Das Rennen zum Mars
vorgeht?«
»Falls dort überhaupt etwas vorgeht«, fügte Raoul hinzu.
»Sehen wir es mal positiv«, sagte Julia, obwohl sie sich längst nicht so fühlte. »Vielleicht glauben sie auch, daß Raoul die Reparatur zuwege bringt, nachdem sie uns das erforderliche Werkzeug geliefert haben.«
»Ja, den Hundert-Millionen-Dollar-Werkzeugkasten«, sagte Marc verdrossen.
»Irgendwie glaube ich nicht, daß das die Erklärung ist«, sagte Raoul düster.
Axelrod hatte auch während ihrer Unterhaltung den Redefluß nicht unterbrochen. Die Worte »… euer Brennstoff?« waren klar zu verstehen, nachdem Raoul den Satz beendet hatte.
»He«, sagte Julia. »Was erzählt er da? Nehmen wir das auch auf?«
»Logo«, sagte Marc und setzte sich wieder. »Im Grunde ist das eine Aufzeichnung. Die Sendung kam rein, als wir gerade die Sit-Als durchgingen.«
»Erstelle eine Sicherungskopie. Wollen mal hören, was es mit dem Brennstoff auf sich hat.«
»Starte Suche nach dem Wort ›zumal‹.«
Nach einer kurzen Pause schaute Axelrod sie wieder vom Monitor an. Die Augenbrauen waren in die Ausgangsstellung zurückgekehrt. »Zumal«, sagte er und schüttelte ungläubig den Kopf, »ich sogar den Brennstoff im ERV zur Disposition gestellt hatte, um die Verhandlungen voranzubringen.« Dann senkte er die Stimme. »Der Punkt ist«, sagte er leise, »daß sie glauben, sie würden auch ohne uns gewinnen. Ich habe aber die Information erhalten, daß ihre Atomrakete zu klein ist, um Brennstoff für die gesamte Flugstrecke zu bunkern. Habt ihr vielleicht eine Idee, was sie außer unsrem Methan und Sauerstoff noch nehmen könnten? Ich wäre für jede Anregung dankbar.« Er schaute plötzlich offen in die Kamera. »Ich habe keine Ahnung, was sie aushecken. Doch für alle Fälle – habt ihr schon einmal in Erwägung gezogen, den Brennstoff zu sichern?«
Das verschlug ihnen die Sprache.
Axelrod schaute um Entschuldigung heischend, als er fortfuhr:
»Wie meine Anwälte mir erklärt haben, gilt gemäß dem Seerecht ein Schiff als aufgegeben, wenn es unbemannt ist; solange aber noch jemand an Bord ist, darf das ERV von niemandem in Besitz genommen werden.«
»Wovon spricht er überhaupt?«, schrie Julia. »Airbus will uns den Brennstoff stehlen ? Mein Gott, der Mann ist doch irre.«
»Vielleicht auch nicht«, sagte Viktor jovial. »Wieso denn für etwas zahlen, da man es auch so kriegt?«
»Das ist doch eine alberne Vorstellung«, sagte Julia. »Welches Gehirn würde sich so etwas ausdenken? Das ist nicht Peter Pan und die Piraten, das ist das richtige Leben. Wir kennen die Airbus-Besatzung. Sie sind wie wir. Astronauten! Zivilisierte Menschen! So etwas würden sie niemals tun.«
»So etwas ist schon vorgekommen und wird immer wieder vorkommen«, sagte Viktor ruhig. »Es haben schon des öfteren Meutereien auf Schiffen der ›zivilisierten‹ britischen Marine stattgefunden.«
»Da muß ich ihm leider recht geben«, sagte Raoul. »Dreißig Milliarden Dollar sind eine Menge Geld. Leute haben schon für viel weniger gemordet.«
Julia schaute in die Runde. »Marc? Stimmst du ihm auch zu? Bin ich etwa die einzige, die das für verrückt hält?«
Marc zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Es scheint weit hergeholt, aber es würde sicher nichts schaden, ein paar Vorkehrungen zu treffen. Vielleicht sollte einer von uns im ERV schlafen.«
Er schaute Viktor an.
Viktor zuckte die Achseln. »Wir warten ab, bis Airbus gelandet ist oder bis wir uns ein genaueres Bild von der Situation gemacht haben.«
»Das Werkzeug ist schon angekommen«, sagte Raoul. »Ich könnte gehen.«
»Gut. Dann wäre das geklärt.« Viktor erhob sich. »Ich werde das Abendessen zubereiten.«
So schnell kann’s gehen , sagte Julia sich düster. Sie bereiten sich locker-lässig auf eine Invasion von der Erde vor! In ein paar Minuten von einer planetaren Mission zu einem Action-Film.
Sie spürte, wie Zorn in ihr aufwallte. Dort draußen, nur ein paar Dutzend Meter unter der Oberfläche, befand sich das größte Geheimnis des Mars, und sie würde es nie aufdecken. Nicht, wenn ihre Mannschaftskameraden hier Räuber und Gendarm spielten.
Sie stapfte zurück zu ihrer Kabine.
Kapitel 15
17. Januar 2018
Am nächsten Tag mußte sie sich wieder als Hilfsarbeiterin bereithalten, doch es gab nicht viel zu tun.
Raoul verbrachte fast den ganzen Tag in der ERV-Werkstatt und befestigte die Röhren, die er geschweißt hatte, akkurat mit Rohrschellen. Einen großen Teil des Schrotts
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