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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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kleinlich mäkelnden Passagier einmal vom Programme abweichen zu lassen. Heute war er wirklich außerstande, es einzuhalten. Wie hätte er zum Gipfel hinaufklettern sollen, wenn ihm schon die geringste Bewegung die grausamsten Schmerzen machte. Offenbar hatte die nächtliche Kühle seinen vornehmen Gliedern und Gelenken geschadet. Auf Canaria ein einfacher Prolog, verwandelte sich der Rheumatismus auf Teneriffa zum Drama.
    Der andre Passagier hätte keinen so genügenden Grund anführen können. Er befand sich völlig wohl und – ein erschwerender Umstand – er hatte besondere Veranlassung, jetzt Mut zu zeigen. Es bedarf jedoch keiner weitern Gründe für einen lendenlahmen Mann, der Thompson augenblicklich war. Er antwortete auch nur auf den Weckruf Ignacio Dortas mit einem unverständlichen Gemurmel und ließ die letzten Passagiere ohne seine Begleitung abmarschieren. Seiner Ansicht nach hatte er für ihr Glück schon genug getan.
    Sechs Bergsteiger hatten also nur den Mut, auch die fünfhundertfünfunddreißig Meter in Angriff zu nehmen, die den Gipfel von der Schutzhütte der Alta Vista trennen. Diese fünfhundertfünfunddreißig Meter, die man nur zu Fuß überwinden kann, bilden tatsächlich die schwierigste Wegstrecke. In der dunkeln Nacht, die kaum durch die von den Führern getragenen Fackeln ein wenig erhellt wurde, war der Marsch über den beweglichen Boden, dessen Neigungswinkel von Meter zu Meter stieg, sehr unsicher. Außerdem nahm die Kälte noch mehr zu, und bald sank das Thermometer bis unter Null. Die unternehmenden Touristen litten auch schwer unter dem Winde, der allen wie Eisnadeln ins Gesicht schlug.
    Nach zwei Stunden beschwerlichen Aufstiegs wurde Rambleta, ein kleines rundes Plateau, erreicht, das die Sohle der höchsten Spitze umsäumt. Von hier aus waren noch hundertundfünfzig Meter zu überwinden.
    Mr. Saunders sah man es jetzt deutlich an, daß er diese hundertfünfzig Meter nicht mehr zu steigen imstande wäre. Kaum auf der Rambleta angelangt, streckte er sich, so lang er war, auf dem Boden aus und blieb trotz aller Ermahnungen der Führer unbeweglich liegen. Der mächtige, sonst so kräftige Körper war jetzt, wie man sagt, völlig ausgepumpt. Seinen weiten Lungen fehlte es an Luft, sein Gesicht hatte sich bläulich gefärbt und er atmete nur mühsam. Ignacio Dorta beruhigte aber seine ängstlichen Begleiter.
    »Das ist nur die gewöhnliche Bergkrankheit, sagte er. Der Herr wird sofort wieder hergestellt sein, wenn er bergabwärts geht.«
    Hierdurch beruhigt, nahmen die fünf Überlebenden des Gemetzels ihren wechselvollen Aufstieg wieder auf. Diese letzte Strecke erschöpfte sie aber mehr als jede andre.
    Auf dem um fünfundvierzig Grad geneigten Boden wollte jeder Schritt sorgsam berechnet sein, und es brauchte viel Zeit und große Anstrengung, auch nur einige Zentimeter weiterzukommen. Das verlangte einen ungeheuern Aufwand von Kräften, der bei der stark verdünnten Luft nur noch empfindlicher wurde.
    Nach Zurücklegung des ersten Drittels dieses Weges mußte auch Jack sich für besiegt erklären. Völlig außer Atem und von Übelkeiten schwer heimgesucht, sank er schwerfällig zu Boden. Seine ihm vorausgehenden Gefährten bemerkten nichts von seinem Unwohlsein und setzten ihren Weg fort, während der letzte Führer bei dem außer Gefecht gesetzten Touristen zurückblieb.
    Fünfzig Meter weiter oben kam Dolly an die Reihe. Mit leichtem, etwas spöttischem Lächeln empfahl ihr Roger, sich ganz ruhig zu verhalten, und sein listiger Blick folgte Alice und Morgan, die unter der Führung Ignacio Dortas endlich den obersten Gipfel erreichten.
    Noch war es Nacht. Immerhin gestattete ein zerstreutes schwaches Licht, wenigstens den Erdboden, über den sie gingen, einigermaßen zu erkennen.
     

    Das Maultier setzte seine Last einfach auf den Boden ab. (S. 333)
     
    Der Führer, der sich gleich zurückzog, hatte Alice und Morgan noch nach einer Aushöhlung des Berges geleitet, wo sich die bisher eisige Temperatur zu einer recht angenehmen ermäßigte.
    Bald bemerkten die beiden bei dem langsam zunehmenden Licht, daß sie in einem reichlich vierzig Meter tiefen Krater des Vulkans selbst Schutz gefunden hatten. Auf allen Seiten rauchten hier Fumarolen. Der schwammartige und heiße Boden war vielfach durchlöchert.
    Überall drangen schweflige Dämpfe daraus hervor. Der Rand des Kraters zeigte sich sehr scharf abgeschnitten. Bis zu ihm herauf herrschte das Reich des Todes, ohne ein lebendes

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