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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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Nordosten hob sich in weiter Ferne der Gipfel von Graciosa vom Himmel ab. Näher und mehr im Osten schien sich die lange Insel San Jorge auf den Wogen des Ozeans zu wiegen, und jenseits ihrer Berge und Ebenen deutete ein unbestimmter Dunstvorhang die Stelle an, wo Terceira an der Grenze zwischen Himmel und Wasser lag. Im Norden, Westen und Süden sah man nichts als das unendliche Meer, erst wenn man den Blick nach den genannten Himmelsgegenden und in derselben Reihenfolge hinwandern ließ, traf man plötzlich, wieder im Osten, auf die überwältigende Masse von Pico.
    Durch einen seltnen Zufall begünstigt, konnten die Reisenden den völlig dunstfreien Pic in all seiner leuchtenden Schönheit bewundern. Einem Könige gleich erhob er sich tausend Meter höher über die ihn umgebenden bescheideneren Berge, stolz und beherrschend in dem glänzenden Frieden dieses schönen Tages.
    Fünf Minuten wurden der Betrachtung des herrlichen Bildes gewidmet, dann zog die Gesellschaft weiter. Kaum zweihundert Meter von hier entrollte sich vor ihr eine Aussicht andrer Art: vor den Touristen, die in langer Linie an seinem, einen sechs Kilometer langen Bogen bildenden Rande standen, öffnete sich der alte Krater des Vulkans. An dieser Stelle stürzte der Boden schroff und ohne Unterbrechung ebenso tief ab, wie die Höhe betrug, die man mit so großer Beschwerde erklommen hatte. An den Wänden des sechshundert Meter tiefen Abgrundes sprangen nur launenhaft geformte Spitzen und Grate vor und bildeten zwischen sich schmale, kleine, von undurchdringlicher Vegetation angefüllte Täler.
    Ganz unten glänzte in den Strahlen der Sonne ein kleiner See, den ein Engländer unlängst aus… Langerweile mit gold-und silberschuppigen Karpfen bevölkert hatte. Um diesen See weideten Schafe, die wie weiße Flecke auf dem Hellgrün des Grases und neben dem Dunkelgrün dichteren Buschwerkes aussahen.
    Das Programm hatte zwar einen Abstieg in den Krater vorgesehen, bei der schon vorgeschrittenen Tagesstunde wagte Thompson jedoch eine Abweichung davon vorzuschlagen. Kaum könnte man’s glauben: einzelne erhoben doch dagegen Einspruch; die andern, und zwar die große Mehrzahl, stimmte jedoch für eine unmittelbare Rückkehr. Wunderbarerweise war gerade Sir Hamilton der entschiedenste Vertreter der Verächter des geschriebenen Gesetzes. Tatsächlich befand er sich auch in wirklich bedauernswerter Lage: vergeblich hatte er in der von Morgans Finger bezeichneten Richtung hinausgeblickt, vergebens sich getreulich nach Pico, San Jorge, Graciosa und Terceira hin gewendet und nach dem in der Tiefe des Berges gelegnen See hinuntergestarrt… seines unentbehrlichen Lorgnons beraubt, hatte er nichts von all diesen Naturwundern gesehen, und übrigens konnte die Befriedigung darüber ebensowenig bei den andern wie bei ihm die Leiden des knurrenden Magens ausgleichen.
    Die Majorität siegte also, wie das ja gewöhnlich der Fall ist, und die Gesellschaft schlug nun rückwärts den vorher zurückgelegten Weg ein. Für diesen brauchte sie nur eine kürzere Zeit. Ein viertel drei Uhr kamen die Touristen in das schon einmal passierte Dörfchen. Hier sollte, nach der Bestimmung Thompsons, gefrühstückt werden.
    Selbst die Unerschrockensten fühlten sich aber beunruhigt, als sie das elende, kaum ein Dutzend Hütten zählende Dorf betraten. Man fragte sich, wie Thompson nur habe hoffen können, hier ein Frühstück für hundertsiebenundzwanzig Kinnladen zu finden, die nach so langem Fasten alle auf Arbeit warteten. Übrigens zeigte es sich bald, daß Thompson diese Frage auch selbst nicht hätte beantworten können und daß er zur Lösung des schwierigen Problems nur auf seinen guten Stern gerechnet hatte.
    Die Karawane hatte in der Mitte des hier zur Dorfstraße verbreiterten Pfades Halt gemacht. Maultiere, Treiber und Touristen warteten gespannt der weitern Dinge, umgeben von einem Auflauf von Schweinen und Hunden, und dazwischen von stumpfsinnig erscheinenden Kindern, deren Zahl der legendären Fruchtbarkeit der azorischen Frauen alle Ehre machte.
    Nachdem sich Thompson längere Zeit recht ängstlich überallhin umgesehen hatte, kam er endlich zu einem Beschlusse. Er rief nun Morgan zu Hilfe und ging stracks auf die geräumigste Hütte zu, an deren Tür ein Mann von Räuberaussehen lehnte, der das ihm ungewohnte Schauspiel der englischen Karawane betrachtete. Nur mit Mühe konnte Morgan das barbarische Patois dieses Bauern verstehen. Das gelang ihm schließlich doch,

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