Das Reisebureau Thompson und Comp.
haben. In seinen kleinen Augen, die den Vollmond seines Gesichtes unterbrachen, leuchtete eine gewisse Unruhe auf, wenn er die weniger reichlich besetzte Tafel verließ.
Wenn auch besser unterrichtet, empfanden seine Gefährten das neue und noch frugalere Regime nicht weniger unangenehm.
Als der von Thompson über die Sachlage unterrichtete Kapitän Pip den Passagieren die betrübliche Neuigkeit mitteilte, wäre bald ein allgemeiner Aufruhr der Verzweiflung ausgebrochen. Mit einigen bestimmten und ruhigen Worten suchte er die in Furcht gejagte Herde einigermaßen zu beruhigen.
Die Sachlage war klar. Lebensmittel waren nur noch für eine reichlichere Mahlzeit vorhanden. Gut; statt einer solchen würde man sich mit vier dürftigeren begnügen müssen, das wäre alles, und damit reichte man bis zum Abend des 18. Juni. Bis dahin hätte man aber unfehlbar Land in Sicht oder wäre schon daran angekommen.
Die Entschiedenheit des Hauptmannes gab der Truppe ihren Mut ein wenig zurück. Man beschloß, sich mit Geduld zu wappnen. Wie traurig sahen aber die Gesichter alle aus! Wie trübselig gestimmt waren die Touristen, die früher so hoffnungsvoll mit abgereist waren!
Nur Baker fühlte sich vollkommen befriedigt. Er sah mit Vergnügen, wie die Gesellschaftsreise der Agentur Thompson Tag für Tag unglücklicher verlief. Die Menschen Hungers sterben zu lassen! Nein, das war ja köstlich! Wenn nur einer oder zwei Passagiere erst tot gewesen wären, dann hätte sein Glück keine Grenzen gekannt.
Das hätte dem Fasse den Boden ausgeschlagen. Doch auch wenn es nicht dahin kam, hielt er seinen Gegner für endgültig zermalmt, und mit einer Geste, zu der er unverständliche Worte murmelte, strich er den Namen Thompson aus der Liste der englischen Reiseunternehmer.
Für die Gefahr, die ihm selbst drohte, schien er keinen Sinn zu haben; es sah fast so aus, als ob der rachgierige, gallige Engländer einen Talisman für den Hunger besäße.
Der 17. verlief unter der Herrschaft des neuen Ernährungssystems, das übrigens gar nicht so schmerzlich empfunden wurde. Halbleere Magen machen aber auch schwächere Gehirne, und die Demoralisation nahm deshalb unter den Passagieren immer mehr überhand.
Am 18. Juni fing der Tag in recht trauriger Weise an. Die Reisenden sprachen nicht miteinander, vermieden, ja flohen sogar einer den andern, alle starrten nur gespannt nach Süden hinaus, wo noch kein Land zu sehen war.
Beim Frühstück wurde das letzte Stück Brot verzehrt. Wenn sich bis zum Abend noch kein Land zeigte, wurde die Lage tatsächlich höchst ernst.
Im Laufe des Tages unterbrach eine Abwechslung die allgemeine Mißstimmung, und diese, vielleicht etwas grausame Abwechslung lieferte wie gewöhnlich Mr. Blockhead.
Der unglückliche Ehren-Krämer hatte entschieden in allem Pech. Als die letzten Nahrungsmittel zu fehlen begannen, konnte er seinen Anteil nicht einmal genießen. Das dazu nötige Instrument war nicht in seiner Hand oder vielmehr nicht in seinem Munde.
Welch ein törichter Gedanke aber auch, sich zum Aquilo (Gott des stürmischen Nordwindes) zu machen. Die Zahnfleischentzündung, die ihm diese Phantasie eingebracht hatte, besserte sich bis jetzt nicht nur nicht, sondern verschlimmerte sich vielmehr von Tag zu Tag, und die Wangenanschwellung nahm dabei einen wahrhaft phänomenalen Umfang an.
Blockhead konnte die Qual nicht mehr aushalten. Er suchte Thompson auf und verlangte von ihm in einem Tone, den der Schmerz etwas heftig erscheinen lassen mochte, er solle ihm Linderung verschaffen. Hätte er nicht einen Arzt mit an Bord haben sollen?
Thompson betrachtete mit trauriger Miene diesen neuen Feind seiner Ruhe. Also so weit ging es! Welchen Fußtritt würde ihm die Zukunft nun wohl noch aufgespart haben?
Die Beschwerden Blockheads waren indes so wenig zu verkennen, daß er wenigstens den Versuch machen wollte, ihnen abzuhelfen. Man braucht ja nicht gerade Arzt zu sein, um einen Zahn ausziehen zu können. Dazu eignet sich schon, wer eine Pinzette, im Notfalle eine Zange zu handhaben versteht. An Bord gab es ja eine ganze Menge Leute, die mit solchen Instrumenten umzugehen wußten. In der Güte seines Herzens führte Thompson deshalb den Leidenden nach dem Logis der jetzt unbeschäftigten Mechaniker.
Einer von diesen erklärte sich sofort bereit und machte sich anheischig, die Operation auszuführen. Es war das ein großer Bursche mit geröteter Haut, rötlichem Haar und von herkulischem Bau. Ohne Zweifel hatte er
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