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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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verdarb.
    Schon seit einigen Minuten erbleichte der junge Abel Blockhead zusehends. Während er in der freien Luft noch verschont geblieben war von den ersten Symptomen der Seekrankheit, dieser so gewöhnlichen Wirkung des Wogenganges, der übrigens allmählich an Stärke zunahm, meldete sich bei ihm das peinliche Übel, sobald er das Deck verlassen hatte. Erst etwas gerötet, sah er nachher weiß aus, und die weiße Farbe verwandelte sich zu einer grünlichen, als eine anschlagende Woge die Krankheit zum Ausbruche brachte: während das Schiff in das Wellental zurücksank, beugte sich der Knabe über seinen Teller nieder.
    »Eine tüchtige Dosis Ipekakuanha hätte auch nicht besser wirken können,« erklärte der phlegmatische Saunders unter allgemeinem Stillschweigen.
    Der Zwischenfall erregte natürlich eine nicht geringe Störung. Mehrere Passagiere hatten sich voller Widerwillen abgewendet, und für die Familie Blockhead war er das Signal zu schleunigster Flucht. In einer Minute schillerten über die Gesichter ihrer Mitglieder alle Farben des Regenbogens hinweg, dann schnellten die beiden Töchter in die Höhe und entflohen in größter Eile, indem sie Tigg seinem Schicksale überließen. Die Mutter trug ihren unglücklichen Sprößling auf den Armen davon, und ihren Spuren folgte Absyrthus Blockhead, der sich mit den Händen den auch schon rebellischen Magen hielt.
    Als die dienstbaren Geister die Ordnung wiederhergestellt hatten, versuchte Thompson seine dithyrambische Ansprache fortzusetzen. Die Tischgenossen waren aber nicht mehr in der richtigen Stimmung. Mit erschlafften Zügen erhob sich jeden Augenblick einer von den Passagieren und verschwand, um in der freien Luft ein zweifelhaftes Hilfsmittel gegen das grausame und doch komische Leiden zu suchen, das immer mehr Opfer forderte. Bald war die Tafel von zwei Dritteln der Gäste verlassen, und nur die Seefestesten hielten noch auf ihrem Platze aus.
    Zu diesen gehörten die Hamiltons. Wie hätte es die Seekrankheit auch wagen können, so hochvornehme Persönlichkeiten zu überfallen? Deren würdigen Ernst hatte nichts stören können. Sie speisten in gemessener Haltung weiter unter vollkommener Nichtbeachtung der Wesen, die sie umgaben.
    Lady Heilbuth dagegen hatte zum Rückzug blasen müssen. Der Dame folgte ihr Diener, der, den erwählten vierbeinigen Liebling tragend, auch schon unverkennbare Vorzeichen der Krankheit verriet.
    Unter den Überlebenden des Gemetzels befand sich ebenfalls Elias Johnson. Wie die Hamiltons, bekümmerte auch er sich nicht im mindesten um die übrige Welt, obwohl seine Interesselosigkeit keineswegs aus Mißachtung entsprang. Er aß; vor allem trank der Mann. Die Gläser vor ihm füllten und leerten sich wie durch ein Wunder und zum größten Entsetzen seines Nachbars, des Geistlichen Cooley. Auf Johnson machte das aber keinen Eindruck, er befriedigte seine Leidenschaft schamlos weiter.
    Wenn Johnson dem Getränke huldigte, so hielt sich Van Piperboom – aus Rotterdam – ans Essen, und während das Ellbogengelenk des einen eine große Geschmeidigkeit erkennen ließ, handhabte der andre seine Gabel mit bemerkenswerter Maëstria. Jedes Glas, das Johnson trank, beantwortete Piperboom mit dem Verschlucken eines gewaltigen Bissens. Von seiner Wut jetzt völlig geheilt, zeigte er ein ruhiges, zufriedenes Antlitz. Offenbar hatte er sich mit der Sachlage abgefunden und seine Sorgen auf später verschoben… vorläufig ernährte er sich einfach, doch wirklich nicht zu wenig.
    Ein Dutzend Passagiere, darunter Morgan, die Lindsays, Roger und Saunders, bekränzten mit den Genannten allein noch die große Tafel, an der Thompson und der Kapitän Pip wie vorher den Vorsitz einnahmen.
    Ein recht beschränkter Kreis, doch nach Thompsons Urteile nicht unwürdig, die ihm auf der Zunge brennende, so ungebührlich unterbrochene Rede weiter anzuhören. Das Schicksal war ihm aber feindlich gesinnt. Gerade als er den Mund auftun wollte, erschallte eine scharfe Stimme in dem herrschenden Schweigen.
    »Steward! rief Saunders, während er seinen Teller verächtlich zurückschob, kann man denn hier nicht zwei Eier auf den Mann bekommen? So wie hier ist es ja wahrlich kein Wunder, daß wir so viele Seekranke haben! Bei einer so kärglichen Abspeisung bliebe auch der Magen einer alten Teerjacke nicht gesund!«
    Das war nun freilich etwas übertrieben. Das Frühstück verdiente zwar nur die Zensur mittelmäßig, es war jedoch leidlich gut gewesen. Was

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