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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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einzige Planeten-Mond-Konstellation des Sonnensystems, die für das bloße Auge erkennbar war.
    Bisher hatten die Menschen gerade einmal dieses winzige Intervall im All bewältigt. Ein halbes Jahrhundert voller Mühen, Einfallsreichtum und Mut hatten die Spezies zum anderen Punkt gebracht, der alabasterfarbenen, leuchtenden Verlockung.
    Wo sie nun hier stand, sah sie die heimatliche Zwillingswelt als das, was sie wirklich war: ein Doppeltes Lottchen, das in ewiger Dunkelheit gefangen war. Die eine Welt war eine luftleere Wüste, die andere ein feuchtes Paradies.
    Der Boden, auf dem sie stand, war indes auch einmal ein Paradies gewesen. Wasser hatte hier getost, sagte Marc, und zwar kilometertief. Vulkane hatten Lava gespien, die diesen uralten Seeboden überzogen hatte. Unter dem Ansturm von Hitze und Strahlung hatte die organische Chemie ihr Wunderwerk vollbracht. Leben entstand und blühte für kurze Zeit auf.
    Was war aus ihm geworden? War überhaupt etwas aus ihm geworden?

Kapitel 18
19. Januar 2018
    Beim Aufwachen stieg ihr das bittere Aroma von Andenkaffee in die Nase, der gerade in die Kanne durchlief. Der Duft verwob sich mit dem buttrigen Aroma von Pfannkuchen und dem Brutzeln von Schinken, und diese urigen kulinarischen Gerüche und Klänge vereinigten sich zum Versprechen eines guten Morgens …
    Und dann schreckte sie auf und war hellwach – sie lag auf der harten Roverbank und kuschelte sich in die Heizdecke. Früher hatten ihre Tagträume sich nur um Sex gedreht; heute ging es nur ums Essen. Sie bekam von beidem nicht genug, und schon gar nicht, seit Viktor sich den Knöchel verstaucht hatte.
    Die Verstauchung würde auf dem langen Rückflug zur Erde ausheilen; was die Verpflegung betraf, war sie nicht so optimistisch – das nächste Steak würden sie erst wieder auf der Erde bekommen.
    Sie verdrängte den Gedanken an Fleisch und setzte sich auf. Die Morgendämmerung streckte die ersten roten Fühler aus und löste eine hohe Cirrus-Wolke aus Kohlendioxid auf; gut. Ideales Wetter, um sich als Wühlmaus zu betätigen.
    »He, Marc! Ich fang schon mal an.«
    Sie ließ sich Zeit beim Frühstück, obwohl sie in der Kälte, die bereits durch die Hülle des Rovers drang, zitterte. Sie sah aus dem Fenster, während sie einen in der Mikrowelle erhitzten Frühstücksriegel mampfte. Sie würden heute auf die im Anzug integrierte Verpflegung zurückgreifen und auf den spartanischen Komfort des Rovers verzichten.
    Im rosigen Glühen der Morgendämmerung mutete der Seilflaschenzug stabil und tragfähig an. Er war an der Zwillingswinde des Rovers verankert, deren Elektromotoren nun mit einem leisen Wimmern hochfuhren. Aus leidvoller Erfahrung mißtraute Marc jedoch der Tragfähigkeit des Bodens. Also konstruierten sie zunächst Abspannungen aus Monofaser-Kabeln, die die Scherkräfte aufnehmen sollten, die beim steilen Abstieg auftreten würden. Sie half Marc, einen Gabelstiel in den lockeren Boden zu treiben, der verhindern sollte, daß die Seile an der Kante des Lochs schabten.
    Die Sorgfalt, die sie nun walten ließen, würde sich unten als Zeitersparnis bezahlt machen. Jeder von ihnen hatte eine eigene Winde samt Antrieb. Das Gerät war robust und leicht. Metallseile wären für den Transport zum Mars zu schwer und in Anbetracht der geringen Schwerkraft auch gar nicht nötig gewesen. Bisher schien der Peroxid-Staub den zähen Fasern nicht zugesetzt zu haben.
    Bisher.
    Der erste Teil war noch einfach. Sie mußte sich nur zurücklehnen.
    Es war immer ein komisches Gefühl, rückwärts einen Steilhang abzusteigen. Sie hatten in der Wüste von Nevada trainiert, doch hier hatte sie unbekanntes Terrain im Rücken, das sich ihrem Blick entzog. Die aufgehende rote Sonne griff mit rosigen Tentakeln über die entfernten Hügel aus. Schatten, deren Farbe an getrocknetes Blut erinnerte, zogen sich über das wellige Land.
    Das Gestein am Rand des Lochs war glatt und trocken. Es gab keine Spur mehr vom Eis und dem organischen Müll, den sie und Viktor eine Woche zuvor aufgesammelt hatten. Die Wasserdampfschwaden, die aus der Fumarole gedrungen waren, hatten sich verflüchtigt. Die Mars-Atmosphäre war ein einziger Schwamm.
    Die Fumarole schraubte sich immer steiler in die Tiefe, während das fahle Licht des Spätnachmittags der Dunkelheit wich. Die Felswände waren glatt und bildeten einen acht Meter durchmessenden Schlot.
    »Großes Loch«, sagte sie, »wenn man erst einmal drinsteckt.«
    »Vielversprechend«, kommentierte

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