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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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ordinären Plastiktasse trank, bis ihr wieder einfiel, daß die schöne Keramiktasse hinüber war. Er machte einen angespannten und reservierten Eindruck – so wirkte er schon seit dem mißglückten Triebwerkstest.
    Der psychologische Beraterstab hatte darauf bestanden, daß man der Besatzung täglich eine Nachrichtenübersicht übermittelte, um das Gefühl der Isolierung zu lindern. Dies erfolgte zusätzlich zu den missionsspezifischen Mitteilungen, die von Axelrods Kommunikations-Experten zusammengestellt wurden.
    Also hatte jeder sich eine Zeitung genommen und in die Meldungen vertieft, die ihn interessierten. Raoul las die Los Angeles Times , in deren Sportteil ausführlich über den südamerikanischen Fußball berichtet wurde. Viktor las die London Times und vertiefte sich in europäische Geopolitik und Fußball. Er und Raoul hatten sich, während sie das ERV instand setzten, hauptsächlich über Fußball unterhalten.
    Marc blieb bei der Dallas Times , seiner ›Lokalzeitung‹. Er hatte ein Faible für traditionelle amerikanische Sportarten, insbesondere für Volleyball – was diesen Sport betraf, war er ein wandelndes Lexikon. Als Schüler hatte er sich in einer entscheidenden Phase eine leichte Knieverletzung zugezogen, so daß er die Hoffnungen auf eine Profi-Karriere begraben mußte. Julia wußte, daß ein Gespräch mit Marc zu einer todlangweiligen Angelegenheit geriet, wenn er sich über das Regelwerk, die Technik und geheime Regeländerungen ausließ. Weil er aber auch ein hervorragender und belesener Wissenschaftler war, bemühte sie sich, die Unterhaltung auf einer professionellen Ebene zu führen. Dennoch mochte sie Marc sehr gut leiden; nicht zuletzt aus dem Grund, weil er ihr wie eine ›entschärfte‹ Version ihres Bruders Bill vorkam.
    Julia bevorzugte den in Sydney erscheinenden Morning Herald .
    Zum einen war es ein Jux, die Welt mit den Augen eines Australiers zu sehen, zum anderen hielt sie so die Verbindung zu Harry und Robbie in Adelaide aufrecht. Die Zeitung brachte einen nichtssagenden Artikel über sie – Der Stolz Australiens auf dem Mars! –, in dem über die Entdeckung des Mars-Lebens berichtet und Spekulationen angestellt wurden. Der Bericht war nicht einmal in ihre ›gefilterte‹ persönliche Nachrichtenübersicht aufgenommen worden. Es gab wahrscheinlich Tausende solcher Artikel, die kaum Informationen, dafür um so mehr Mutmaßungen enthielten.
    Sie räusperte sich und brachte ein krächzendes »Morgen« heraus.
    Raoul schaute stirnrunzelnd auf und starrte sie an.
    Sie rang sich ein Lächeln und ein Achselzucken ab und bereitete sich einen Tee zu. Bei einem verstohlenen Blick auf die Kamera stellte sie fest, daß die rote LED-Anzeige nicht brannte. Wundert mich nicht. Raoul und Marc mußten sie irgendwann vergangene Nacht ausgeschaltet haben. Sie fragte sich, wieviel von ihrer Unterhaltung an die Erde gesendet worden war, bevor sie sich an dieses aufmerksame Auge erinnert hatten. Die Psychologen würden an diesem Morgen einiges zu tun haben, falls etwas durchgekommen war. Jedenfalls war sie froh, daß sie einmal nicht ausgespäht wurde.
    Als der Tee fertig war, ließ Julia die heiße Flüssigkeit genüßlich durch die schmerzende Kehle rinnen und überflog die Comics.
    Kürzlich hatte Viktor von zwei Scharmützeln gelesen, die von der deutschen Armee unterdrückt worden waren. Trotz der traditionellen russisch-deutschen Feindschaft billigte er die Rolle Deutschlands als der Polizist des Neuen Europa. »Sollen sie den Preis für ihre Vormachtstellung zahlen«, drückte er sich aus.
    Julia flocht in geeigneten Momenten ein paar Grunzlaute in die einseitige Konversation ein und widmete sich im übrigen dem Kreuzworträtsel. Nun setzte die Wirkung des Schmerzmittels und des Tees ein. Sie fühlte sich wieder wie ein Mensch.
    Als Marc schließlich erschien, unrasiert und mit verquollenen Augen, führten Raoul und Viktor sich schon die zweite Tasse Kaffee zu Gemüte. Das Frühstück war normalerweise die schönste Zeit des Tages für die Besatzung. Für die hochmotivierten Leute war der Morgen quasi eine Zeit des Aufbruchs. Mit Plänen für den Tag und hohem Energiepegel tauschten sie Bonmots aus den Zeitungen aus.
    Julia wünschte sich sehnlichst, heute möge es genauso sein.
    »Morgen, Marc«, sagten sie mit gekünstelter Heiterkeit.
    Er grunzte irgend etwas und schlurfte zur Kaffeemaschine hinüber.
    Raoul leerte die Tasse und gesellte sich zu Marc. Sie sprachen miteinander,

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