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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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der Palazzo nicht mehr im Besitz der Angelieris befindet.«
    Die Frau lächelte. »Wie könntet Ihr das Schicksal dieser Familie auch kennen? Ihr stammt nicht aus Venedig, oder? Kommt, gehen wir ins andere Zimmer. Darf ich Euch ein Glas Wein anbieten?«
    Manfredi folgte ihr in den Salon und nahm dort Platz. Der Bedienstete brachte ihm Wein.
    »Darf ich fragen, was Euch nach Venedig führt, um hier nach Alvise Angelieri zu suchen? Ihr seid zu jung, um sein Freund zu sein. Kennt Ihr vielleicht seine Kinder?«
    »Um ganz ehrlich zu sein, Donna Isabella... Ich kenne
niemanden aus seiner Familie, wenn nicht durch die Worte meines Vaters, der Gelegenheit hatte, Signor Angelieri zu begegnen, als er vor einiger Zeit in Venedig weilte. Und es entspricht dem letzten Wunsch meines Vaters, dass ich hierhergekommen bin.«
    »Oh, es ist eine traurige Geschichte. Der Ruin des Signor Angelieri begann, als sein ältester Sohn Lorenzo floh und der Familie ein Vermögen in Form von Geld, Schmuck und Edelsteinen stahl. Der Tor sollte eine reiche Erbin heiraten, fand sie aber nicht schön genug und hielt es für besser, sich auf und davon zu machen.Abgesehen von der Schande, kam ein Unglück nach dem anderen über die Angelieris, und schließlich waren sie gezwungen, alles zu verkaufen. Dieses Schicksal hat der arme Alvise nicht überlebt.«
    »Und der flüchtige Sohn? Hat man nie wieder etwas von ihm gehört?«
    Donna Isabella zuckte mit den Schultern. »Er soll damals nach Rom geflohen sein. Hierher ist er nie zurückgekehrt. Wie hätte er nach all dem auch vor seinen Vater treten sollen...« Sie beugte sich zu Manfredi vor. »Offenbar hat er sogar ein Objekt mitgenommen, an dem Alvise besonders viel lag. Ein byzantinisches Kreuz, wie ich hörte – es soll durch außergewöhnliche Umstände in seinen Besitz gelangt sein. Manche Zungen behaupten, das Kreuz sei es gewesen, das ihm Unglück gebracht habe. Und das Schicksal der Familie Angelieri lässt einen tatsächlich an einen Fluch denken. Wie heißt es in den Sprüchen Salomos: ›Hastig errafftes Gut zerrinnt...‹«
    Der Wortschwall überwältigte Manfredi so sehr, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.

    Nach einer Weile verabschiedete sich Manfredi von Donna Isabella und schritt durch die venezianischen Gassen, während das Licht des Tages verblasste.Was sollte er tun? Die Spur des Kreuzes war zusammen mit Lorenzo verschwunden, und die Suche, die gerade erst begonnen hatte, schien bereits ihr Ende erreicht zu haben. Doch wenn es etwas gab, das er von seinem Vater geerbt hatte, so war es Beharrlichkeit. So enttäuscht er auch sein mochte: Er würde sich vom ersten Misserfolg nicht entmutigen lassen. Es gab jemanden, der über praktisch unbegrenzte Möglichkeiten verfügte und seinem Vater versprochen hatte, ihm bei der Suche nach der Reliquie zu helfen.
    Es wurde Zeit, die Erfüllung des Versprechens einzufordern.
    Entschlossen klopfte Manfredi an die Tür des Templerordens, und dem alten Templer, der ihn eintreten ließ, zeigte er das Schreiben, das sein Vater aufgesetzt hatte, bevor er wegen der Krankheit nicht mehr in der Lage gewesen war zu schreiben.
    »Ich möchte mit dem Commendatario sprechen, mit Bruder Riccardo«, sagte Manfredi. »Es geht um eine wichtige Angelegenheit.«
    »Bruder Riccardo ist seit Jahren tot«, erwiderte der Templer. »Aber ich kann Euch zu seinem Nachfolger führen, Bruder Bernardo.«
    »Dafür wäre ich Euch sehr dankbar«, sagte Manfredi.
    Nach kurzem Warten betrat er das Arbeitszimmer des Commendatario.
    Bruder Bernardo war noch jung, vielleicht zu jung für sein Amt, dachte Manfredi.Aber als er sich erhob und ihm
hinkend entgegenkam, wurde klar, warum man ihm eine Arbeit gegeben hatte, bei der er sitzen konnte.
    »Willkommen. Es ist mir eine Ehre, den Sohn von Arrigo Brandanti kennenzulernen.« Der Commendatario lächelte. »Ich bin Eurem Vater nie begegnet, habe aber viel von ihm gehört. Ich hoffe, er ist bei guter Gesundheit.«
    »Mein Vater ist leider vor einem Jahr gestorben, Signore.«
    »Das tut mir sehr leid«, sagte der Templer. »Setzen wir uns. Das Stehen bereitet mir Schmerzen.«
    »Seid Ihr in der Fremde verletzt worden?«, fragte Manfredi neugierig.
    Bruder Bernardo nickte. »Fast hätte ich das Bein verloren. Die Amputation ist mir zwar erspart geblieben, aber ich kann nicht mehr kämpfen, und deshalb hat man mir diese Arbeit überantwortet. Ich weiß, dass Ihr meinen Vorgänger sprechen wolltet, der nun ewig und in

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