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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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würde ich dir derart in den Hintern treten, daß du durchs Fenster hinaus in die Bucht fliegst.«
    »Zu den Haien?«
    »Zu den Haien.«
    Sie schwiegen beide. Über dem Schweigen lag wie das Geräusch eines aufgeregten Pulsschlags das ferne, leise Tuckern der Kühlwasserpumpe. Ron wischte sich mit dem Handrücken die Haare aus der nassen Stirn.
    »Komm raus damit, Doktor.«
    »Es kann sein, daß der Nagel sich verschoben hat. Und das heißt, daß sich an der Bruchstelle ein Infektionsherd bildet. Eine Bruchstelle ist immer entzündungsreaktiv – das habe ich dir schon hundertmal gesagt. Genau so, wie ich dich hundertmal darauf hingewiesen habe, daß dein Arm nicht belastungsstabil ist. – Hab' ich das oder nicht?«
    »Hast du.«
    »Hast du, hast du!« erregte sich Hendrik. »Und was hab' ich davon? Was hast du davon?«
    »Gut«, seufzte Ron, »ich habe Mist gebaut. Was jetzt?«
    »Kluge Frage. Was jetzt? Aus den dir bekannten Gründen kann ich nun mal nicht nachsehen, wie's da drin aussieht. Am besten wäre, wir würden nach Pangai zurück und den Arm röntgen lassen. – Verflucht noch mal, schüttel nicht den Kopf! Du hast es gerade nötig.«
    Hilflos starrte er Ron an. Aus dem sonnengebräunten Gesicht des Freundes war jede Farbe verschwunden. Die Augen darin waren hell, groß und starr.
    »Läßt sich denn gar nichts …«
    »Öffnen läßt sich der Arm. Klar. Skalpell, das Mittel der Wahl, was? Es wäre das Vernünftigste, wirklich. Aufschneiden, keimtötende Mittel direkt an die Entzündung bringen, und das ist sicher die Bruchstelle, und dann zu warten, was passiert. Im Augenblick bleibt nur eines: Dich mit Antibiotika vollzupumpen. Und das werden wir auch tun.«
    Er ging zur Tür. Dort drehte er sich nochmals um: »Das Spiel ist aus für dich, Ron«, sagte er grimmig. »Abpfiff. – Du bist erst mal vom Platz gestellt.«
    Er schlug die Tür hinter sich zu.
    Draußen hatten sie eine Persenning aufs Sonnendeck gelegt. Auf dem grauen, groben Stoff lagen zwei naßglänzende Haufen von Perlaustern. Die einen waren bereits geöffnet, die des größeren Haufens warteten noch auf den Stahl der Messer, die Afa'Tolou und Wa'tau in den Händen hielten.
    Tama aber kauerte neben ihren Brüdern und sah zu. Für einige Sekunden blieb Hendrik unbeweglich im Schatten der Kabine. Sie nahmen keine Kenntnis von ihm. Er fragte sich, ob sie überhaupt mitbekommen hatten, was geschehen war. – Wahrscheinlich nicht. Mühsam versuchte er Gedanken und Atmung zur Ruhe zu zwingen. Diese drei Häuptlingskinder spielten ihr Spiel mit den Muscheln. Im Hintergrund die Bucht mit dem schroffen, dunkel aufragenden Fels, der feuchtgrüne Tropenwald und der Himmel, der sich über allem wölbte … Alles schien ihm absolut unwirklich. Ein Foto aus einem Südsee-Erinnerungsalbum: Sieh mal, ist das nicht idyllisch? Sie holen noch immer Perlaustern aus dem Wasser. Ja, schwarz sind sie und riesengroß. Und drinnen finden sie tatsächlich Perlen …
    Sie hatten eine flache, leere Konservendose neben die bereits geöffneten Austern gestellt. Darin lagen schimmernde Kugeln. Überraschend viele kleine Kugeln.
    Und wieder war ein knirschendes Knacken zu vernehmen. Diesmal fuhr Afa mit den Fingern in das graurosa schimmernde Muschelfleisch, wühlte, erstarrte plötzlich, zog etwas heraus … Etwas? – Eine Perle!
    Er nahm den Kopf hoch. Er lachte. Und dieses Lachen war ein leises, erfreutes, gurrendes Glucksen.
    Sie sahen sich an. Auch die anderen lachten nun. Und schüttelten die Köpfe.
    »Hendrik!«
    Tama hatte ihn entdeckt. Sie stand auf. »Hendrik, du wirst es nicht glauben … Es waren gar nicht so viele Austern, nicht wahr? Ihr habt ja kaum Zeit gehabt, einzusammeln.«
    Er schwieg.
    »Und trotzdem«, fuhr sie mit einer völlig neuen, aufgeregten, hellen Jungmädchenstimme fort, »ich habe so was nie erlebt. Tápana wird es nicht glauben. Niemand im Dorf wird es glauben, aber die Muscheln stecken voller Perlen! In jeder fünften oder sechsten ist eine drin! Ich kann mir das gar nicht erklären … So was ist noch nie vorgekommen, glaube ich. Es ist … ja, es ist wie ein Wunder!«
    Vielleicht, dachte Hendrik. Aber ein Wunder zuviel.
    »Tama! Ron geht es schlecht. Er hat starke Schmerzen …«
    Die Freude auf ihrem Gesicht erlosch. Es wurde mit einem Male ganz leer. »Ovaku? – Was ist?«
    »Der Arm. Er hat sich entzündet. Er braucht Spritzen. Dringend braucht er die. Wir müssen sofort zurück.«
    Sie nickte nur, kletterte zum Steuerstand hoch,

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