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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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anrufend. Was?… Wie?… Das sagen Sie?… Das Programm verspricht einen Dolmetscher, der alle Sprachen versteht?… Nun ja, das steht ja deutlich gedruckt zu lesen. Hat sich jemand von Ihnen – er wandte sich an die Um, stehenden – deshalb vielleicht zu beklagen?«
    Thompson sah sich mit triumphierender Miene im Kreise um.
    »Nein!… Also sind Sie es ganz allein, mein Herr! Ja, alle Sprachen kennt der Dolmetscher, natürlich aber die holländische nicht. Das ist ja überhaupt keine wirkliche Sprache, sondern nur ein Dialekt, höchstens ein Patois, mein Herr, dabei bleibe ich! Wenn ein Holländer verstanden zu werden erwartet, mein Herr, merken Sie sich das… da muß er hübsch zu Hause bleiben!«
    Ein donnerndes Gelächter brach in dem Kranze der Zuhörer aus, fand ein Echo bei den Schiffsoffizieren und verbreitete sich dann noch unter der Mannschaft bis hinab zum tiefsten Raume. Zwei Minuten lang wurde der Dampfer von einem wenig teilnahmsvollen, aber ununterdrückbaren Lachkrampfe erschüttert.
    Thompson verließ kaltblütig seinen völlig niedergeschmetterten Feind und begab sich wieder auf das Spardeck, wo er, sich mit wichtiger Miene die Stirn abwischend, zwischen den hier verweilenden Passagieren umherspazierte.
    Das allgemeine Gelächter war noch nicht verstummt, als die Glocke – es war die Mittagsstunde – zum zweiten Frühstück rief.
    Thompson dachte jetzt sogleich wieder an Tigg, den er über dem Zwischenfall mit Piperboom vergessen hatte. Wenn man den Mann von seinem selbstmörderischen Vorhaben abbringen wollte, galt es unbedingt, ihn nach allen Seiten zufrieden zu stellen und ihm jedenfalls an der Tafel einen guten Platz anzuweisen.
    Was Thompson jedoch jetzt sah, beruhigte ihn vollständig. Die Geschichte Tiggs trug bereits ihre Früchte. Gefühlvolle Seelen nahmen sich des Verzweifelten an. Von den beiden Töchtern Blockheads begleitet, war Tigg auf dem Wege zum Speisesaale, und zwischen diesen nahm er auch an der Tafel Platz. Es entspann sich ein ordentlicher Wettkampf, wer ihm ein Kissen unter die Füße schieben, ihm das Brot vorschneiden oder ihm die leckersten Speisen vorlegen sollte. Die beiden Mädchen entwickelten einen wirklich frommen Eifer und vernachlässigten nichts, in ihm wieder die Lust zu leben und vielleicht zu… heiraten zu erwecken.
    Thompson setzte sich an der Mitte der Tafel nieder und Kapitän Pip ihm gegenüber. Als Nachbarinnen hatten die beiden Lady Heilbuth, Lady Hamilton und zwei andre vornehme Damen.
    Die übrigen Passagiere hatten, wie es der Zufall fügte oder eine schon etwas nähere Bekanntschaft sie zusammenführte, in bunter Reihe Platz genommen. Morgan, der aus Höflichkeit einen Sessel am Ende der Tafel gewählt hatte, saß hier zwischen Roger de Sorgues und Saunders, nicht weit von der Familie Lindsay… ein Zufall, über den er sich nicht beklagte.
    Zu Anfang verlief das Mahl unter allgemeinem Schweigen; als aber der erste Appetit befriedigt war, begannen zuerst Gespräche zwischen je zweien, dann folgten solche zwischen einzelnen Gruppen, bis endlich ein allgemeines Geplauder im Gange war.
    Nach Austragung des Nachtisches hielt es Thompson für angezeigt, einen der Gelegenheit angepaßten Speech zu halten.
    »Meine Damen und Herren, rief er im Rausche selbstgefälligen Triumphes, ist es nicht wirklich herrlich, in dieser Weise zu reisen? Wer von uns würde nicht immer gern die Speisesäle der Hotels auf dem Lande gegen diesen schwimmenden Speisesaal vertauschen?«
    Diese Einleitung fand einstimmigen Beifall. Thompson fuhr fort:
    »Nun vergleichen Sie gefälligst einmal unsre Lage mit der auf einer Einzelreise. Allein auf die eignen Hilfsmittel angewiesen, darauf beschränkt, nur immer Selbstgespräche zu halten, bewegt man sich doch in bedauernswerter Weise von einem Orte zum andern. Wir dagegen genießen den Vorzug eines luxuriösen Unterkommens, und jeder findet unter den Reiseteilnehmern gewiß einen liebenswürdigen, passenden Gesellschafter. Wem aber, hochgeehrte Anwesende, wem verdanken wir alles das, wem verdanken wir es, für so verschwindend niedrigen Preis einen unvergleichlichen Ausflug machen zu können, wenn nicht der bewundernswerten Erfindung der Gesellschaftsreisen, die es, in einer neuen Form der Kooperation, jedem ermöglichen, deren Vorzüge mit zu genießen?«
    Ermüdet von diesem langen Satze, schöpfte Thompson erst einmal tief Atem. Er wollte dann eben seine Lobrede fortsetzen, als ihm ein Zwischenfall das Konzept

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