Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
Vom Netzwerk:
um jeden Preis Anker zu werfen.
    Wenn man sich vor drei Anker – die beiden Anker der Kranbalken und vor den der großen Luke – legte, und jedem davon hundert Faden Kette nachschießen ließ, hoffte er den Sturm abreiten zu können, wenn der von neuem losbrach.
    Mit Sicherheit war darauf leider nicht zu rechnen; weit eher mußte man befürchten, daß die Ketten sprängen und die Anker verloren gingen. Immerhin war das Gegenteil einigermaßen zu hoffen, und diese letzte Hoffnung wollte ein so energischer Mann wie Pip nicht unnötig aufgeben.
    Der Kapitän ließ also die Anker vor die Balken legen und die Kette zum Ablaufen fertig machen. Der letzte Befehl zum Ankern sollte erst erfolgen, wenn die Verhältnisse das unumgänglich nötig machten.
    Plötzlich hatte das Meer, ohne daß etwas die seltsame Erscheinung angekündigt hätte, rings um die »Santa-Maria« geradezu zu kochen angefangen. Das Wasser wirbelte tosend und mit lautem Klatschen an die Schiffswand schlagend durcheinander.
    An Bord des Schiffes erhob sich ein ängstliches Geschrei. Nur der Kapitän behielt seine Ruhe und beobachtete scharfen Auges den neuen Angriff, dem das Fahrzeug ausgesetzt war. Ohne viel Zeit zu verlieren, die Ursache der unerwarteten Erscheinung zu erkennen, beeilte er sich, sie bestens zu benutzen. Die Brandung trieb die »Santa-Maria« der Küste zu, und dank einem günstigen Zufall unter einer schwachen westlichen Brise gehorchte sie jetzt wieder einigermaßen dem Steuer. Vielleicht gelang es nun doch, sich dem Ufer noch mehr zu nähern und unter bessern Verhältnissen zu ankern.
    Vor dem Bug unterbrach auch ein schmaler Kanal den Kranz der Klippen, hinter dem eine Fläche ruhigen Wassers vor einem zweiten Klippengürtel sichtbar wurde. Gelang es dahin zu kommen, so konnte man alles und alle als gerettet betrachten. In dem Naturhafen mußte die von ihren Ankern festgehaltene »Santa-Maria« auch einer Wiederkehr des zu erwartenden Orkans Widerstand leisten können. Wenn sich das Wetter dann endgültig zum Bessern wendete, sollte sie durch den engen Kanale aufs neue aufs offene Meer hinausgehen.
    Der Kapitän ergriff selbst das Steuer und wendete den Bug dem Lande zu. Das eigentümliche Aussehen des Meeres beunruhigte ihn aber doch noch immer, und er ließ zunächst das Deck von allem säubern, was sich da und dort darauf befand. Ebenso mußten alle Passagiere und alle, die nicht als Seeleute tätig waren, sich ins Innere des Schiffes begeben.
    Nachdem das geschehen war, fühlte sich der Kapitän ordentlich erleichtert. Unter der Hand ihres Meisters fuhr die »Santa-Maria« in den Kanal ein und gelangte auch glücklich hindurch.
    Da rief der Kapitän: »Anker werfen!«
    Dazu fehlte es aber an Zeit.
    Urplötzlich hatte sich auf dem Meere eine ungeheure, riesige Welle erhoben, und dieser Schnelläufer des Ozeans wälzte sich im Galopp über die Wasserfläche hin. Binnen drei Sekunden hatte sie das Schiff erreicht.
    Wenn es von dieser an der Langseite getroffen wurde, wäre es umgeworfen, zerstört, völlig vernichtet und in kleine Stücke zerschmettert worden. Dank dem Manöver seines Kapitäns aber bot es der furchtbaren Woge seinen Achter, und das war seine Rettung. Die »Santa-Maria« wurde wie eine Feder in die Höhe gehoben, während eine wahre Wasserhose auf das Deck niederschlug, dann lief sie, von deren schäumendem Kamm getragen, mit der Geschwindigkeit einer Kanonenkugel auf das Land zu.
    An Bord war alles in schrecklichster Verwirrung. Die einen hielten sich fest, wo sie konnten, andre wurden vom Wasser bis in die gemeinschaftliche Kajüte überflutet, und Mannschaft und Passagiere hatten völlig den Kopf verloren.
    Nur der Kapitän Pip bewahrte seine unerschütterliche Ruhe.
    Fest auf seinem Posten, überwachte er das Schiff, und seine Hand hatte das Steuer nicht losgelassen, an das er sich bei diesem Aufruhr der Elemente anklammerte. Als ein Mann, der ja den Gewalten der Natur gegenüber so klein ist, beherrschte er sie doch noch immer, mochte es auch ihr Wille sein, ihn dem Tode entgegenzutreiben. Nichts entging seinem Blicke, der jetzt nicht einmal durch den gewöhnlichen Strabismus getrübt war. Er sah die Wogen donnernd an die Klippen anprallen, daran zerschellen, dann als Schaumberg desto höher aufsteigen und sich über das Ufer ergießen, während die Katarakten des Himmels, die sich plötzlich geöffnet hatten, ihre Verwüstung mit der der Erde vermengten.
    Die »Santa-Maria« hatte sich, ein gutes Fahrzeug,

Weitere Kostenlose Bücher