Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
Vom Netzwerk:
und Thompson konnte verkündigen, daß das Frühstück nach einer halben Stunde aufgetragen sein werde.
    Daraufhin entstand wieder ein unwilliges Gemurmel. Das hieß doch, alle Grenzen überschreiten. Thompson mußte alle seine Begabung zum Friedenstiften entwickeln. Von dem einen zum andern gehend, überbot er sich in Liebenswürdigkeiten und verschwendete die schmeichelhaftesten Komplimente. Man möge ihm nur für diese halbe Stunde Absolution erteilen; er habe ja angekündigt, daß das Frühstück halb drei Uhr bereit sein werde, und darauf könne man mit Sicherheit rechnen. Das sollte sich auch bestätigen.
    Der Bauer hatte sich schnell entfernt. Bald kam er mit zwei männlichen Eingebornen und mit fünf oder sechs Frauen zurück. Alle führten Tiere heran, die die Kosten der Mahlzeit bestreiten sollten, und darunter eine Kuh mit schön geschwungnen Hörnern, die aber nur achtzig Zentimeter hoch, also etwa so hoch wie ein großer Hund war.
    »Das ist eine Kuh von Corvo, erklärte Morgan, nur auf dieser Insel wird diese wohlgebaute, doch auffallend kleine Rasse gezüchtet.«
    Die kleine Herde und ihre Führer verschwanden in der Hütte. Eine Stunde später konnte Thompson melden, daß das Frühstück bereit sei.
    Das war freilich ein merkwürdiges Essen.
    Nur wenigen von den Touristen war es gelungen, in dem Häuschen einen Platz zu erobern. Die andern hatten sich, so gut es gerade anging, in der freien Luft niedergelassen, die einen auf einer Türschwelle, die andern auf einem großen Steine. Auf den Knien hielt jeder einen durchschnittenen Flaschenkürbis, der die Stelle des fehlenden Tellers vertreten mußte; an Löffel und Gabel war gleich gar nicht zu denken.
    Als Saunders diese Vorbereitungen sah, wurde er ordentlich aufgeheitert. War es denn möglich, daß anständige Leute sich die unglaubliche Rücksichtslosigkeit gefallen ließen, womit dieser Thompson sie behandelte? Das mußte doch Proteste, Zwistigkeiten und heftige Auftritte zur Folge haben. Saunders wurde durch diesen Gedanken in die prächtigste Laune versetzt.
    In der Tat schien es so, als ob der Zorn im Herzen der Passagiere schon aufquölle. Sie sprachen sehr wenig. Keinerlei Vorsorge bezüglich der Ausflüge, ein völliger Mangel an Organisation… nein, eine derartige Nachlässigkeit gegenüber seiner Reisegesellschaft nahm man dem General-Unternehmer allmählich übel.
    Morgan fühlte, ebenso wie Saunders, recht gut heraus, auf welch harte Probe Thompson durch seinen Mangel an Vorsorge die stellte, die sich ihm vertrauensvoll angeschlossen hatten. Welch ein Essen für diese behäbigen, an Bequemlichkeit gewöhnten Bürger, für die eleganten, reichen Frauen! Im Gegensatz zu Saunders erschien ihm die Situation hier aber gar nicht zum Lachen, er bemühte sich vielmehr, soweit es in seinen Kräften stand, die Fehler seines hierarchischen Chefs zu verbessern und zu vertuschen.
    Die Hütten des Dorfes eiligst absuchend, entdeckte er noch einen kleinen, halbwegs brauchbaren Tisch und zwei ziemlich vollständige Schemel. Mit Rogers Hilfe schaffte er diese Beute, die er den Lindsayschen Damen anbot, in den Schatten einer Zeder. Bei der Fortsetzung ihrer Jagd machten die jungen Leute noch andre Funde, wie Servietten, einiges Tischgerät, Messer und – welch ein Luxus! – Gabeln und drei zinnerne Löffel. In wenigen Minuten hatten die beiden Amerikanerinnen eine Tafel von verlockendstem Aussehen vor sich stehen.
    Wenn die zwei Franzosen eines Lohnes bedurft hätten, so würden sie sich durch den Blick, womit das Schwesternpaar ihnen dankte, reichlich befriedigt gefühlt haben. Dadurch, daß sie ihnen erspart hatten, mit den Fingern zu essen, hatten sie ihnen mehr als das Leben gerettet. Jeder Lohn wäre hier aber ein wucherisches Verlangen gewesen: die abwechslungsreiche Jagd hatte ihnen schon Vergnügen genug gemacht. In seiner heitern Stimmung gab Robert Morgan auch seine gewohnte Zurückhaltung auf; er lachte und scherzte und ließ sich gar nicht lange nötigen, an der durch seinen erfinderischen Eifer hergezauberten Tafel mit Platz zu nehmen.
    Inzwischen begann man das Frühstück – wenn dieser Euphemismus hier am Platze ist – aufzutragen. Die improvisierten Köche hatten sich hierzu zu malerischen Tafelmeistern verwandelt. Sie trugen durch die da und dort verstreuten Gruppen eine mächtige irdene Schüssel, aus der sie die Calebassen (Flaschenkürbisse) mit einer Art unerkennbaren Ragouts füllten, das stark gepfeffert war, um den

Weitere Kostenlose Bücher