut ernährt, fanden alle auch ein gutes Lager, und das Morgenrot des 18. Juni traf die Touristen in bester Laune zum Aufbruche bereit.
Eine wirkliche Armee, Infanterie und Kavallerie, erwartete sie um sechs Uhr morgens.
Von fünfundsechzig hatte der Abgang mehrerer Deserteure im Hafen von La Luz der »Seamew« nur noch neunundfünfzig Passagiere, den Dolmetscher-Cicerone und den General-Unternehmer inbegriffen, übriggelassen. Weiter aber war deren Zahl infolge besonderer Umstände jetzt von neunundfünfzig auf einundfünfzig zurückgegangen.
Bei drei dieser Dissidenten kannte man ja die Gründe dazu schon längst. Da war zunächst das junge Ehepaar, das, wie gewöhnlich, auch hier gleich nach der Ankunft in
Weitere Kostenlose Bücher