Das Reisebureau Thompson und Comp.
würden Sie selbst von mir denken, wenn ich Ihnen Veranlassung gäbe, je anzunehmen, daß ich es gewagt hätte… gewagt hätte…«
Morgan unterbrach sich schnell und verschloß mit größter Mühe in sich das nicht wieder gut zu machende Wort, das er sich niemals auszusprechen gelobt hatte. Doch schwieg er jetzt nicht schon zu spät? Hatte er nicht genug gesagt, daß Mrs. Lindsay ihn verstehen mußte?
Wenn es an dem war, und hatte Alice das Wort erraten, das ihm auf der Zunge lag, so schien es doch, als ob sie das nicht fürchtete. Durch einen eignen Fehler in eine Lage ohne Ausgang versetzt, trat sie dieser entschlossen entgegen, ohne sich ihr durch kindische Ausflüchte zu entziehen zu suchen. Ohne Scheu hatte sie sich Morgan gerade zugewandt.
»Nun, und..? sagte sie ruhig. Vollenden Sie Ihre Worte.«
Morgan war es, als ob ihm der Boden unter den Füßen fehlte. Seine letzten Entschlüsse wurden wankend. Ermüdet gab er den Kampf auf. Noch eine Sekunde, und sein übervolles Herz schrie sein Geheimnis hinaus…
Da rollte zehn Schritte von ihnen ein Stein hin und gleichzeitig hörte man ein heftiges Aufhusten in der verdünnten Luft. Gleich darauf erschien Roger mit der sehr hinfälligen Dolly und Ignacio Dorta, der zu diesen hinuntergestiegen war, ihnen auf der letzten Strecke zu helfen.
Roger erkannte auf den ersten Blick die Verlegenheit seiner Freunde und verstand, ohne sich’s merken zu lassen, sie bald von dem auf ihnen lastenden Drucke zu befreien. Ein kaum bemerkenswertes Lächeln flog dabei aber doch über sein Gesicht, während er, überall hinweisend, anfing, Dolly das ungeheure Panorama zu erklären, das sich vor ihren Augen ausbreitete.
Sechstes Kapitel.
Ein Unfall zur rechten Zeit!
Am 11. Juni um zehn Uhr des Morgens verließ die »Seamew« den Hafen von Orotava. Nach dem Programm hätte das bereits am 7. früh sechs Uhr geschehen sollen, da aber schon eine Verspätung um vier Tage vorlag, glaubte Thompson nichts darin zu finden, wenn er diese um vier Stunden verlängerte. Das hatte ja nicht viel zu bedeuten, da man auf der Heimreise begriffen war und die Passagiere damit Gelegenheit fanden, wieder einmal gründlich auszuruhen.
Man sieht, Thompson fing wieder an, den Liebenswürdigen zu spielen. Jetzt, wo ihn jede Umdrehung der Schraube dem Kai der Themse näher brachte, hielt er es für angezeigt, seine Passagiere, unter denen er ja so manche Feinde hatte, auf alle mögliche Weise milder zu stimmen. Auf einer sechstägigen Fahrt kann ein geschickter Mann vieles wieder gut machen und viele Leute wieder für sich gewinnen. Und wozu hätte ihm ferner auch ein frostiges Benehmen genützt? Einen weitern Halteplatz gab es nicht mehr, und an Bord der »Seamew« war nicht zu befürchten, daß von neuem Verdrießlichkeiten vorkämen.
Die zarte Aufmerksamkeit des General-Unternehmers wurde auch von den Passagieren freudig anerkannt. Alle machten heute Blauen Montag. Nicht ein einziger hatte seine Kabine verlassen, bevor die »Seamew« abfuhr.
Eine zweite zarte Aufmerksamkeit bestand darin, daß der Kapitän Pip auf Thompsons Verlangen eine kleine Rundfahrt begonnen hatte: ehe der Kurs nach England eingeschlagen wurde, sollte zwischen Teneriffa und Gomera hin und dann um die Insel Ferro gefahren werden, was entschieden ein herrlicher Weg war. Dann sollte es auf Palma zu gehen, vor dem man die Nacht über zu ankern gedachte; das war aber ein umwichtiges Detail, während es hauptsächlich darauf ankam, den Lauf des Schiffes nicht zu verlangsamen. Nach diesem flüchtigen Blicke auf die Gruppe der Kanarischen Inseln, würden die Passagiere, wenn sie am folgenden Morgen erwachten, gewiß erfreut sein, auf der hohen See zu schwimmen.
Entsprechend dem abgeänderten Programm glitt die »Seamew« mit vorschriftsmäßiger Geschwindigkeit von zwölf Knoten in der Stunde längs der Westküste Teneriffas hin, als die Glocke zum Frühstück rief.
Der Tischgäste waren nur wenige; ob wegen Müdigkeit oder aus anderm Grunde, jedenfalls ließen sich viele von ihnen nicht aus ihren Kabinen herauslocken.
Der Abstieg vom Pic war übrigens schneller vor sich gegangen und weit leichter gewesen als der Aufstieg. Nur die, die bis zu dessen Spitze vorgedrungen waren, hatten dabei einige Schwierigkeiten zu überwinden gehabt. Wenn es sich bis zur Alta Vista eigentlich mehr um ein wirkliches Hinabgleiten gehandelt hatte, so mußten sie von diesem Punkte aus wieder ihre Maultiere besteigen und von neuem dem Schleifenweg
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