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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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an das tragische Ende ihrer Eltern dachte. Sie war damals ein kleines Kind gewesen, und die gefühlsmäßige Leere hatte sie bis heute nicht wieder zu füllen vermocht. Nichts hatte ihre Eltern ersetzen und ihr die Wärme einer richtigen Familie geben können. Zum einzigen noch lebenden Verwandten, ihrem Großvater väterlicherseits, fehlte jeder Kontakt. Kurz vor der Tragödie hatten Elenas Vater und ihr Großvater einen heftigen Streit gehabt – sie wusste nicht, worum
es dabei gegangen war -, und anschließend wollten sie nichts mehr voneinander wissen. Da ihr Großvater es abgelehnt hatte, sich um sie zu kümmern, war sie auf ein Internat in die Schweiz geschickt worden, wo sie sich von ihrer Verzweiflung abgelenkt hatte, indem sie sich auf Schule und Sport konzentriert hatte. Sie erwies sich als eine Art Wunderkind, machte ihren Studienabschluss früher als alle anderen und nahm an zahlreichen Reitwettbewerben teil, die ihr internationalen Ruhm einbrachten. Aber sie hatte sich immer allein gefühlt und Liebe dort gesucht, wo sie sie nicht finden konnte oder wo es falsch war, nach ihr zu suchen.
    Das Klingeln des Backofens holte Elena aus ihren traurigen Erinnerungen. Sie stand auf, ging in die Küche und wollte sich gerade setzen, als es an der Tür läutete.
    »Ich bin’s,Andrea«, klang es aus der Sprechanlage. »Darf ich bitte raufkommen?«
    Elena wartete an der Tür. Sie freute sich nicht darüber, Andrea wiederzusehen, aber die Sache zwischen ihnen musste ein für alle Mal geklärt werden. Warum also nicht hier und heute? Der alte Aufzug kam ratternd nach oben und hielt mit einem Ruck an. Andrea trat aus der Kabine, lächelte unbefangen, drückte ihr einen Blumenstrauß in die Hand und schnüffelte wie ein Spürhund.
    »Ich wollte gerade essen«, sagte Elena. »Wie dreist von dir, hier einfach so aufzukreuzen, noch dazu um diese Zeit.Vielleicht erwartest du sogar von mir, dass ich dich zum Essen einlade!«
    »Soll ich später wiederkommen?«
    »Nein, bleib«, seufzte Elena und ließ ihn eintreten. Sie
steckte den Blumenstrauß in die erste Vase, die sie fand, führte Andrea in die Küche und deckte den Tisch auch für ihn. »Wir müssen miteinander reden.«
    »Einverstanden«, erwiderte er.
    »Wieso kommst du gerade heute?«
    »Ich versuche seit Wochen, dich zu erreichen, aber du warst wie vom Erdboden verschluckt. Also habe ich das Institut angerufen und erfahren, dass du im Urlaub seist und heute zurückkehren werdest.«
    »Ja, ich war im Urlaub und wollte von niemandem gestört werden, erst recht nicht von dir«, sagte Elena.
    »Ich weiß, dass du sauer auf mich bist. Deshalb bin ich hier: Ich bitte dich um Verzeihung. Ich habe mich mies verhalten, ganz klar, und ich möchte eine zweite Chance. Zwischen uns gibt es etwas wirklich Schönes...« Er beugte sich vor und wollte Elenas Hand berühren, aber sie wich zurück.
    »Wenn das stimmt... Warum hast du dann alles ruiniert, indem du mit Mirella ins Bett gegangen bist?«
    »Es war ein Fehler, ich geb’s ja zu.«
    »Hast du eine Ahnung, wie ich mich gefühlt habe, als ich davon erfuhr?«
    »Es tut mir leid, dass ich deine Gefühle verletzt habe, und ich bitte ausdrücklich um Entschuldigung. Ich liebe dich und schwöre dir, dass so etwas nie wieder geschehen wird.«
    Elena nahm einen Bissen, kaute langsam und dachte nach. Schließlich lächelte sie bitter. »Wenn ich nicht wüsste, dass deine schönen Worte nichts als Lügen sind, wäre ich sogar versucht, dir zu glauben.Aber inzwischen kenne ich dich und weiß, dass deine Versprechen überhaupt
nichts wert sind.Wenn du nur mit Mirella ins Bett gegangen wärst, hätte ich dir vielleicht verziehen, aber vor ihr hat es andere gegeben, und ehrlich gesagt: Ich hab keine Lust, mit all deinen Frauen zu konkurrieren. Das ist es einfach nicht wert.«
    »Ich werde mich ändern!«, behauptete Andrea. »Und das schaffe ich auch, wenn du bei mir bleibst. Wenn du mich lieben würdest...«
    »O nein, komm mir nicht mit meiner Liebe!«, platzte es aus Elena heraus. »Du hast sie lange genug ausgenutzt, und jetzt habe ich genug davon. Unsere Beziehung ist zu Ende.Versuch nicht mehr, Kontakt mit mir aufzunehmen. Nie wieder, verstanden?«
    »Willst du nicht noch einmal darüber nachdenken?«
    »Ich habe schon zu oft darüber nachgedacht«, sagte Elena entschlossen. »Und jetzt geh bitte. Ich bin gerade erst angekommen und möchte mich ausruhen.«
    Andrea nickte und ging in den Flur. »Vielleicht rufe ich dich in den

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