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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Drahtseilhalterung gelöst und zugesehen, wie der Käfig in die Bucht platschte und rasch im Nichts versank. Schließlich hatte er seine Muschelkette vom Hals gestreift, sie gleichfalls ins Wasser geworfen, wo sie noch einige Sekunden tanzte und von den jäh aufgekommenen, wilden Wellen fortgetrieben wurde und dann unterging.
    Draußen an den Felsen hatte die Brandung inzwischen einen tiefen, drohenden Orgelton angestimmt. Afa'Tolou holte den Anker hoch. Er wußte, was ihn erwartete. Der Himmel schien ins Meer gefallen zu sein. So weit er sehen konnte – und dies war nicht sehr weit –, nichts als schwarze Wellentäler, weiße Schaumkronen, peitschende Gischtbänder.
    Er gab der Maschine den vollen Schub.
    Dröhnend warf sich die ›Paradies‹ in den Aufruhr. Kaum war sie aus der Bucht, wuschen die Brecher über Deck und trommelten aufs Kajütendach wie tausend Fäuste.
    Afa'Tolou aber sang.
    Er sang, die Beine breit aufgesetzt, die Fäuste um das Steuerrad geklammert. Er sang alle Lieder, die halfen, Wa'taus Geist, diesen noch jungen, zarten, unerfahrenen Geist von den Schrecken zu lösen, die dieses grausame Ende ihm bereitet hatte.
    Die Wellen aber rollten weiter gegen das Schiff. So winzig, so klein, so verloren wirkte es jetzt … G'erenge würde bestimmen, ob er wieder an Land kam. Nichts lag mehr in Afa'Tolous Hand. Es war auch nicht wichtig. Nichts war mehr wichtig …
    Die Insel aber war nur noch ein Schatten in Grau. Wasser brach ins Cockpit. Es überspülte den Videoschirm, von dem aus Ovaku hatte zusehen wollen, wie Wa'tau die Austern aus der Bank schnitt.
    Eine neue Welle verdunkelte den Steuerstand, ließ die Welt zu gläsernem Grün werden, schlug Afa'Tolou ins Gesicht, riß diesen verdammten Fernseher von seinem Tisch, so daß er hilflos an seinem Kabel pendelte.
    Vielleicht kenterte jetzt die ›Paradies‹. Und? – Vielleicht war der bewußtlose Ovaku im Salon längst von seiner Bank gefallen. Und? – Nein, nichts war wichtig …
    Doch die ›Paradies‹ war tapfer wie ein Krieger. Ihr Bug tauchte wieder auf, und Afa erkannte, daß er gerade ein langes Wellental anschnitt. Er riß das Rad herum, kurbelte es nach Steuerbord. Wieder, wie auf den Seelöwen-Rutschbahnen seiner Jugend, als sie durch die Basaltrinne flitzten, ging es abwärts. In seinen Ohren war noch lauter als das tobende Meer das grelle Geräusch der leerlaufenden Schraube.
    Nun … sein Magen zog sich zusammen, schob sich hoch …
    Dort vorne! Der Eingang der Lagune! So nah …
    Er aber warf den Kopf nach rechts, blickte zurück, drehte sich ganz um, öffnete weit die Augen: Afa'Tolou wollte erleben, was und wie es geschah …
    Eine Mauer hatte sich vor all den Wellen und Schaumkronen gebildet.
    Dunkel und endlos war sie, und sie teilte das Meer. Eine Mauer, die nicht Schutz, sondern Tod und Zerstörung bedeutete: Der unbegreiflich hoch zum Himmel steigende Kamm einer Flutwelle.
    Afa'Tolou spürte noch, wie sie nach dem Schiff griff, es hochhob, trug und trug und trug, immer weiter, übers Riff hinweg, in die Lagune hinein. In Sekundenschnelle sah er den Strand heranfliegen. Aber da war jetzt kein Strand mehr, da war nur noch Wasser … Wasser und Palmenstämme, die wegbrachen wie Streichhölzer …
    Dann gab es ein langes, winselndes, schürfendes Geräusch. Und dann – nichts. – Nur Splitter, Wasser und Dunkelheit …
    ***
    Von Rons Gartenmauer, an der Hendrik Merz stand, zog sich eine langgestreckte Zuckerrohrpflanzung den Hang hinab zu den Palmen. Er hatte ihren Anblick geliebt, das ewig frühlingshafte, frische, lichte Grün. Die Farbe war jetzt erloschen, die langen Rohre schaukelten aufgeregt in den harten Böen, die sie aneinanderpreßten, so daß es schien, als habe ein unsichtbarer Pflüger Furchen in sie gezogen.
    Himmel, was war das?! All die verschiedenen Geräusche, die der Sturm gebracht hatte, das grelle Singen in den Zweigen, das Poltern gegeneinanderschlagender Äste, das ganze erregende, bedrohliche Konzert ging unter in einem einzigen dunklen, fremdartigen, schrecklichen Ton. – Es war ein Fauchen, das den Himmel, nein, die Welt erfüllte. Ein Fauchen, das sich höher und höher zu einem schrillen Geheul steigerte und lauter wurde als der Höllenlärm zehn zu gleicher Zeit startender Düsenriesen.
    Hendrik warf sich zu Boden.
    Mit einem letzten, ungläubigen Blick hatte die Netzhaut aufgenommen und festgehalten, was sich bot: Das Zuckerrohr – verschwunden. Die mannshohen Rohre lagen flach und glatt am

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