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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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traf sie, stark genug, um sie zu lähmen. Die Männer packten Elena und Nicholas und trugen sie zum Helikopter, wo weitere schwarz gekleidete Gestalten sie an Bord zogen. Die übrigen Männer kletterten in
den Hubschrauber zurück, der sofort startete und aufstieg.
     
    Enzo Lovati war noch immer benommen und gleichzeitig so unruhig wie ein Raubtier im Käfig. Die Szene, die er bei seinem Erwachen vor Augen hatte, war nicht schwer zu verstehen: Nicholas und Elena waren geflohen, und Glauco und Stefano verfolgten sie. Er hoffte, dass sie sie bald und vor allem unverletzt zurückbrachten.
    Als er eine ganze Stunde gewartet hatte, begann er sich zu Sorgen zu machen. Er wusste um die Tüchtigkeit seiner Männer; dass sie die beiden Geflohenen noch nicht gefunden hatten, konnte nur bedeuten, dass irgendetwas geschehen war. Enzo ging zum Zwinger, um sich mit seinen beiden Spürhunden auf die Suche zu machen, als Stefano verletzt und blutend auf dem Weg erschien.
    »Hilf mir, Meister«, brachte der junge Mann hervor. »Hilf mir!«
    Enzo lief zu ihm und half ihm ins Haus. »Was ist passiert?«, fragte er. »Wo ist Glauco?«
    »Glauco ist tot, Meister.Wir waren bei der alten Landebahn und hatten die beiden Entkommenen erwischt, als plötzlich ein Hubschrauber erschien, aus dem auf uns geschossen wurde. Einige Männer sprangen aus dem Helikopter und brachten Elena und Nicholas fort. Hilf mir, Meister. Ich will nicht sterben.«
    »Keine Sorge, ich kümmere mich um dich«, erwiderte Enzo.
    »Woher wussten die Fremden, das Elena und Nicholas hier waren?«

    »Darum kümmere ich mich später«, sagte Enzo.
    Er brachte Stefano ins Arbeitszimmer, legte ihn aufs Sofa und holte dann den Erste-Hilfe-Kasten. Er wusste, dass Stefano nicht einmal dann überlebt hätte, wenn er ins Krankenhaus gebracht worden wäre. Und das kam nicht infrage: Bei Schussverletzungen waren die Ärzte verpflichtet, die Polizei zu verständigen. Doch Stefanos Tod hatte in Enzos Überlegungen kaum Platz. Seine Gedanken galten vor allem der Entführung von Elena und Nicholas, denn sie bedeutete, dass es eine schwache Stelle in seiner Organisation gab – einer seiner Leute hatte sie an den Feind verkauft.
    Als er ins Arbeitszimmer zurückkehrte, war Stefano bereits tot. Irgendwie musste er den Leichnam beseitigen, anschließend Glauco suchen und ihn ebenfalls verschwinden lassen. Und er musste um Aufschub bitten. Die anderen würden alles andere als erfreut sein, aber Enzo verließ sich darauf, dass sein Wort noch immer etwas galt. Den Grund für die Verzögerung würde er natürlich nicht nennen.
    Aber wenn der Erfolg ausblieb... Dann war er so gut wie tot.

Mittelmeer, 2. Juni 1455
    Oliviero Brandanti reiste an Bord der eindrucksvollen Galeere Santa Sofia , und sie hatten gerade die Insel Zakynthos passiert und Kurs auf die Straße von Messina genommen, als ein Schiff gesichtet wurde. Seine Fahne war grün und trug einen Halbmond.
    Oliviero lief sofort los, um sich zu bewaffnen, während
die Galeere den Kurs änderte und sich vor das feindliche Schiff brachte. Die Santa Sofia war mit einer Bombarde im Vorschiff und zwei kleineren Geschützen an den Bordwänden ausgestattet. Als sie manövrierte, feuerte der Gegner den ersten Schuss ab, der jedoch ins Meer fiel. Der zweite verfehlte die Galeere nur knapp, und aufspritzendes Wasser traf das Oberdeck und die Männer, die dort die Geschütze und den Zunder vorbereiteten.
    »Wir sind so weit!«, rief ein Kanonier.
    »Wartet, bis wir nahe genug heran sind«, sagte Kapitän Colonna. »Vergeudet nicht einen einzigen Schuss.« Und dann befahl er: »Feuer! Versenkt das Schiff!«
    Doch als sich der Rauch verzog, wurde klar, dass das Schiff nur leicht beschädigt worden war. Die Kanoniere machten sich sofort daran, das Geschütz erneut zu laden, während die Armbrustschützen Stellung bezogen und auf den Befehl des Kapitäns hin die ungeschützten gegnerischen Ruderer unter Beschuss nahmen. Wenige Sekunden später ertönten schmerzerfüllte Schreie, die nicht nur von den Ruderern stammten, sondern auch von anderen Besatzungsmitgliedern, die sich darauf vorbereiteten, die Galeere nach dem Rammen zu entern. Es erforderte Zeit, die verletzten oder getöteten Ruderer zu ersetzen, und dadurch bekamen die Kanoniere der Santa Sofia Gelegenheit, sich einzuschießen und das andere Schiff voll zu treffen. Jubelrufe erklangen auf der Galeere.
    Sie waren so sehr auf das erste Schiff konzentriert, dass sie das zweite gar nicht

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